8 Experten zum Thema Industrie 4.0 – Teil 1 Die Zukunft der Smart Factory hat schon begonnen
Internet of Things, Smart Factory und Industrie 4.0: Selten haben Schlagworte solch hohe Aufmerksamkeit erzielt. Das Prinzip: eine global vernetzte Produktion zu schaffen, über alle Grenzen hinweg. Dabei müssen verschiedene Teildisziplinen intelligent und einwandfrei zusammenarbeiten. Wie weit sind die deutschen Automatisierer? Ein Zwischenstand.
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Nachgefragt: Beste Chancen oder Gefahr in Verzug? Wie ist das allgemeine Stimmungsbild in der Automatisierungsbranche zum Thema Industrie 4.0? Wo sehen Sie die besten Chancen und die größten Hürden bei der Umsetzung?
Dr. Ursula Frank, Projektmanagement Forschung & Entwicklung und Dr. Josef Papenfort, Produktmanager Twincat bei Beckhoff: Für Beckhoff ist Industrie 4.0 mehr als nur ein Schlagwort. Industrie 4.0 ist vielmehr eine logische Fortsetzung der Symbiose aus Informations- und Kommunikationstechnik und der Automatisierungstechnik, mit dem Fokus Kommunikation und Vernetzung. Viele Kunden sind bereits seit Jahrzehnten global vernetzt.
Die Entwicklung geht jedoch hin zu einer noch stärkeren Vernetzung. Der Schlüssel hierzu ist PC-basierte Steuerungstechnik und die damit grundsätzlich gegebenen Möglichkeiten der Kommunikation. Neben der physikalischen Vernetzung sind Protokolle auf den verschiedenen Ebenen einer Produktion notwendig. Zur echtzeitfähigen Steuerungskommunikation auf der Feldbusebene ist von Beckhoff mit Ethercat ein etablierter und weltweit verbreiteter Standard definiert worden. Mit OPC UA ist eine Kommunikation nach oben in der Steuerungspyramide möglich. Hier sind Dinge wie Authentifizierung und Verschlüsselung von Daten integriert.
Daneben spielt auch das Engineering eine große Rolle. Modulare Softwareerstellung mit modernen Sprachen wie IEC61131-3 3rd Edition, C/C++ und Matlab/Simulink lenken die Kosten beim Engineering.
Das ursprünglich deutsche Thema Industrie 4.0 ist mittlerweile, auch zu Recht, ein weltweites Thema. Die große Vision der global vernetzten Smart Factories kann nur durch weltweit anerkannte und genutzte Standards, vor allem in der Kommunikation und Sicherheit, Realität werden. Dazu bedarf es weltweiter Diskussionen, Entwicklungen und Anpassungen. Sicherlich entsteht hierdurch eine Konkurrenzsituation, die es gilt, strategisch geschickt für sich zu nutzen. Aber das ist eine der urtypischen Aufgaben eines jeden Unternehmens.
Unternehmen wie Beckhoff sind es gewohnt innovative, neue Wege zur Begegnung der Marktforderungen zu gehen und werden weiterhin verstärkt ihre Innovationskraft in Entwicklungen zum Thema Industrie 4.0 investieren. Voraussetzungen dafür sind vor allem ein politisch offenes und unterstützendes Umfeld sowie eine noch zielgruppengerechtere, mit fundiertem Grundwissen geprägte Ausbildung der Facharbeiter.
Andreas Huhmann, Strategy Consultant Connectivity + Networks bei der Harting Technologiegruppe: Ja, es gibt schon die ersten, die in eine Automatisierungsnostalgie verfallen. Damals war alles besser. Der Automatisierungsbereich wird auch heute noch in der internationalen Standardisierung als Automation-Island bezeichnet. Und eine Insel der Glückseligen wünschen sich viele. Und diesen naiven Naturzustand eines Robinson Crusoes wünschen sich viele. Aber diesen Zustand hat die Automatisierung schon mit der Einführung von Ethernet vor über zehn Jahren aufgegeben. Damals und bis heute teilt sich jetzt die Welt in die, die kompatibel zu Standard-Ethernet sind und jene, die ein Gateway braucht. Gut, da gibt es Aspiranten, die diese Eigenschaft mitbringen.
Jetzt gibt es die neue Gretchenfrage: Welches der Automatisierungsprofile ist denn kompatibel zur Cloud-Technologie oder zu serviceorientierten Architekturen? Und die Antwort ist nach meiner Ansicht ernüchternd. Hier setzt jetzt die Frage auf, ob Industrie 4.0 disruptive Tendenzen hat. Hat es, wenn die Inselbewohner nicht endlich bereit sind, ihre Zugehörigkeit zu einer vereinten Staatengemeinschaft aller Unternehmensapplikationen bewusst voranzutreiben. Ein Isolieren macht gar keinen Sinn, denn niemand wird die nun einmal gebauten Brücken wieder sprengen. Man versucht sie nur für den Safety-, Echtzeit- und Steuerungs-Verkehr zu sperren, damit die Automatisierung schön auf der Insel bleibt. Daher mein Resümee: Chancen hat Industrie 4.0 für alle, die sich aktiv öffnen und bereit sind in einer vereinten Welt aus IT-Applikationen und Automatisierung neue Lösungen und Geschäftsmodelle umzusetzen. Und Risiken hat jede Revolution für die, die das Überkommene verteidigen.
Harald Nehring, Prokurist E-Kettensysteme bei Igus : Das Thema Industrie 4.0 bietet große Chancen für die Industrie. Dadurch ergeben sich große Möglichkeiten zur Optimierung von Energie- und Ressourceneffizienz, Flexibilität und Individualisierung in der Produktion sowie Optimierung von Kosten und Geschwindigkeit. Die Smart Factory ist ein Trend, der die Diskussionen um neue Entwicklungen bestimmt und ist auch für uns ein Thema. Smart Factory wird aber nur gelingen, wenn die Kommunikation in der industriellen Umgebung sicher und schnell funktioniert. Nur so können die unterschiedlichen Komponenten in einer Fertigungskette tatsächlich erfolgreich miteinander verknüpft werden. Hier gilt es derzeit noch, sich auf Standards zu einigen und verlässliche Produkte einzusetzen, die auch über einen langen Zeitraum sicher funktionieren.“
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