Kommentar von Kevin Jilg, Blanc & Fischer IT Services Liquiditätsplanung mit KI
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Wäre es nicht toll, wenn wir in die Zukunft schauen könnten? Wenn wir immer ganz genau wüssten, wann unsere Kunden ihre Rechnungen bezahlen? Für Unternehmen ist es durchaus wichtig zu wissen, in welchem Zeitraum Kunden ihre Rechnungen bezahlen, um die Liquiditätsplanung kosteneffizient steuern zu können.

Blanc & Fischer IT Services betreut als IT-Dienstleister unter anderem die Buchhaltungen mehrerer Teilkonzerne der Firmengruppe. Diese orientieren sich für die Liquiditätsplanung an den festgelegten Zahlungszielen aus der Rechnungsstellung. Insbesondere aufgrund der Vielzahl von Kunden ist zunächst nicht klar abschätzbar, wann genau mit welchen Finanzströmen zu rechnen ist.
Daher haben wir bei Blanc & Fischer IT Services ein KI-Tool entwickelt, mit dem wir den Zahlungseingang unserer Kunden besser prognostizieren können. Dies haben wir mithilfe des IBM Business Partners TIMETOACT GROUP auf der Data-Science-Plattform IBM Watson Studio auf IBM Cloud Pak for Data (CP4D) umgesetzt.
Dabei konnten wir auf die bereits bestehende erfolgreiche Zusammenarbeit mit IBM zurückgreifen, mit deren Hilfe wir letztes Jahr bereits unsere IT-Infrastruktur und ERP-Systeme modernisiert haben. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Projektes und die Voraussetzungen, die für ein erfolgreiches KI-Projekt im Bereich Liquiditätsplanung geschaffen werden müssen.
Die Liquiditätsplanung vorbereiten
In der Liquiditätsplanung gilt: Schon Abweichungen der Zahlungen um einige Tage können enorme Summen kosten – das ist Geld, das an anderer Stelle besser eingesetzt werden kann. Daraus resultierte die Frage: Wie können wir besser vorhersagen, wann eine Rechnung beglichen werden wird und wir den Zahlungseingang verbuchen können? Wir waren überzeugt, dass es mit den bereits vorhandenen Daten aus der Zahlungshistorie möglich sein sollte, ein Modell zu trainieren, um immer genauere Prognosen zu den zu erwartenden Zahlungseingängen zu erstellen.
Die wichtigste Frage zu Beginn eines KI-Projektes lautet oft: „Haben wir genug Daten in ausreichender Qualität?“ Die Antwort lautete „ja“ – dank der vorliegenden Rechnungen und Zahlungsbelege, die aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen über lange Zeiträume gespeichert werden.
Im nächsten Schritt ergab die Analyse der Daten beispielsweise: Einige Kunden zahlen mehrere Rechnungen gesammelt, wodurch nicht für jede Rechnung ein einzelner Zahlungsbeleg vorliegt. Andere Kunden wiederum haben besondere Zahlungsbedingungen, die nicht verlässlich durch die Annahme des Netto-Ziel-Datums abgebildet werden können.
Ein Modell wird entworfen
Nach Sichtung der Daten war die Suche nach dem passenden Modellierungsansatz auf dem Weg zur Liquiditätsplanung mithilfe von KI der nächste Schritt für das Projektteam. Hier haben wir die Datenplattform IBM Watson Studio auf Cloud Pak for Data genutzt. Grundsätzlich haben wir verschiedene KI-Modelle auf ihre Genauigkeit hin verprobt und das beste Modell ausgewählt, um auf dieser Basis die besten Prognosen über Zahlungseingänge treffen zu können:
- Der Bayes'sche Ansatz zur Modellierung des Zahlungsverhaltens mittels Wahrscheinlichkeitsverteilungen mit den Zahlungszielen als a-priori-Information und den beobachteten Zahlungseingängen zur Bestimmung der a-posteriori-Verteilung
- Die Cox-Regression, die den Einfluss unabhängiger Variablen auf den Zeitpunkt des Zahlungseingangs modelliert
- Die Lineare Regressionsanalyse, Random Forest, Extra Trees und weitere Regressionsmodelle, um die Anzahl der Tage bis zum Zahlungseingang basierend auf unabhängigen Merkmalen zu bestimmen
Mit der Wahl des Modells ist es jedoch nicht getan. Deshalb suchten wir nach einer einheitlichen Plattform wie IBM Cloud Pak for Data, um die Datennutzung zu verbessern und bessere Entscheidungen zu treffen. Mit IBM Watson Studio fanden wir eine Lösung, um vertrauenswürdige KI in jeder Cloud aufzubauen und zu skalieren. Mit diesen Lösungen war es möglich, sowohl die Bereitstellung, das kontinuierliche Monitoring und das Re-Training zu gewährleisten als auch eine Vielzahl von deskriptiven, diagnostischen, beschreibenden und vorhersagenden Funktionen zu nutzen.
Zahlungseingänge genauer prognostizieren
Nun wurden die bisher verwendeten, festen Zahlungsziele in der Liquiditätsplanung durch die neuen Prognosen ersetzt. Alle relevanten Daten werden dafür in das Data Warehouse geladen und die Anwender können im eigens erstellten Dashboard die Prognosen über die erwarteten Zahlungseingänge ablesen. Gleichzeitig erlaubt das Dashboard, mehrere Berechnungsmodelle zu hinterlegen, um durch tiefergehende Analysen genauere Vorhersagen der Zahlungseingänge zu ermitteln.
Mit der nun einsatzfähigen ersten Version der neuen Liquiditätsplanung ist das Projekt aber noch nicht abgeschlossen: Wir haben auch getestet, wie das Modell mit IBM Cloud Pak for Data bereitgestellt und durch die Funktionen für vertrauenswürdige KI in IBM Watson Studio überwacht werden kann. Da die Prognosen nur für den Cash Forecast verwendet werden, war kein Realtime-Scoring erforderlich, sondern die Prognosen werden integriert in die nächtlichen ETL-Jobs.
Künftig gilt es, den Lebenszyklus des Modells kontinuierlich wieder zu durchlaufen: Das Modell wird auch in Zukunft mit aktuellen Daten weiter trainiert, die Genauigkeit getestet und weiterentwickelt. Mit den Funktionen für vertrauenswürdige KI in Watson Studio können Erklärbarkeit, Fairness, Qualität und Data Drift überprüft werden. Der Service überprüft also grundsätzlich, ob die neuen, aktuellen Daten von den vorher von uns eingelesenen Trainingsdaten abweichen. Jede Abweichung wird als Drift gekennzeichnet und ähnliche Abweichungen in Clustern zusammengefasst. Erkennt das System, dass die Berechnungen nicht mehr genau sind, werden wir direkt benachrichtigt und können unsere Berechnungen nachjustieren, um so immer genaue und passende Vorhersagen zu erhalten. Somit wird das neue Modell kontinuierlich weiterentwickelt, verbessert und angepasst, wenn Probleme auftauchen.
Mithilfe der KI-Lösungen von IBM lassen sich bereits jetzt detailliertere Vorhersagen treffen und somit eine effizientere Liquiditätsplanung aufsetzen.
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