Kommentar von Franz Renger, Kratzer Automation So lassen sich Big-Data-Lösungen in der Logistik erfolgreich einführen
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Die Logistik steht für eine Branche, in der in Verbindung mit Big Data immense Potenziale stecken. Jedoch greifen bislang nicht alle Transportunternehmen auf diese Möglichkeiten zurück. Oft liegt das an der Furcht vor IT-Problemen bei der Einführung neuer Software. Ist die Sorge begründet?

Sowohl auf ökonomischer Ebene als auch im gesellschaftlichen Kontext ist Big Data von immer höherer Bedeutung. Dass eine fundierte Evaluation von Daten aus unterschiedlichen Quellen dabei helfen kann, Entwicklungen besser zu bewerten und damit Rückschlüsse für die Zukunft zu ziehen, ist inzwischen überall angekommen. Unternehmen profitieren in vielen Bereichen – zum Beispiel, um effizienter zu agieren oder um Kundenwünsche besser zu bedienen. In der Folge setzen immer mehr Firmen darauf, Daten nutzbar zu machen.
Das zeigt sich auch an der Statistik: So soll das Volumen der jährlich von Unternehmen generierten Datenmenge laut der Marktbeobachtung International Data Corporation (IDC) bis 2025 auf 175 Zettabyte steigen. Das bedeutet ein Wachstum von rund 530 Prozent innerhalb von sieben Jahren.
Gerade für die Logistikbranche resultiert aus Datenanalysen und den daraus folgenden möglichen Maßnahmen ein großes Potenzial. So entstehen im Zusammenhang mit der Lieferkette zahlreiche Daten, die wertvolle Einsichten in die Supply Chain erlauben. Dazu gehören zum Beispiel die Fragen:
- Ist Transparenz über die Standorte aller Waren im Lager vorhanden?
- Sind im Lager Engpässe festzustellen, durch die Waren verzögert kommissioniert werden?
- Wo geht überdurchschnittlich viel Zeit verloren – bei der Beladung oder auf der Straße?
- Welche Fahrzeuge sind nicht ausgelastet, auf welchen Routen gibt es Leerfahrten?
- Sind Unregelmäßigkeiten auf der Fahrt festzustellen, die mit Ladungsdiebstahl in Verbindung gebracht werden können?
Die genau auf die relevanten Fragestellungen zugeschnittenen Zahlen, auch als Smart Data zu bezeichnen, helfen viele Vorgänge während des Transports zu verbessern – etwa die Routenplanung, Beladungsprozesse, Ladezeiten oder die Bündelung von Sendungen. Die daraus resultierenden Vorteile haben die Verantwortlichen vieler Transportunternehmen klar erkannt. Klar ist auch, was es dafür braucht: Transport-Management-Lösungen mit integrierten Data Analytics Tools. Legacy-Systeme haben solche Module selten an Bord. Auch aus anderen Gründen werden sie heutigen Anforderungen oft nicht mehr gerecht. Dennoch bleiben Logistikunternehmen häufig ihren vorhandenen Systemen treu – meist vor dem Hintergrund, dass die Einführung einer neuen Software als eine große Herausforderung erscheint. IT-Entscheider befürchten beispielsweise folgende Probleme:
- Funktionalität: Mitunter stellen die Anwender nach Implementierung einer neuen Softwarelösung fest, dass diese nicht das hält, was sie vorher versprochen hat. Wenn wichtige Anforderungen nicht erfüllt sind und elementare Funktionen fehlen, steht der Erfolg des gesamten Projekts infrage. Auch die Unterstützung durch die User geht dann verloren.
- Störungen: Partielle Funktionsausfälle und Sicherheits-Probleme können nach dem Launch zu den Kinderkrankheiten neuer Software-Lösungen gehören.
- Kompatibilität: Eingriffe in eine vorhandene Softwarelandschaft können die Kompatibilität zwischen Tools einschränken. Damit steht auch die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen infrage. Sind zum Beispiel Daten zwischen Transport Management System (TMS) und Enterprise-Resource-Planning-Modulen (EPR) nicht synchronisierbar, ist die Operabilität gefährdet.
- Datenmigration: Der Transfer von Daten zwischen altem und neuem System kann zum Problem werden, sofern Schnittstellen fehlen. Denn eine manuelle Synchronisation ist meist eine Mammutaufgabe. Unterschiedliche Anwendungen und Datensilos verschiedener Fachabteilungen verschärfen dies.
- Anwendung: Auch das beste System ist nichts wert, wenn es falsch bedient wird. So führen mangelnde Anwenderschulungen dazu, dass Potenziale nicht ausgeschöpft werden. Oft bleibt es dabei jedoch nicht: Im Zweifel sind User mit der Bedienung überfordert, sodass elementare Prozesse ins Stocken geraten.
