Kommentar von Jörg Reuter, FICO TK-Branche – mit KI gegen Cyberkriminalität
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Zwielichtige Online-Shops, geprellte Händler, dubiose Kreditkartenabbuchungen – im Internet ist Betrug an der Tagesordnung. Ein Teilbereich der Cyberkriminalität fällt allerdings häufig unter den Tisch: der sogenannte „Subscription Fraud“. Dahinter verbirgt sich eine Methode, bei der ein Betrüger entweder seine eigene Identität oder eine gestohlene oder gefälschte verwendet, um gesponserte Mobilfunkgeräte über Postpaid-Verträge ohne Zahlungsabsicht zu erlangen.

Sinn und Zweck von Subscription Fraud: Ergaunerte Endgeräte werden auf dem Schwarzmarkt oder auf Plattformen für Privatkäufe wie eBay Kleinanzeigen oder Facebook Marketplaces angeboten. Die Methode ist deswegen so attraktiv für Kriminelle, weil vor allem Premium-Smartphones immer teurer werden, aber gleichzeitig im Paket mit Mobilfunkverträgen zu einem geringen, oft sogar symbolischen Einstandspreis verfügbar sind. Verkaufen sie diese nun beispielsweise zur Hälfte des gängigen Einzelhandelspreises, machen die Betrüger schnelles Geld. Telekommunikationsanbieter erkennen den Betrug in der Regel erst Monate später oder verbuchen ihn als Zahlungsausfall ohne Betrugsabsicht. Der finanzielle Schaden ist enorm.
Doch Subscription Fraud ist häufig nur der Beginn einer ganzen Reihe an illegalen Aktivitäten – wenn nämlich Betrüger die ergaunerten Geräte für weitere Straftaten nutzen. So können mithilfe illegitimer Verträge und Smartphones Mehrwertdienste wie kostenpflichtige Hotlines genutzt oder teure Auslandstelefonate für lau geführt werden. Mitunter kommen die Mobilfunkgeräte auch als so genannte „Burner Phones“ zum Einsatz, die nur kurzzeitig im Rahmen von Drogendelikten oder anderen Vergehen aktiv sind. Besonders kritisch ist diese Vorgehensweise dann, wenn für den Betrug echte Kontaktdaten genutzt werden. Dann geraten auch unbescholtene Bürger schnell ins Fadenkreuz der Ermittler.
Betrugsform mit vielen Gesichtern
An Motiven mangelt es Subscription-Fraud-Kriminellen also beileibe nicht. Der Großteil dieser Masche fällt in den Bereich des First-Party-Betrugs: Dabei nutzt der Kriminelle oder ein angeheuerter Handlanger seine eigene Identität für den Betrug, ohne jedoch eine Bezahlabsicht zu haben. Häufig nutzen Kriminelle dazu die Dienste von Studenten, da sich diese in der Regel weniger Gedanken über mögliche negative Auswirkungen auf ihre Bonität machen. Innerhalb der Systeme wirkt das so dann erst einmal wie ein normaler Zahlungsausfall. Solche Fälle lassen sich mit herkömmlichen Prüfansätzen nur schwer im Vorhinein erkennen. Einen Betrugsfall später von einem normalen Zahlungsausfall zu unterscheiden – kaum möglich. Damit ist die Dunkelziffer der Fälle von Subscription Fraud relativ hoch.
Dem First-Party-Subscription-Fraud gegenüber steht der Third-Party-Betrug. Dabei verschafft sich der Täter Zugang zu den Daten eines Dritten und schließt ohne dessen Wissen einen Mobilfunkvertrag samt Smartphone ab. Der oft sorglose Umgang mit sensiblen persönlichen Daten erleichtert es Betrügern, an die für diese Betrugsmasche nötigen Informationen zu gelangen.
Um Third-Party-Betrug rechtzeitig erkennen zu können, sollten Mobilfunkanbieter folgende zwei Aktionen in der Kundenverwaltung besonders kritisch prüfen:
- 1. Änderungen am Konto: Dazu gehören Haus- und Lieferadresse, E-Mail, Passwort oder andere Zugangsdaten, kurz vor einer Vertragsänderung beziehungsweise Hardware-Bestellung.
