Kommentar von Sarah Lewandowski, Leadvise Reply So steigert Intelligent Process Automation die Effizienz

Von Sarah Lewandowski |

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Intelligente Prozess Automatisierung (IPA) ist die Verbindung von Automatisierungssoftware mit Künstlicher Intelligenz. Als Erweiterung der klassischen Robotic Process Automation (RPA) durch eine intelligente, kognitive Komponente ist IPA aktuell ein wichtiges Thema für Anbieter und Anwender. Machine-Learning-Komponenten und Künstliche Intelligenz erhöhen den Automatisierungsgrad und steigern die Effizienz vieler Projekte.

Die Autorin: Sarah Lewandowski ist Manager Leadvise Reply
Die Autorin: Sarah Lewandowski ist Manager Leadvise Reply
(Bild: www.mariodrescher.de)

Bisher konnten nur Prozesse mit strukturierten Daten durch den Einsatz von RPA automatisiert werden. Intelligente Prozessautomatisierung kann auch gescannte Dokumente, unstrukturierte Texte, Bilder oder Videos automatisiert bearbeiten. Das Eingreifen eines Menschen ist hierbei nicht mehr notwendig. Darüber hinaus kann der Entscheidungsprozess komplexer gestaltet sein als bei einem normalen RPA-Prozess. Ein Entscheidungsprozess kann hier beispielsweise sein, an welche Abteilung eine Rechnung zur Freigabe weitergeleitet wird. Für diese Entscheidungen kann es zuvor definierte Kriterien oder mehrere Faktoren geben, die voneinander abhängen. Ist dieser Entscheidungsprozess komplex oder basiert auf unstrukturierten Daten wie Fotos oder eingescannten PDFs, so kann dieser nicht mehr mithilfe von RPA ausgeführt werden.

Welche Startschwierigkeiten und Herausforderungen bringt ein IPA-Projekt mit sich, auch im Unterschied zu anderen Automatisierungsprojekten wie RPA? Verschiedenen Studien zufolge gehen nur ein Bruchteil aller Projekte mit Künstlicher Intelligenz (KI) in den Live-Betrieb. Auch bei IPA-Projekten liegt die Anzahl der Prozesse, die der Produktion übergeben werden, deutlich unterhalb von 50 Prozent. Das heißt, mehr als die Hälfte aller Projekte verbleiben in der Testumgebung und gehen aus verschiedenen Gründen nicht in den produktiven Betrieb: Offenbar mangelt es in den Unternehmen zum Teil an Wissen und dem Bewusstsein für die Besonderheiten von IPA-Projekten.

Weshalb ist IPA aktuell gefragt?

Im Zuge der COVID-19-Krise gewinnt IPA weiter an Bedeutung. Unternehmen, die Kernprozesse und geschäftskritische Prozesse automatisieren, können mithilfe von IPA sicherstellen, dass diese auch in einer Krisensituation weiter ausgeführt werden. Viele Prozesse erfordern mehr Wissen und Intelligenz als mit RPA abzubilden ist. Der Schritt zum Einsatz von IPA kann hier Abhilfe schaffen. Mithilfe automatisierter Datenerhebung und -verarbeitung können Unternehmen auch in Krisenzeiten Szenario-Bewertungen vornehmen und flexibler durch die Krise steuern. IPA führt auch automatisierte Buchungen, Lieferketten und Bestellungen durch und wirkt so Unterbrechungen im Betrieb entgegen. Supply-Chain-Prozesse werden automatisiert gesteuert, sodass rechtzeitig vor etwaigen Engpässen in Lagerbeständen gewarnt wird und Produktionsstillstände vermieden werden.

In der Erholungsphase nach der Krise kann die verstärkte Nachfrage durch den Einsatz von IPA leichter befriedigt werden. Insbesondere Backoffice-Prozesse können skaliert werden, ohne die Fixkosten zu erhöhen. Sollte das Volumen in einem durch IPA automatisierten Prozess signifikant weiter ansteigen, lässt es sich durch eine einfache Duplizierung des Software-Roboters skalieren. Der Softwareanbieter kann diesen per Knopfdruck installieren. Der Vorteil: Unterschiedliche Szenarien können in kürzester Zeit simuliert werden, um auf eine sich schnell ändernde Umwelt zu reagieren. So können Entscheidungen datenbasiert getroffen und die automatisierten Prozesse entsprechend darauf angepasst werden.

Wann ist der Einsatz von IPA sinnvoll und was sind die Vorteile?

