Aleph Alpha Der KI-Hoffnungsträger aus Deutschland

Von Dr. Dietmar Müller Lesedauer: 6 min |

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Aleph Alpha ist die künstlich intelligente Hoffnung Deutschlands. Das Start-up will eigentlich genau dasselbe wie OpenAI, nur besser und auch in der EU rechtskonform einsetzbar. In Heidelberg entwickelt dafür ein 20-köpfiges Team KI für Behörden und Unternehmen.

Luminous von Aleph Alpha ist die europäische Antwort auf ChatGTP.
Luminous von Aleph Alpha ist die europäische Antwort auf ChatGTP.
(Bild: lassedesignen - stock.adobe.com)

Wo sonst als in Heidelberg könnte ein in Sachen Künstliche Intelligenz engagiertes deutsches Unternehmen sein Hauptquartier einrichten? Das für seine Geistesgrößen berühmte Universitätsstädtchen mit internationalem Ruf ist denn auch der Standort des vielversprechendsten Start-ups für die Erforschung und Entwicklung von generativer KI-Technologie hierzulande: Aleph Alpha. Das wird neben dem französischen Start-up Mistral als die große europäische Hoffnung in Sachen KI gehandelt.

Der Technologiepark Heidelberg feiert sein Vorzeigeunternehmen für die Nutzung von GPT beziehungsweise der Artificial General Intelligence (AGI) entsprechend. AGI-Modells würden über das Potenzial verfügen, „humanoide Denk- und Argumentationsmuster so zu reproduzieren, dass es wie ein Mensch die Welt versteht.“ Es seien auch keine spezifischen Trainings mit annotierten Daten mehr nötig, die Lösungen von Aleph Alpha könnten vielmehr „wie ein gut ausgebildeter menschlicher Assistent“ umgehend eine große Bandbreite an Aufgaben erledigen.

Luminous als europäische Antwort auf ChatGTP

Aber kann Aleph Alpha wirklich gegen die US-Konkurrenten bestehen? Das fragte sich gerade auch das Wired-Magazin. Hier muss genau hingeguckt werden: Abseits des Marketing-Getöses ist das Kernprodukt von Aleph Alpha die Luminous-Serie, eine Familie großer Sprachmodelle (Large Language Models; LLM). Diese können ganz wie GPT menschlichen Text verarbeiten und produzieren.

Sie haben diese Fähigkeit durch das Durcharbeiten von riesigen Mengen menschlicher Textdaten erworben und werden nun in den fünf am häufigsten gesprochenen europäischen Sprachen weiter geschult: Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Im Gegensatz zu anderen großen Sprachmodellen könne die Luminous-Familie aber auch Bilder erkennen und modifizieren.

Es gibt drei Version von Luminous-Control-Modellen plus kleinere Varianten

„Luminous-supreme“ ist das leistungsfähigste Modell und eigne sich besonders gut zum kreativen Schreiben von Texten. „Luminous-extended“ ist das zweitgrößte Modell und diene vorrangig der Informationsextraktion und Sprachvereinfachung. Und „Luminous-base“ ist das günstigste Modell und passe zu Anwendungen wie Klassifizierung und Kennzeichnung.

Zusätzlich gibt es seit Juni Kontrollversionen eines jeden Modells, das sind Versionen, die für die Befolgung von bestimmten Aufgaben optimiert sind. Sie bieten eine bessere Zero-shot-Performance als die drei Hauptmodelle, was zu weniger Tokens im Input und damit insgesamt geringeren Kosten beiträgt. „Luminous-Explore“ ist beispielsweise ein Modell für semantische Einbettungen basierend auf Luminous-base.

„Große Sprachmodelle werden in der Regel mit Few-Shot-Prompting verwendet: einer Methode, bei der das Modell mit einer Reihe von Beispielen versehen wird, um eine kontextuelle Struktur zu erhalten“, erläutert das Start-up auf seiner Site. „Unsere Kontrollmodelle verwenden jedoch eine einzige Anweisung, um Antworten und Lösungen für verschiedene Aufgaben zu generieren, eine Methode, die als Zero-Shot-Prompting bekannt ist.“ So werde eine schnelle Entwicklung und Bereitstellung von Chatbots und Konversations-KI-Systemen möglich.

Darüber hinaus offeriert Aleph Alpha Services für eine bestimmte Aufgabe, beispielsweise die Beantwortung von Fragen oder die Zusammenfassung. Genutzt werde das Ganze von mittlerweile mehreren 1.000 Unternehmen und Regierungsstellen.

Die Aleph-Alpha-Services könnten vor Ort, von allen Cloud-Infrastrukturen oder aus dem eigenen Rechenzentrum bezogen werden. Dafür betreibe man den größten kommerziell verfügbaren Hochleistungs-KI-Cluster Europas mit Sitz in Deutschland, genauer gesagt im Bayreuther Industriegebiet. Kunden mit sensiblen Daten könnten mit „alpha ONE“ – so der Name des Datacenters, das irritierenderweise das Aushängeschild des DataCenter GovTech Campus Berlin ist – ihre Informationen unter Einhaltung der europäischen Vorschriften für Datenschutz und Sicherheit auf einer souveränen, europäischen Recheninfrastruktur verarbeiten. Betreiber von alpha One ist übrigens die oberfränkische Aleph-Alpha-Tochter Alpha Layers GTS.

