Smart Farming in der Praxis Wie KI und IoT heute der Landwirtschaft helfen

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Auch in der Landwirtschaft sind Machine Learning und IoT schon lange angekommen, wie Umfragen deutlich machen. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Was wird landwirtschaftlichen Betrieben auf dem Markt bereits angeboten? Eine landwirtschaftliche Fachmesse wie die ExpoSE in Karlsruhe bietet spannende Einblicke, wie weit Smart Farming wirklich ist.

Digitalisierung kann die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft steigern – so die Theorie. Wie aber sieht es tatsächlich in den Bereichen IoT, Big Data und KI in der Landwirtschaft heute aus?
Digitalisierung kann die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft steigern – so die Theorie. Wie aber sieht es tatsächlich in den Bereichen IoT, Big Data und KI in der Landwirtschaft heute aus?
(Bild: © Belkin & Co - stock.adobe.com)

Eine „rasante Digitalisierung im Stall und auf dem Acker“ verkündete Bitkom Research bereits im Jahr 2016. Neun von zehn Befragten (88 Prozent) sagten damals, dass die Digitalisierung die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft erhöht. Beinahe ebenso viele (86 Prozent) sahen dank digitaler Technologien eine umweltschonende landwirtschaftliche Produktion, weil Sensoren exakt den Bedarf der Pflanzen ermitteln und deshalb Dünge- und Pflanzenbehandlungsmittel punktgenau ausgebracht werden können – nur dort, wo sie benötigt werden. Dank der Digitalisierung würde auch präziser und damit wassersparender bewässert. Drei Viertel (75 Prozent) der Befragten meinten, dass sie dank digitaler Technologien langfristig ihre Kosten senken können.

Auch im Jahr 2022 wurden wieder landwirtschaftliche Betriebe zum Stand der Digitalisierung befragt. Nun stimmen 92 Prozent der Aussage zu, dass digitale Technologien helfen, Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Ressourcen einzusparen. Aber nur noch 81 Prozent sind überzeugt: Die Digitalisierung ermöglicht eine umweltschonende landwirtschaftliche Produktion. Zudem sinkt der Anteil auf etwa zwei Drittel (63 Prozent), die betonen, dass die Höfe mithilfe der Digitalisierung langfristig ihre Kosten senken können.

So rasant wie gedacht hat sich Smart Farming dann doch nicht bewährt, wie es scheint. Wie aber sieht es in den Bereichen IoT, Big Data und KI in der Landwirtschaft aus?

KI gewinnt an Bedeutung bei knappen Ressourcen

Großes Potenzial wird besonders in Anwendungen für die teilflächenspezifische Ausbringung von Dünger (30 Prozent) und Pflanzenschutzmitteln (23 Prozent) gesehen, so die neue Bitkom-Umfrage: So werten etwa Algorithmen Satellitenbilder von Feldern aus, erstellen Ernteprognosen und berechnen den spezifischen Düngeraufwand, damit die Nährstoffe bei der Pflanze und nicht im Grundwasser ankommen. In anderen Fällen analysieren Sensoren mit Künstlicher Intelligenz Pflanzen auf dem Feld und können Unkraut von Nutzpflanzen unterscheiden. Eine großflächige Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln ist damit nicht mehr nötig.

Schon jeder siebte Betrieb (14 Prozent) hat demnach Künstliche Intelligenz oder die Verarbeitung großer Daten (Big Data) im Einsatz. „Landwirtschaftliche Produktionsprozesse sind von vielen Umwelt- und Klimafaktoren beeinflusst und haben immer mit Naturstoffen zu tun. Dies prädestiniert sie zum Einsatz digitaler Methoden auf der Basis von Künstlicher Intelligenz und Big Data“, hebt der Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) Prof. Dr. Till Meinel hervor.

„Die Landwirtschaft ist Vorreiter bei der Digitalisierung. Wichtig ist, dass die vorhandenen Möglichkeiten noch stärker genutzt werden“, betont Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder.

Da stellt sich die Frage, wie sieht Smart Farming in der Praxis aus, was wird bereits auf dem Markt verfügbar angeboten und ist über den Projektstatus hinaus? Hier bieten sich landwirtschaftliche Fachmessen wie die ExpoSE in Karlsruhe an, die interessante Beispiele für Lösungen auf dem Markt zeigen.

Auf KI basierendes Vorhersagemodell für die optimale Bewässerung

Weenat bietet auf Pflanzenkulturen angepasste präzise Lösungen in den Bereichen Meteorologie und Agronomie. Die digitale Wetterstation liefert in Echtzeit Informationen über meteorologische und agronomische Bedingungen des Anbaus.
Weenat bietet auf Pflanzenkulturen angepasste präzise Lösungen in den Bereichen Meteorologie und Agronomie. Die digitale Wetterstation liefert in Echtzeit Informationen über meteorologische und agronomische Bedingungen des Anbaus.
(Bild: Oliver Schonschek)

WEEDRIQ nutzt ein Lernmodell (Neuronen-Netz), das prognostiziert, wie sich das Wasserpotenzial des Bodens in den nächsten sieben Tagen entwickeln wird. Das Modell wurde in Rahmen einer CIFRE-Doktorarbeit in Zusammenarbeit mit der ULCO-Universität entwickelt und ist bereits einsatzfähig. Daten, die WEEDRIQ integriert, werden von verschiedenen Technologien erfasst: vernetzte Bodenfeuchtigkeitssensoren von WEENAT und meteorologische Daten von internationalen Institutionen.

Das WEEDRIQ-Modell wurde zwischen 2017 und 2020 entwickelt, und 2021 / 2022 mit über 2.500 Sensoren (ca. 250 Felder / 100 Landwirte) Feld-getestet. Zusätzlich wurde WEEDRIQ anhand von historischen Sensorendaten aus den Jahren 2017 bis 2021 kontrolliert.