Den größten Return on Investment (ROI) hat eine Automatisierung bei Prozessen mit einem hohen Volumen. Ein hohes Volumen bedeutet, dass ein Prozess häufig ausgeführt wird oder dass es sich um einen zeitintensiven Prozess handelt. Welche Prozesse am sinnvollsten und vorrangig zu automatisieren sind, hängt von der Situation im individuellen Unternehmen ab. Dabei sind auch Nebenfolgen in Betracht zu ziehen. Die Automatisierung von Bestellungen aufgrund von Lagerbeständen erlaubt mittelfristig durch Machine Learning auch Bedarfsprognosen, die helfen Lagerhaltungskosten weiter zu optimieren.

Neben hohen Volumina kann die Kritikalität eines Prozesses für das Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung spielen, ob ein Prozess automatisiert wird oder nicht. Ein Prozess, der nur wenige Male im Jahr ausgeführt wird, bei dem ein kleiner Fehler allerdings große monetäre Auswirkungen hat, bietet sich trotz des geringen Volumens für eine Automatisierung an. In diesem Fall kann der ROI etwa basierend auf der Vermeidung von Strafzahlungen kalkuliert werden. Die Überwachung und Verbuchung von Fremdwährungsrisiken, die automatisierte Überwachung im Financial-Fraud-Bereich oder die automatisierte Optimierung von Preiskalkulationen haben ebenfalls eine hohe strategische Relevanz.

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Automatisierung interner und externer Ticketing-Systeme erhöht die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern durch schnellere und zuverlässigere Bearbeitung im Kundenservice oder auch des IT-Helpdesks. Diese Beispiele zeigen, wie IPA Unternehmen hilft, das Geschäftsrisiko zu reduzieren, den Absatz zu erhöhen und allgemein effizienter zu werden.

Wie können Unternehmen mit IPA starten?

Startschwierigkeiten können darin bestehen, dass sich Entscheider wie Anwender in Unternehmen aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten überfordert fühlen und nicht wissen, an welcher Stelle sie starten. Hier ist hilfreich, mit kleinen Projekten zu beginnen. Zunächst gilt es zu überprüfen, ob es innerhalb der eigenen Firma bereits Abteilungen gibt, die sich mit einem ähnlichen Problem auseinandergesetzt haben, um von diesen Erfahrungen zu lernen. So kann eine Abteilung, die sich mit der Zulassung von Chemieprodukten beschäftigt, hervorragend von einer Finanzabteilung lernen, auch wenn sich die fachliche Herausforderung unterscheidet. Darüber hinaus ist es wichtig, bei diesem Thema einen kompetenten Partner an der Seite zu haben, der auf der Reise mit IPA unterstützt. Das Vernetzen mit weiteren Kunden des Partners ist erkenntnisreich, da auch hier ein Pharmakonzern von einer Bank lernen kann. Generell gilt bei dieser Thematik, mit kleineren Teilen eines Prozesses zu beginnen, um erste Erfahrungen mit IPA zu sammeln und Möglichkeiten besser einzuschätzen. Der Erfahrungstransfer untereinander kann hier einen enormen Mehrwert bringen.

Aus unserer Erfahrung hat sich bewährt, zunächst eine kleine Taskforce zu bilden, die mit einem Teilprozess startet. Nach einem geglückten ersten Projekt kann diese Taskforce das Wissen unternehmensintern teilen. Dieses Erfolgsprojekt fungiert als Leuchtturmprojekt für IPA im gesamten Unternehmen, um weitere Möglichkeiten zu identifizieren und Projekte auszurollen.

Was ist auf dem Weg von RPA zu IPA wichtig?

Beim Übergang von der robotergestützten Prozessautomatisierung zur intelligenten Prozessautomatisierung sind Unternehmen mit zum Teil grundlegenden Veränderungen in den drei Bereichen Business, IT und Betrieb konfrontiert. Insbesondere menschliche Faktoren dürfen in diesen Projekten nicht unterschätzt werden.

Der Bereich „Business“ verfolgt wichtige Ziele wie zum Beispiel die Berechnung der Zeitersparnis durch Automatisierung sich wiederholender manueller Tätigkeiten, die Qualitätssteigerung, die zu einer höheren Kunden- und/oder Mitarbeiterzufriedenheit führt, die Einhaltung regulatorischer Vorschriften sowie kritische Prozesse robuster zu machen. Für diese Punkte sollte es ein definiertes Vorgehen geben, um sie in einen ROI für die Bewertung von Usecases einfließen zu lassen. Dabei ist das strukturelle Setup innerhalb der Firma wichtig. Das Center of Excellence (CoE) ist die Abteilung, die die Spezialisten einer zentralisierten RPA-Software zur Verfügung stellt. So sollte ein bestehendes CoE, das sich mit dem Thema Automatisierung beschäftigt, auch künftig um Intelligente Prozessautomatisierung kümmern.