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Anderer Fokus als OpenAI

Firmengründer Jona Andrulis erklärte in vielen Interviews, eine europäische Antwort auf OpenAI geben zu wollen. Technisch gesehen steckten hinter einem AGI-Modell ausgefeilte Wahrscheinlichkeitsrechnungen, das heißt, die Algorithmen und Regeln des Natural Language Processing (NLP), so der Gründer. Also genau wie bei OpenAI, der Mutter von ChatGTP.

Aber Andrulis, der von 2013 bis 2016 Teamleiter in der KI-Forschung von Apple war, verfolgt ein anderes Ziel: „Wir fokussieren uns nicht darauf, für eure Kinder die Hausaufgaben zu erledigen“, erklärte er im Juli beim Festival der Zukunft“ im Deutschen Museum. Man habe vielmehr Behörden, Ministerien und Unternehmen im Visier. Denen soll Luminous beim Auswerten von Datenbanken und Dokumenten helfen. Und zwar im Gegensatz zur amerikanischen Konkurrenz auch datenschutzrechtlich sicher. Nicht zuletzt dank Open Source.

„Wir haben unsere Kern-KI-Codebasis als Open-Source-Lösung bereitgestellt, um produktive Gespräche mit Forschungs- und Open-Source-Communitys über die Entwicklung transformativer KI-Anwendungen zu initiieren“, so das Unternehmen in einer Ankündigung. Dies schaffe Vertrauen und Akzeptanz für KI.

Kooperationen und Partnerschaften sind erst im Entstehen

Um sich gegen die US-amerikanische Konkurrenz behaupten zu können, möchte Andrulis verstärkt mit europäischen Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten. So ist man gerade erst eine Kooperation mit dem Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai) in Heilbronn eingegangen. „Mit Ipai haben wir einen starken Partner mit klarem Bekenntnis zu vertrauensvoller und erklärbarer KI gewonnen“, so Andrulis. „Die Bündelung unserer Ressourcen und Expertisen wird uns in die einzigartige Lage versetzen, selbst bestimmt und souverän die Entwicklung von KI in Europa zu gestalten. Wir möchten sicherstellen, dass deutsche KI-Technologien neue Standards im Bereich Vertrauen und Transparenz setzen.“

Im September teilte Andrulis eine Partnerschaft mit der Münchner KI-Beratungsfirma Alexander Thamm (AT) mit: „Die Zusammenarbeit bietet uns die Möglichkeit, unser Angebot auf eine breitere Palette von Anwendungen auszudehnen und gleichzeitig von ATs umfassender Expertise im Bereich der Beratung, Künstliche Intelligenz, Data Science und Big Data zu profitieren. Gemeinsam werden wir den nachhaltigen Einsatz von vertrauensvollen und souveränen KI-Anwendungen für Unternehmen und die öffentliche Verwaltung vorantreiben.“

Zudem gilt es für Aleph Alpha, ein Partnernetzwerk für den Vertrieb der Luminous-Modelle aufzubauen. Andrulis präsentierte entsprechend erst kürzlich eine strategische Partnerschaft speziell für den öffentlichen Sektor mit Materna, man wolle gemeinsam „großer Sprachmodelle zügig in der Verwaltung vorantreiben“. Behörden könnten mit der Materna Generative AI Factory aus ihren öffentlichen und internen Daten Informationen generieren, die in Fachverfahren oder Berichten bei der täglichen Arbeit helfen und die Kommunikation mit Bürgern beschleunigen.

Der Partner-Manager kommt von Google

Darüber hinaus ist wenig bekannt über die Modalitäten des Partnerprogramms – Aleph Alpha gibt mit Verweis auf aktuell turbulente Zeiten keine Informationen zu eventuellen Punktesystemen, Levels oder andere Abstufungen für Partner. Offen ist auch, ob diese Schulungen, Materialien für gemeinsame Marketingaktivitäten, Lernressourcen, Zertifizierungen oder eine Integration in Vertriebsplattformen und -prozesse erwarten dürfen.

Vermutlich ist das alles noch unklar – bei den aktuell rund 20 Mitarbeitern von Aleph Alpha handelt es sich ja vorzugsweise um KI-Experten, keine Business-Manager. Die Firma lebt aktuell mutmaßlich durch jede Menge Finanzierungen, wie Andrulis auch im Gespräch mit „Wired“ bestätigt.

Aus gutem Grund ist daher gerade erst Ramin Mirza von Google abgeworben worden, der nun Vertrieb und die internationale Expansion verantwortet. Er wird als Vice President Revenue auch als Ansprechpartner für potentielle Partner fungieren.

„Ich freue mich, mit einem außergewöhnlichen Team bei Aleph Alpha und seinem unerschütterlichen Engagement für die Schaffung eines verantwortungsvollen KI-Ökosystems zusammenzuarbeiten“, so Mirza. „Ich freue mich darauf, die Mission von Aleph Alpha zu erweitern, das Umsatzwachstum voranzutreiben, sinnvolle Partnerschaften zu knüpfen und Unternehmen auf der ganzen Welt die Leistungsfähigkeit der KI zur Verfügung zu stellen.“

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