Laut Hersteller sind die Ergebnisse folgendermaßen: 80 Prozent Zuverlässigkeit bei der Tag-+3-Vorhersage, 77 Prozent Zuverlässigkeit bei der Tag-+-7 Vorhersage (Erkennung einer Trockenlegung oder einer Befeuchtung des Bodens). Um die Genauigkeit von WEEDRIQ weiter zu erhöhen, haben die Forscherinnen und Forscher von WEENAT einen Algorithmus entwickelt, um eventuell problematische Daten vor dem Lernprozess zu eliminieren.

WEEDRIQ ist laut Anbieter für Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch und Schalotten einsatzfähig. Weitere Kulturen sind in der Entwicklung und werden bald verfügbar sein. Für WEEDRIQ installiert man einen oder mehrere vernetzte Bodenfeuchtigkeitssensoren direkt in der Parzelle, so der Anbieter. Das Modell wird täglich mit den Daten dieser im Feld installierten Sensoren neu kalibriert, um die Genauigkeit der Vorhersagen zu erhören.

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Intelligente Lösungen für teilflächenspezifische Bewirtschaftung

Die Landwirtschaft Digital 4.0 GmbH hat das Ziel, die Mitglieder und landwirtschaftlichen Kunden der ZG Raiffeisen eG auf dem Weg zum digitalen Betrieb zu unterstützen.
Die Landwirtschaft Digital 4.0 GmbH hat das Ziel, die Mitglieder und landwirtschaftlichen Kunden der ZG Raiffeisen eG auf dem Weg zum digitalen Betrieb zu unterstützen.
(Bild: Oliver Schonschek)

Der effiziente Einsatz der zur Verfügung stehenden Betriebsmittel wird immer wichtiger. Hier lohnt sich häufig eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung, so ZG Raiffeisen. Voraussetzung für eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung ist eine Bodenkartierung /-zonierung.

Werden Satellitendaten verwendet, messen diese die Biomasseverteilung auf dem Feld. Der Bereich wird so in unterschiedliche Zonen eingeteilt. Die Zonierung kann sowohl eine Momentaufnahme als auch eine Verschneidung der Ergebnisse mehrerer Jahre sein. Anhand der vorhandenen Daten wird eine Ertragspotenzialkarte erstellt. So können Zonen, die sich nur gering unterscheiden, auch zusammengelegt werden.

Gesundheitszustand des Anbaus und der Fahrzeuge

Next Farming bietet zum Beispiel in Zusammenarbeit mit xarvio einen Applikations-Timer, der tagesaktuell den Gesundheitszustand der Anbauten meldet. Zu den Funktionen gehören Risikoanalysen für Krankheits- bzw. Schädlingsrisiko auf gewählten Feldern und Handlungsempfehlungen für den zielgerichteten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

365FarmNet ist eine Software für eine automatisierte und vollständige Dokumentation auf dem Acker und im Stall.
365FarmNet ist eine Software für eine automatisierte und vollständige Dokumentation auf dem Acker und im Stall.
(Bild: Oliver Schonschek)

Die Software 365FarmNet hat zum Beispiel den Baustein CLAAS TELEMATICS, womit man die Aktivitäten der CLAAS TELEMATICS Maschinen im Blick hat, mit Echtzeitinformationen und Fahrtrouten direkt in der Hofkarte. Mit CLAAS TELEMATICS ausgestattete Maschinen übertragen bis zu 200 verschiedene Parameter per Mobilfunk an einen Zentralrechner.

Über laut Anbieter mehrfach gesicherte Server werden die Messwerte dann sofort dem Kundenrechner zur Verfügung gestellt. Dort kann man mit diesen Daten nicht nur Abläufe im landwirtschaftlichen Betrieb verfolgen und auswerten, sondern viele Prozesse direkt optimieren. Das geschieht dann zum Beispiel durch die Weitergabe von Empfehlungen zur Maschineneinstellung in der laufenden Ernte. Besonders nützlich ist die Auswertung von Daten mehrerer Jahre, weil damit Planungen für künftige Vorhaben und deren Arbeitsschritte eine bessere Grundlage erhalten, erklärt der Anbieter.

Gemeinsame Datennutzung für die Landwirtschaft

„My Fields, my rules, my data“ ist das Motto der Smart-Farming-Lösungen von farmunited.
„My Fields, my rules, my data“ ist das Motto der Smart-Farming-Lösungen von farmunited.
(Bild: Oliver Schonschek)

farmunited entwickelt am Standort in Friedrichshafen Technologien für die Landwirtschaft, darunter Sensor- und Steuerungstechnik, smarte Apps und eine IoT-Echtzeitplattform. Intelligente Komponenten, Echtzeitkarten und Planungsprozesse ermöglichen einen effizienten Pflanzenschutz und eine optimierte Bewässerung, so der Anbieter.

Aktuell entwickelt farmunited ergänzend dazu Sensorik- und Netzwerktechnologie, um jedem Landwirt einfach und kostengünstig Zugang zu wertvollen Umwelt- und Bodendaten zu verschaffen. Dabei werden Funk-, Blockchain-, Micro-Payment- und App-Technologien angewendet. Die Landwirte sollen zukünftig einfach über diese innovativen Netzwerke und Technologien kommunizieren und voneinander profitieren können, indem sie auf Wunsch ihre Daten anbieten und Micro-Payments dafür erteilen können.

Ob die eigenen Daten von den Sensoren auf den Feldern geteilt oder an Dritte (andere Landwirte) verkauft werden, entscheidet jeder Landwirt im Sinne der Datenhoheit selbst. Ein schönes Beispiel, wie Digitaltechnologien in die Landwirtschaft Einzug halten.

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