Enterprise Planning Software und Big Data Modernes Enterprise Planning mit Anaplan

Autor / Redakteur: Michael Matzer / Nico Litzel |

Der US-Hersteller Anaplan will den deutschen Markt für Enterprise Planning Software erobern. Statt mit Excel-Tabellen oder starrer Programmierung soll seine Software mit flexiblen Modulen alle nötigen Informationsquellen vernetzen und in einem sogenannten Hyperblock bereitstellen – natürlich in der Cloud.

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Michael Gould, Gründer von Anaplan
Michael Gould, Gründer von Anaplan
(Bild: Anaplan)

Nach den Worten des Anaplan-Gründers Michael Gould wird auch hierzulande noch vielfach mit Microsoft Excel gearbeitet, um Planung, Budgetierung, Forecasting und Simulationen zu erledigen. Auch selbstgestrickte Programme seien noch verbreitet. Die Probleme, die solche Insellösungen bereiten, sind im BI-Umfeld seit Jahren bekannt. Sie sind langsam, in der Funktionalität begrenzt, meist kaum dokumentiert und aufwendig zu warten, von der suboptimalen Integration mit anderen Insellösungen ganz zu schweigen.

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Michael Gould kommt von Cognos und kennt gut die Software TM1, die heute zu IBMs Portfolio zählt. Sie ist bereits über 20 Jahre alt. Desgleichen zählen die multidimensionale Datenbank Hyperion Essbase, die heute zu Oracle gehört, und SAPs Planungswerkzeug zu den Veteranen im Planungsumfeld. „Deren Programmierung ist relativ starr und festgelegt“, bemängelt er. „Was aber im heutigen dynamischen Umfeld benötigt wird, sind Integration, Kollaboration, Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit.“

Einsatzfelder

Anaplan biete hingegen einen übergreifenden Ansatz, der Finanzplanung, Budgetierung und Analyse (FP&A), Supply-Chain-Planung (S&OP), Vertriebs- und Verkaufsgebiets-Planung sowie andere businessrelevante Planungsumfelder umfasse. Anaplan sei seit 2006 für die Planung angesichts unvorhersehbarer Ereignisse entwickelt worden – für B2B-Kunden, die alle Unternehmensprozesse auf einer einzigen Plattform miteinander in Echtzeit über die Cloud verknüpfen wollen. Die Verbindung zu Anaplan erfolgt über einen Internetbrowser. Der Abruf von Anaplan-Daten kann auch mobil erfolgen.

Da die Software in-memory und in einem Cloud-Rechenzentrum skalierbar ausgeführt werde, stünden für mehrdimensionale Datenmodelle, wie sie für Enterprise Planning typisch sind, große Speicherkapazitäten bereit, die es ermöglichen, auch Big Data zu verarbeiten. „Terabyte an Daten sind nichts Ungewöhnliches“, gab Gould zu Protokoll. Bei der Versicherung AXA laufen beispielsweise rund 650 Gigabyte in einem Datenmodell namens AXAplan, das weltweit von 1.287 Nutzern in 20 Ländereinheiten verwendet wird, wie Moritz Knorr von AXAs BI-Team im Data Innovation Lab berichtete.

Technisches Innenleben

Trotz solcher Datenvolumina soll die Rechengeschwindigkeit nicht leiden: Berechnungen werden im Millisekundenbereich ausgeführt. Anaplan soll so schnell reagieren wie eine Excel-Tabelle. „Die Software besteht am Backend aus Java, am Frontend agieren JavaScript und AJAX, sodass die Geschäftslogik auf dem Applikationsserver ausgeführt wird“, erläutert Gould. Diese Zwei-Schichten-Architektur erklärt zum Teil die Reaktionsgeschwindigkeit der Software. „Kurze Antwortzeiten sind unabdingbar für die Akzeptanz beim Business-Nutzer“, verrät Gould.

In diesem logischen Speicher führt der Model Builder mehrere Datenquellen in einem sogenannten Hyperblock zusammen und stellt sie als mehrdimensionalen Hyperblock zur Verfügung. Ein solcher Würfel ist auch von BusinessObjects vertraut, wird aber anders aufgebaut. Vernetzung funktioniert am besten in einem Graphen, der wiederum aus Blöcken besteht. Eine Graph-Datenbank nach heutigem Zuschnitt, etwa von Neo4J, sei Anaplan jedoch nicht.

Aber dieser interne Aufbau der Datenbank ermögliche die Granularität, die für maximale Flexibilität bis hinunter auf Feldebene nötig ist. „Erstaunlicherweise“, erzählt Gould, „wollen die deutschen Kunden so viel Flexibilität nicht; sie mögen lieber die vorgeschriebene Vorgehensweise.“ Wie auch immer: Anaplan unterstützt das vollständige Application Lifecycle Management (ALM) inklusive Versions- und Quellcode-Kontrolle. So lassen sich Änderungen leicht nachverfolgen und rückgängig machen.

