Grundlagenwissen Artificial Intelligence im Marketing, Teil 3 So verbessert KI das Programmatic Advertising
Künstliche Intelligenzen (KI) analysieren in Echtzeit Milliarden Datenpunkte zur Optimierung von Anzeigenplatzierungen. Das Resultat sind erfolgreichere Kampagnen und ein höherer Return On Invest (ROI). Die Akquise eines Anzeigenplatzes läuft dank KI voll automatisiert bzw. programmatisch ab
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Automatisierte Werbeplatzverkäufe- und Ausspielungen werden als „Programmatic Trading“ bezeichnet. Die übergeordnete Disziplin datengetriebener Werbeformen wird unter dem Oberbegriff „Programmatic Advertisement“ zusammengefasst. Hoch entwickelte Algorithmen ermitteln aus Datensätzen einen Vorhersagewert, etwa für eine erfolgreiche Konversion oder einen Click-Through. Dieser abstrakte Wert wird von einem Gebotsalgorithmus, unter Einbeziehung diverser Kampagnenparameter und abhängig vom Kampagnen-Set-Up, in einen konkreten Gebotspreis übersetzt, beispielsweise für einen bestimmten Anzeigenplatz oder einen vielversprechenden Werbekontakt. In einer Echtzeit-Auktion werden die Gebote abgeglichen und ein Gewinner ermittelt. Was nach einem langwierigen Prozess klingen mag, ist in einem Wimpernschlag erledigt. Genau gesagt dauert der vollständige Verkaufsprozess 100 Millisekunden. Ein Wimpernschlag 300.
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Grundlagenwissen Artificial Intelligence im Marketing, Teil 1
KI ist gekommen, um zu bleiben
Die fünf Ks der Daten
Fortschrittliche programmatische Werbesysteme verwenden fünf verschiedene Arten von Daten zur Kampagnensteuerung und -optimierung. Konsumentendaten sind prinzipiell alle User-Informationen, die einem System anonymisiert als Datensätze vorliegen. Sie bestehen zum einen aus demo-, sozio- und psychografischen Merkmalen, zum anderen kommen individuell zuordenbare IDs hinzu, wie Browser-Cookies oder Geräte übergreifende digitale Fingerabdrücke (nicht zu verwechseln mit geschützten Sicherheitssystemen wie Touch ID ), die Auskunft über getätigte Käufe und besuchte Websites geben und darüber informieren, auf welche Weise der User auf die Seite gelangt ist.
Kontextdaten geben Aufschluss über den Moment und Zeitpunkt der Nutzung. Sie liefern beispielsweise Informationen zu Tageszeit, geografischer Position und lokaler Wetterlage. Stellt man sinnhafte Zusammenhänge her und identifiziert signifikante Korrelationen, erlauben sie Rückschlüsse auf temporäre kontextuelle Informationen wie Verfassung, Situation und Umfeld des Users. Wertlose Anzeigenplatzierungen – wie z. B. Winterjacken im Hochsommer oder Büroartikel am Strand – lassen sich so vermeiden. Kontextdaten ermöglichen es Werbekontakte lediglich bei optimaler situativer Empfänglichkeit herzustellen und Streuverluste zu minimieren.
Kreativdaten, bzw. deren dynamische Verwendung, erlauben es, Werbeinhalte zu personalisieren und so jeden User mit individuell angepassten Inhalten und Layouts zu erreichen. Die passgenaue Gestaltung jedes einzelnen Werbekontaktes zielt auf die Optimierung der Lead- und Conversion Rate ab. User reagieren eher auf Inhalte, die ihren persönlichen Vorlieben entsprechen und auf situativ passend abgestimmt sind.
Kampagnendaten messen Werbemittelkontakte und Resultate einer spezifischen Kampagne. Sie erlauben Rückschlüsse zur Sichtbarkeit einer Impression, Übereinstimmung demografischer Merkmale und zur Conversion Rate.
Kostendaten werden zur Optimierung von Kampagnen erhoben. Sie geben genaue Einblicke in die Ausgaben pro Werbekontakt. Unter Berücksichtigung der Kosten für Daten, Ausspielung, Reporting und der Anzahl erfolgreicher Werbekontakte pro abgegebenem Gebot, erfassen sie die Gesamtheit der Kostentreiber einer Kampagne.
Ein umfassendes Verständnis eines jeden Kostentreibers bedeutet für Werbetreibende deutlich effizientere Resultate, da sehr präzise und fundiert auf noch so feine Veränderungen reagiert werden kann und sich entsprechende Optimierungsprozesse einleiten und steuern lassen. Die fünf Ks ermöglichen Werbetreibenden die Realisierung dynamischer und personalisierter Marketingstrategien und -maßnahmen abseits von rein statistischen Ansätzen, die zwar Individualisierung ermöglichen, jedoch auf Verallgemeinerungen fundieren und somit keine vollständige Personalisierung zulassen. Werbetreibende erhalten durch Programmatic akkurate Vorhersagen, welchen User sie mit welcher Botschaft ansprechen müssen und in welchem Moment er am empfänglichsten dafür ist.
