Internet of Things Wenn Smart Home und Connected Car zusammenwachsen
Smart-Home- und Connected-Car-Applikationen haben viele Gemeinsamkeiten und bieten das Potenzial, aus den generierten Daten neue Geschäftsmodelle zu entwickeln: Durch die Vernetzung sind alle erhobenen Daten übermittel- und nutzbar und können nach der Auswertung Prozessverbesserungen und Produktinnovationen für Hersteller sowie Mehrwerte beim Endkunden schaffen.
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Bisher haben sich die Bereiche Smart Home und Connected Car unabhängig voneinander entwickelt:
- Connected-Car-Konzepte blieben meist auf den Wirkkreis von Autoherstellern wie BMW oder Ford beschränkt sowie deren engen Partnern wie Harman Kardon, Google oder Microsoft.
- Smart-Home-Lösungen kamen vor allem von Elektronikherstellern wie Samsung oder LG Electronics, die mit eigenen Komponenten eine selbststeuernde Umgebung schaffen wollen.
Smartphone als Fernbedienung für beide Bereiche
Die Integration von Apps von Musikdiensten oder E-Mails sind ein durchaus wichtiges Kaufargument bei Neuwagen, somit ist auch in diesem Bereich die Unterstützung von Smartphones relevanter denn je. Volkswagen erlaubt es Kunden, Auto und Smartphone beliebig zu kombinieren und steuert dabei Apps und Sprachfunktionen über die Elektronik des Autos an. Volvo testet sogar derzeit eine Keyless Smartphone App als permanenten Ersatz des Fahrzeugschlüssels.
Daher setzen viele Hersteller bei Smart Home wie Connected Car auf die Verwendung mobiler Endgeräte. Das könnte auch die Bereitstellung von Big Data Analytics in beiden Feldern erleichtern, wenn einheitliche Tools zur Auswertung verwendet werden können.
Ein Problem sind allerdings die unterschiedlichen Entwicklungszyklen, da Smartphone-Modelle quasi jährlich getauscht werden, PKW-Elektronik aber bis zu sechs Jahre nahezu identisch bleibt. Regelmäßige Software-Updates wie beim Elektroauto-Hersteller Tesla könnten hier helfen.
Strategische Partnerschaften
Viele Unternehmen setzen daher auf strategische Partnerschaften, um übergreifende Lösungen konkurrenzfähig entwickeln zu können. Dies liegt auch am immensen Wissens-Vorsprung, den IT-Unternehmen bei Anwendungsoberflächen und der Analyse großer Daten gegenüber den Autoherstellern besitzen. Die Herangehensweise der einzelnen Unternehmen variiert allerdings stark.
Der Automobilhersteller Ford etwa setzt zentral auf eine Zusammenarbeit mit Amazon und dessen Smart-Home-Komponenten Amazon Echo, um mittels der Sprachassistenz ALEXA das Fahrzeug verbinden und auch im Haus steuern zu können.
Bei Erstausrüstern wie Harman International, deren Connected-Car- und Telematik-Systeme bei verschiedenen Herstellern zum Einsatz kommen, arbeitet man an eigenen übergreifenden Konzepten, um künftig Smart Home und vernetzte Fahrzeuge zu vereinen. Das Unternehmen entwickelt daher eine ganzheitliche Plattform mit Device-Management-, Cloud- und Datenanalyse-Lösungen.
Hierbei sind enge Partnerschaften mit Providern wie dem IoT-Spezialisten Interdigital und dem Hadoop-Anbieter Hortonworks essenziell für Produkte, Technologien und den Mehrwert der Kunden. „Hortonworks hilft uns bei der Analyse von Big Data, neue Level zu erreichen, hauptsächlich bei der Datenmenge, die von vernetzten Fahrzeugen generiert werden wird. Bei Interdigital ist es deren IoT-Plattform, mit deren Hilfe wir eine schnelle Markteinführung unserer Lösungen für unsere Kunden realisieren können“, erklärt Oren Betzaleli, VP Marketing Connected Services bei Harman.
Einen Sonderweg beschreitet BMW mit seinem Anfang des Jahres vorgestellten Konzept „BMW i Vision Future Interaction“. Es basiert auf dem bereits 2013 vorgestellten BMW-Connected-Drive-System für vernetzte Fahrzeuge und stellt eine, wenngleich bisher limitierte, Schnittstelle der beiden Welten Smart Home und Connected Car dar. Der sogenannte „Mobility Mirror“ – gleichzeitig Spiegel und Anzeigemedium – vernetzt Fahrzeug und Wohnung über die Open Mobility Cloud, verfügt über Fähigkeiten für maschinelles Lernen und beinhaltet Datenanalyse-Tools, um dem Anwender eine zunehmend personalisierte Nutzung zu erlauben.