Einige Teile des RPA-CoE können unverändert wiederverwendet, andere müssen auf ihre Anwendbarkeit bezüglich IPA überprüft und angepasst werden. Die Infrastruktur sowie die Go-Live-Kriterien müssen sehr wahrscheinlich an IPA angepasst werden. Weitere zum Setup nötige Kriterien sind zu berücksichtigen. So könnten dem bereits bestehenden Technologie-Stack des CoE neue Anbieter, Werkzeuge und Technologien hinzugefügt werden, um die bestehenden RPA-Funktionalitäten durch KI zu erweitern.

Der Faktor Mensch und Wissen über IPA als Erfolgsfaktor

Für den Bereich „IT“ muss der technische Aufbau validiert und für die zukünftige Vision des CoE vorbereitet werden. Werden beispielsweise weitere Technologien eingesetzt, könnte der gegenwärtige Aufbau nochmals validiert werden, da die Konnektivität von neuen Technologien beispielsweise in einer Cloud-Umgebung teilweise einfacher und kostengünstiger umgesetzt werden kann. Wenn diese Punkte von Anfang an berücksichtigt werden, spart dies Zeit und Geld, da eine Grundlage für ein einheitliches Vorgehen gelegt ist.

Der dritte Bereich „Operations“ muss ebenfalls an verschiedenen Punkten an die neuen Anforderungen, die durch IPA entstehen, angepasst werden. Anforderungen können auch neue Service Level Agreements oder neue Auditanforderungen mit sich bringen, die es zu überprüfen gilt. Auch das Desaster-Recovery-Konzept sollte entsprechend der neuen IPA-Cases angepasst werden, um auch automatisierte geschäftskritische Prozesse abgesichert zu wissen.

Ein kritischer Erfolgsfaktor bei IPA-Projekten ist die Definition von Go-Live-Kriterien. Damit sie die Kriterien gemeint, die in einem Prototypen erreicht werden müssen, damit dieser auch wirklich in die Produktion übernommen wird. Diese beinhalten mindestens einen der drei KI-Bewertungskriterien, bestehend aus Accuracy, Precision und Recall. Um diese zu verstehen, sollten nicht nur die Anwender von IPA, sondern auch die Entscheidungsträger ein Mindestmaß an Wissen zum Thema IPA haben, um die Kriterien festlegen zu können. Wir sehen häufig in Unternehmen, dass diese Kriterien vor dem Start des Projekts nicht feststehen und es in der Folge nicht zum Go-Live kommt, da die Erwartungshaltung der Entscheidungsträger bezüglich IPA die Gleiche ist wie gegenüber RPA. So handelt der IPA-Bot nicht in 100 Prozent der Fälle exakt so, wie man es von einem menschlichen Kollegen erwarten würde. Daher müssen die menschlichen Nutzer lernen, wie der Roboter die Anforderungen in der Realität konkret umsetzt. Für das Gelingen von IPA-Projekten sind sowohl die technischen Anforderungen als auch das Changemanagement entscheidend.

So sind Unternehmen gut darauf vorbereitet, mit einem gut ausgewählten Prozess zu beginnen und diesen in den Produktionsbetrieb zu überführen. Automatisierungsprojekte, die nicht den Support durch die menschlichen Akteure finden, sind in der Regel früh zum Scheitern verurteilt. Die menschliche Komponente bleibt jedoch letztlich der entscheidende Erfolgsfaktor, da Automatisierung nur gelingt, wenn sie von Menschen getragen wird.

Über Leadvise Reply


Leadvise Reply ist spezialisiert auf Managementberatung für die Herausforderungen der Digitalisierung mit einem Schwerpunkt auf Branchen wie Telekommunikation, Chemie, Pharma oder das Banken- und Börsenumfeld. Leadvise Reply unterstützt Unternehmen in Digitalisierungs-, Organisations- und Umsetzungsprojekten unter Einsatz fortschrittlicher Technologien wie Robotic Process Automation, intelligenter Prozessautomatisierung, Process Mining oder Kognitiver Assistenten. Der Fokus liegt dabei auf einer ganzheitlichen End-2-End Prozess-Transformation und schließt Strategie, Geschäftsmodellentwicklung sowie Roll-Out-Management ein.

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