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Grundlagenwissen Artificial Intelligence im Marketing, Teil 2
KI ist nicht gleich KI – Qualitätsmerkmale, Definition und Learnings
Programmatic – Praxis einer Kampagne
Nun wollen wir die Theorie anhand eines Beispiels in die Praxis übertragen und die erdachte Userin Anne im Programmatic-Kontext betrachten. Das programmatische System speichert Annes Aktivitäten aller digitalen Outlets des Werbetreibenden, wie Websites- und Apps, sowie Browser-Historiendaten verfügbarer externer Quellen. So kann das System feststellen, dass Anne einige Websites regelmäßig besucht und sich zudem sporadisch zu Wetter, Rabatt-Coupons und Autoversicherungen informiert. Auf der Website des Werbetreibenden rief sie mehrere Produktseiten auf, schaute zwei vollständige Werbevideos an und hatte durch Retargeting auf anderen Websites weitere Kontakte mit der Kampagne.
Dieser Informationsgehalt ist für das System erforderlich, um fundierte Entscheidungen treffen zu können bzw. die Distribution von Werbemitteln möglichst verlustfrei zu steuern. Die Herausforderung besteht darin, all dies auf eine globale Ebene zu übertragen. Milliarden User-IDs, die jeweils Hunderte Aktivitäten auf diversen Geräten ausführen. Es benötigt keine Fantasie, um sich vorzustellen wie aufwendig die Echtzeit-Auswertung eines solchen Datenberges ist. Etwas Fantasie bedarf es bei der Beantwortung der Frage, was eine KI mit den gewonnenen Daten anfängt.
Ziel ist die Generierung aussagekräftiger Insights. Ausschlaggebend sind die Modelle einer Kampagne. Vorhersagemodelle ermitteln die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses. In Bezug auf die Optimierung einer Kampagne bedeutet dies, pro User Klickzahlen, Zielreichweiten und Konversionen zu berechnen. KIs lernen, indem sie Vorhersagen mit den eintretenden Ergebnissen vergleichen und darauffolgende Vorhersagen anpassen. Das System wird sukzessive präziser.
Passgenaue Werbekontakte
Nehmen wir einmal an, Anne möchte sich online für eine Kreditkarte bewerben. Die programmatische KI kennt das Ziel (Abschluss einer Kreditkarte) und ist lernfähig. Dabei nutzt das System die fünf Ks der Daten, um passgenaue Werbekontakte zu ermöglichen. Ein Konversionspixel auf der Seite des Kreditinstituts ermöglicht die Verfolgung der Kampagne und erlaubt dem System, einzelne Aspekte, bzw. Effizienz und Maßstab, zu optimieren. Der Optimierungsprozess gestaltet sich sukzessiv, das System bildet einen eigenen Erfahrungsschatz aus. Dabei analysiert es den Verlauf der Kampagne und identifiziert signifikante Attribute, also aussagekräftige individuelle Datenpunkte, anhand derer sich Ableitungen generieren, Optimierungsprozesse initialisieren und signifikant die Kosten pro Kreditkartenabschluss senken lassen. Je mehr signifikante Attribute das System im Lauf der Zeit ermittelt, desto effizienter läuft die Kampagne, wobei sich die Attribute laufend ändern können und somit hochfrequente bzw. in Echtzeit ablaufende Aktualisierungen zur Gewährleistung höchstmöglicher Performance erforderlich sind.
Unabhängig des Erfahrungsschatzes fluktuieren signifikante Attribute, selbst bei maximaler Performance. Relevant ist lediglich ein Bruchteil aller gewonnenen signifikanten Attribute, etwa ein Prozent der Abermillionen ermittelten Attribute bietet optimierungsrelevante Aussagekraft. Das System unterteilt signifikante Attribute abhängig vom Modell der Kampagne in Kategorien, wie etwa kürzlich besuchte Websites, Tageszeit oder Seitenkontext und verleiht jedem Attribut eine positive bzw. negative Gewichtung. In einem simultan ablaufenden Evaluierungsprozess clustert das System die signifikanten Attribute mit substanziellen Gewichtungen und ermittelt einen repräsentativen Vorhersagewert. Mehrere positive Attribute ergeben einen höheren Vorhersagewert, mehrere negative einen niedrigeren. Je höher dieser Wert ausfällt, desto wahrscheinlicher führt die individuelle Impression zu einem erfolgreichen Kreditkartenabschluss.