Die Anzeigefläche des Spiegels zeigt auf Wunsch Dienste wie einen Kalender, Mobilitätsoptionen, die Wettervorhersage sowie den Energiestatus des Smart Homes oder des Elektrofahrzeuges. Der Autoschlüssel dient als Trägermedium und Backup für den Datenaustausch, auf dem Informationen hinterlegt werden.
Offene Standards als Grundvoraussetzung
Zu den größten Herausforderungen zählt die Vereinheitlichung der Kommunikation der Geräte von Herstellern und kleinerer Drittanbieter miteinander, damit sie in einem IoT-Umfeld vernetzt werden können. Die Industrie versucht derzeit trotz konkurrierender Ansätze, einheitliche und offene Standards festzulegen. Hierzu gehören Initiativen wie:
- Offene Kommunikations-Protokolle wie ZigBee oder Z-Wave für drahtlose Netzwerke mit geringem Datenaufkommen, die von Herstellern wie LG Electronics, Huawei, Bosch oder Samsung unterstützt werden.
- Das IoTivity Project der Open Connectivity Foundation bietet eine auf Open Source basierende Implementierung für Hersteller, um eine interoperable Schnittstelle für Betriebssysteme wie Android, iOS, Windows, Linux oder Tizen zu schaffen.
- Das AllJoyn-Open-Source-Projekt der AllSeen Alliance stellt ein Framework für Kerndienste auf Basis einer Peer-to-Peer-Kommunikation für Geräte aus verschiedenen Bereichen im Client-Server-Modell bereit
Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat diese Problematik erkannt und versucht im Rahmen seiner Smart-Data-Förderung die entsprechenden Impulse bei deutschen Unternehmen zu setzen. Über das Smart Home-Zertifizierungsprogramm sollen allgemeine Normen für marktreife Produkte geschaffen werden.
Im Automotive-Sektor ist man aktuell noch weit von einheitlichen Lösungen entfernt, gerade weil sich der Bereich unabhängig entwickelt und die Hersteller eigene Konzepte verfolgen. „Es gibt hier einige relevante Standards, die sich auch weiterentwickeln, beispielsweise beim Thema V2X (Fahrzeug-Fahrzeug oder Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation). Diese sind aber noch nicht ausgereift und wir sind noch immer weit entfernt von einer Welt mit wirklich einheitlichen Standards“, beschreibt Betzaleli die gegenwärtige Situation.
Noch ist also Vieles ungeklärt, wer hier als erster überzeugende Lösungen für den breiten Markt anbietet, kann in vielerlei Hinsicht den Ton angeben.
Cyber-Security im Mittelpunkt
Konnektivität eröffnet nicht nur Vorteile, sondern bietet auch neue Angriffsflächen. Im Smart-Home-Einsatz ist der mögliche Schaden eher finanzieller Natur und verletzt die Privatsphäre – ein gehacktes Fahrzeug im Straßenverkehr ist dagegen eine auch eine physische Bedrohung.
„Im Bereich des vernetzten Zuhauses gibt es einige Sicherheitsbedenken, die Tragweite eventueller Sicherheitslücken reicht hier aber nicht annähernd an die Auswirkungen heran, die Sicherheitslücken im Bereich des vernetzten Fahrzeuges haben könnten“, bekräftigt Betzaleli das Gefahrenpotenzial durch virtuelle Angriffe. Harman investiert mit den kürzlich getätigten Akquise der Cyber-Security-Unternehmen TowerSec und Redbend massiv in diesen Bereich, auch im Hinblick auf Smart Home.
Aus gutem Grund, denn 2015 konnten Experten des IT-Security-Beraters IOActive ein Fahrzeug von Jeep mit vernetztem Navigationssystem hacken und unter ihre Kontrolle bringen. Die US- Bundespolizei FBI nahm den Fall unlängst zum Anlass, Besitzer über die möglichen Sicherheitsrisiken ihrer Fahrzeuge durch Hacker zu warnen.
Unternehmen sind daher gut beraten, weiterhin an der Sicherheit ihrer Schnittstellen und Systeme zu arbeiten, wenn vernetztes Auto und intelligentes Zuhause zu dem wichtigsten Wachstumsfeldern der Digitalisierung entwickeln.
Mobilität und Eigenheim werden sich in Zukunft radikal verändern und weiter digital zusammenwachsen. Dieser Trend gibt Vorreitern bei der Vernetzung mit Umwelt und Infrastruktur noch viele Möglichkeiten und Platz, sich einen eigenen Teilbereich anzueignen.
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