Visualisierung und Kollaboration

Andererseits verlangt die heutige Software-Nutzung nach der Integration von Systemen. Hier punktet Anaplan durch seine enge Zusammenarbeit mit Tableau. Tableau ermöglicht die rasche Auffindung von verborgenen Zusammenhängen durch Data Discovery und visualisiert die Ergebnisse in vielfältiger Form. Außerdem erfüllt Anaplan mit Tableau eine weitere Bedingung: Es ermöglicht die enge Kollaboration von Teammitgliedern, indem sie befugten Mitarbeitern im Rahmen eines rollenbasierten Zugriffsmodells erlaubt, gemeinsam an einer Planung zu arbeiten.

Anaplan-Anwendungen

Über 200 Anwendungen haben die Entwickler des Herstellers und seine Partner (wie Tableau) in einem App-Store namens App-Hub zum Download und Test bereitgestellt. Das sind genügend Applikationen, um zahlreichen Branchen und Fachabteilungen mit Planungswerkzeugen und Datenmodellen zu versorgen. Einer der wichtigsten Einsatzbereiche ist naturgemäß die Finanzplanung. Besonders wenn es um komplexe Bilanzen am Ende eines Geschäftsjahrs geht, soll Anaplan dem CFO oder Controller hilfreich unter die Arme greifen. Was-wäre-wenn-Szenarien sollen dem Finanzprofi kein Kopfzerbrechen mehr bereiten.

Hoher Bedarf in Deutschland

Die Budgetplanung in Sales und Marketing ist der nächste große Bereich, doch wo Gould hohen Bedarf gerade in Deutschland sieht, das ist das Supply Chain Management (SCM). In diesem zentraleuropäischen Land kreuzen sich die Warenströme zwischen Ost und West, Nord und Süd, die Auto- und Maschinenindustrie exportiert weltweit, und die Logistik hat besonders seit dem Beginn des E-Commerce-Booms gut zu tun. Alle diese Wertschöpfungs- und Lieferketten lassen sich durch bessere Planung optimieren.

Drei Zielmärkte

Anaplan adressiert zunächst Großkonzerne, denn diese benötigen besondere Flexibilität. Das zweite Segment sind stark regulierte Märkte wie der Finanzsektor und die Pharmaindustrie, wo sich täglich eine gesetzliche Vorschrift ändern kann. Die Compliance mit DSGVO und IFSR16 soll sich mit Anaplan leicht realisieren lassen.

Nicht nur für auf Compliance bedachte Unternehmen ist die Absicherung der Verschlüsselung sämtlicher Daten wichtig. Anaplan bietet als erste Planungsplattform in der Cloud die sichere BYOK-Technologie für Kunden (Bring your Own Key). Auf einem Hardware Security Module (HSM) hinterlegt der Kunde seinen persönlichen Schlüssel, auf den Anaplan keinen Zugriff hat. „Anaplan überantwortet Kunden die Keys zur Verschlüsselung“, erläutert der Hersteller. „So können Kunden nicht nur ganze Arbeitsbereiche selbstständig ver- und entschlüsseln, sondern sie haben auch als Einzige Zugang zu ihren Daten auf der Anaplan-Plattform.“

Das dritte Segment stellen kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) mit hoher Wachstumsrate dar. „Diese Unternehmen suchen noch das ideale Geschäftsmodell und müssen häufig umsatteln“, so Gould. Doch mit Anaplan sollen auch solche Start-ups maximale Flexibilität in der Unternehmensplanung erhalten, beispielsweise um What-if-Szenarien durchzuspielen.

Dass eine Cloud-basierte Software automatisch mit den steigenden Anforderungen skaliert, ergibt sich aus der Nutzung von Cloud-Ressourcen im IaaS und PaaS-Bereich. Das Server-Hosting liegt bei Anaplan (über einen Partner in Deutschland) und die gesamte Wartung des Systems ebenfalls. Das deutsche Rechenzentrum soll bei Equinix in Frankfurt/Main ab April online gehen. Abgerechnet wird gemäß dem OPEX-Modell nach Anzahl der Benutzer und pro Monat. Offenbar ist das Datenvolumen pro Nutzer begrenzt, sodass es eine Abstufung der Abonnements gibt, die die Zielsegmente des Marktes widerspiegeln.

Ausblick

„Wir planen die Nutzung von Google TensorFlow“, sagte Gould im Gespräch. Mit diesem Machine Learning Tool, einem Neuronalen Netzwerk, sollen sich bestehende Datenmodelle und vor allem Simulationen beschleunigen und komplexer ausführen lassen. Da Google über entsprechende Cloud-Kapazitäten verfügt, braucht Anaplan keine eigenen aufzubauen.

„Unsere Erfahrungen zeigen, dass CFOs schnelle Informationen, mehr Transparenz und bessere Einblicke in die Gesamtperformance der von ihnen geführten Unternehmen benötigen“ erläutert Thomas Klingspor, Partner und Leiter des Kompetenzzentrums für Business Finance beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte. „Sie müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf das Geschäft über die gesamte Organisation hinweg vorausschauend planen und simulieren können – in Echtzeit.“

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