Uns Menschen fremd, für KI der effektivste Weg: Optimierung im Chaos
Überträgt man den ermittelten Vorhersagewert nun auf den Akquiseprozess, könnte man meinen, der Gebotspreis würde sich explizit ableiten, also ein hoher Vorhersagewert ergibt einen hohen Gebotspreis und so weiter. Das ist grundsätzlich richtig und doch wieder nicht. Der Gebotsalgorithmus berücksichtigt eine Vielzahl von Variablen. Ein wesentlicher Faktor sind Kostendaten. Aspekte wie Kampagnendauer und -taktung, vergangene gewonnene und verlorene Gebote, sowie das Auktionsformat werden im Gebotsprozess miteinbezogen. Zum Beispiel kann die Kampagnendauer Gebotspreise bedingen. Kurzfristige bzw. über einen kurzen Zeitraum laufende Kampagnen erfordern während ihrer Laufzeit eine möglichst große Durchdringung, also möglichst viele individuelle Werbekontakte. Entsprechend muss das System aggressiv am Markt akquirieren und höhere Gebote abgeben. Längerfristige Kampagnen unterliegen im Umkehrschluss geringerem Akquisedruck, das System kann folglich risikofrei gemäßigte Gebote abgeben.
Manuelle, vom Menschen optimierte Kampagnen, geben Gebote in zuvor definierten Bändern ab, etwa drei Euro oder 7,50 Euro. Diese statische Art des Gebots ist primär auf unsere Vorliebe für uns vertraute Beträge zurückzuführen. Eine KI bietet frei von Rastern, kreuz und quer. Dabei entstehen beliebig niedrige bzw. hohe Gebote, etwa 0,05 Euro oder 500 Euro. Der tatsächliche Preis für eine Impression ist nicht zwangsläufig so hoch wie das abgegebene Gebot. Das Format der Sekundär-Preis-Auktion begünstigt zwar das höchste Gebot, dennoch ergibt sich der Preis aus dem Gebot des Zweithöchstbietenden zuzüglich eines Zuschlags, der meist so gering wie 0,01 Euro ausfällt. Bietet das System also 15,32 Euro, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es die Auktion für einen deutlich niedrigeren Preis gewinnt, etwa für 8,11 Euro, wenn der Zweithöchstbietende 8,10 Euro geboten hat.
Konsumentensegmente, Targeting-Parameter und Gebotspreise festlegen – Aufgaben, die ebenso von einem menschlichen Kampagnenmanager ausgeführt werden können. Die Entscheidungen sind in dem Tempo, Umfang und in dem multi-optionalen Raum für Menschen nicht mehr leistbar. KI-Systeme beziehen ununterbrochen eine immense Vielzahl neuer Datenpunkte und können somit in kürzester Zeit auf feinste Marktveränderungen reagieren und sie darüber hinaus sogar antizipieren. Das systematische, proaktive und adaptive Vorgehen künstlich intelligenter Systeme, wie in dieser Beispielkampagne verdeutlicht, birgt bereits heute in diversen Disziplinen enormes Potenzial. Große Datenmengen automatisiert auszuwerten, dabei „out of the box “ Korrelationen herzustellen und ultimativ relevante Insights zu generieren, vereinfacht unzählige zeitraubende Prozesse und schafft Kapazitäten für höherwertige Aufgaben.
Treffsicherheit und Präzision
Die Menge an Datenpunkten wächst stetig und wird künftig noch beschleunigter angereichert. Der Einsatz von KI-Technologien wird folglich noch breiter anwendbar und die Ergebnisse werden zusätzlich an Treffsicherheit und Präzision gewinnen. KI-Technologien werden sukzessive integraler Bestandteil nahezu aller wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse, indem sie den kompletten Vor- und Nachlauf einer Entscheidung automatisiert analysieren und aufbereiten. Der Mensch als entscheidungstreffender Akteur wird nicht abgelöst, das menschliche Handeln unverändert maßgebend bleiben. Digital- und Marketingexperten fungieren als Brücke zwischen technologischem Fortschritt und menschlichem Fassungsvermögen.
Im Marketing ergeben sich durch zielgerichtete, personalisierte und echtzeitoptimierte Kampagnen, signifikante Wettbewerbsvorteile. Insbesondere im Hinblick auf die kommenden digitalen Ökosysteme, in denen etwa Suchanfragen nach Produkten, Dienstleistungen oder Marken von virtuellen Assistenten zu einem, aus der Gesamtheit aller möglichen Treffer kondensierten, singulären Ergebnis führen. Die Disruption der digitalen Wertschöpfung ist nicht linear, es gibt keinen identifizierbaren Anfang und es wird auch kein Ende im Sinne von Fertigstellung, Abschluss oder Finalisierung geben. Das ist für den menschlichen Verstand nicht einfach zu erfassen und zu akzeptieren. Aber innovative KI-Technologie eröffnet uns neue Wege und die Gestaltung der schönen neuen Welt ist und bleibt, die Aufgabe von uns Menschen.
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