- 2. Außergewöhnliche Upgrades oder Ausgaben: Wenn Kunden Geräte mit deutlich höherem Wert als bisher bestellen, vor allem wenn diese Upgrades oder Ausgaben vor Ablauf des laufenden Vertrages getätigt werden.
Bei einem Kundenstamm von Millionen Datensätzen lässt sich das allerdings nur mithilfe moderner Automatisierung und geeigneter Analytik bewerkstelligen.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt
Nach Möglichkeit sollte bereits vor Vertragsabschluss erkannt werden, ob überhaupt eine Zahlungsabsicht vorhanden ist. Weil aber Betrüger häufig als Neukunden auftreten, ist der Datensatz zu dieser Person beim Anbieter in der Regel noch dürftig. Hinzu kommt, dass Kriminelle sich mit Käufen von günstigen Produkten wie Prepaid-SIM-Karten teilweise über viele Monate hinweg eine Kundenhistorie aufbauen. Ihr Kalkül: Bestandskunden werden bei Upgrades einer weniger strengen Prüfung unterzogen. Hier können Mobilfunkanbieter ansetzen.
Schützenhilfe bekommt das Telekommunikationssegment vom Finanzsektor. Hier gibt es bereits massive Bestrebungen, Subscription Fraud beziehungsweise dem von der Methode her ähnlichen Antragsbetrug durch die Nutzung von Big Data und Analytics Herr zu werden.
Betrugserkennung und -prävention per KI und ML
Auch Fachleute in den Betrugsabteilungen der Mobilfunkanbieter haben hierzu oft komplexe Strategien zur Betrugsabwehr ins Leben gerufen. Dies funktioniert für Standardfälle, stößt aber bei Neukunden, gestohlenen oder gefälschten Identitäten häufig an seine Grenzen. Hier sollten fortschrittliche Analytik, Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) zum Einsatz kommen. Denn maschinelle Lerntechniken können auch komplexe Betrugsmuster besser erkennen als „von Hand“ erstellte Regelwerke und sind in der Lage, auf Veränderungen bei Betrugsmethoden schnell zu reagieren. Spezielle Algorithmen können zudem versteckte Verbindungen zwischen Datenpunkten erkennen und so helfen, Betrugsringe frühzeitig zu identifizieren.
KI und ML bringen eine große Bandbreite an Erkenntnissen in die TK-Branche und liefern Rückschlüsse zu Betrugsabsichten. Dafür hat FICO beispielsweise spezialisierte KI-Modelle für Subscription Fraud unter Verwendung von verschiedensten relevanten Datenelementen entwickelt und unter anderem mit historischen, aufgedeckten Betrugsfällen trainiert. Eine deutlich verbesserte Erkennungsleistung kann dabei erzielt werden, wenn über sogenannte Link Analysis auch mittelbare, nicht offensichtliche Verbindungen zwischen Akteuren erkannt und durch Social Network Analytics (SNA) von einem KI-Modell bewertet werden können. Indizien können zum Beispiel die Verwendung desselben Geräts bei Online-Anträgen oder direkte und indirekte Verknüpfungen zu fragwürdigen Personen über Post- oder E-Mail-Adresse sein. ML macht über diese Verbindungen verdächtige Muster aus und hilft so, Betrugsfälle rechtzeitig zu erkennen.
Die Erkenntnisse aus KI-/ML-Modellen werden typischerweise im Tandem mit traditionellen Betrugsregelsätzen verwendet, da sie sich hervorragend ergänzen. Ebenso wie Regelsätze nicht in Stein gemeißelt sind, sollten auch bei ML-Modellen adaptive Techniken integriert sein, die dafür sorgen, dass sich die Modelle an immer neue Betrugsmuster anpassen. Durch diesen Einsatz fortschrittlicher Analytikmethoden werden die in der Regel begrenzten Ressourcen der Betrugsabteilung effektiv genutzt und Unternehmen und Kunden vor Betrugsversuchen geschützt.
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