- Mangelnde Akzeptanz: Änderungen in etablierten Prozessen werden nicht immer von allen Beteiligten angenommen. Dies stellt eine klassische Stolperfalle dar, die zum Scheitern von IT-Projekten führen kann. Oft reicht die Ablehnung über Positionen und Hierarchieebenen hinweg.
Die gute Botschaft dabei: Gegenüber allen potenziellen Problemen lässt es sich vorbeugen. Notwendig ist dafür ein Paket aus aufeinander abgestimmten Maßnahmen. Dies umfasst mehrere Schritte, die zum Teil parallel ablaufen und miteinander zu kombinieren sind:
1. Ziele und Anforderungen bis ins Detail festlegen
Dass die Definition von Zielen und Anforderungen die wichtigste Grundlage für erfolgreiche Projekte darstellt, klingt banal. Und ist doch häufig ein neuralgischer Punkt. Denn oft ist nicht genau genug festgelegt und verstanden, welcher Mehrwert mit einer neuen Lösung zu schaffen ist. Der Teufel steckt im Detail – folglich sollten die Projektverantwortlichen ihre Ziele gemeinsam mit sämtlichen Beteiligten auf allen Ebenen bereits in einer frühen Phase bestimmen und feinjustieren. Wenn alle gemeinsam entsprechenden Prozesse definieren und ein übergreifendes Verständnis für die Projektziele geschaffen wird, resultiert daraus ein Maximum an Akzeptanz.
2. Kosten und personelle Ressourcen bestimmen
Die Frage, welche Budgets für die langfristige Zielerreichung zur Verfügung stehen, ist ein Knackpunkt für jedes IT-Projekt. Dass der Einkauf ein entscheidendes Wörtchen mitzureden hat, ist heute selbstverständlich. Die Fachabteilung sollte darauf achten, dass die Kollegen aus dem Procurement ein umfassendes Bild haben und nicht nur auf die absoluten Kosten achten, sondern sich auf den Return on Investment (ROI) fokussieren. Denn wenn schon nach kurzer Zeit eine Nachfolgelösung ansteht, weil die eingeführte Software dem Bedarf doch nicht entspricht, steigen die Kosten wesentlich schneller. Besser ist es, wenn die Budgets gleich im ersten Schritt den Anforderungen entsprechen. Im Blick zu behalten sind über die Einführung hinaus insbesondere die Kosten im Sinne eines Tota-Cost-of-Ownership-Ansatzes.
3. Analyse der aktuellen IT-Landschaft
Die Integration in die bestehende IT-Landschaft ist elementar, um die Möglichkeiten neuer Technologie auszuschöpfen. Dafür sind aktuelle Technologien und vorhandene Schnittstellen zu analysieren und zu bewerten. Insbesondere stellt sich die Frage nach einzubindenden Anwendungen – etwa ERP-Systeme oder Datenbanken.
4. Projekt planen und Rollen klären
Bevor das IT-Projekt beginnt, sind die Rollen aller Beteiligten zu klären. Besonders wichtig sind dabei interne Führungskräfte und externe Berater. Ein mehrstufiger Plan mit Zeitübersicht und Zwischenzielen ist wichtig, bevor die Implementierung startet. Dazu gehört auch eine etwaige Datenmigration. In der Regel ist zu empfehlen, über einen gewissen Zeitraum zwei Systeme parallel laufen zu lassen. So sind Sicherheit und Stabilität gewährleistet.
5. Testing und Pilotphase
Tests erfolgen nicht erst nach Abschluss aller Entwicklungsschritte. Vielmehr prüfen die Entwickler mit Implementierung, Anpassung oder Konfiguration jedes einzelnen Moduls, ob dies wie geplant funktioniert. Dies sollte schon frühzeitig geschehen, um etwaige Probleme rechtzeitig aufzudecken. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Integration der einzelnen Bausteine in die IT-Umgebung zu achten. Vor dem „Go Live“ folgt die obligatorische Pilotphase. Startprobleme sind zu beheben, damit das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann. Auch Tests auf etwaige Sicherheitsprobleme sind notwendig, um Risiken durch Hacks zu minimieren.
6. Betriebsphase
Während des Betriebs ist es notwendig, die Servicefähigkeit der Lösung zu überprüfen und zu optimieren. Dies gilt auch für die Updatepolitik sowie für eine Erweiterbarkeit und Stabilität des Systems, die adäquat gewährleistet werden müssen. Das System ist laufend weiter auf den Anwendungsfall und die Nutzer zuzuschneiden – etwa im Hinblick auf die Bereitstellung von Modulen oder mobilen Apps.
7. Schulungen und Trainings
Um das Potenzial der neuen Lösung voll auszuschöpfen und einen reibungslosen Betrieb in allen Gliedern der Prozesskette zu gewährleisten, sind Anwenderschulungen elementar. So helfen Schulungssysteme wie Train-the-Trainer-Konzepte oder auf die Softwarelösung zugeschnittene Trainingsmodi, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ihre neuen Rollen und Aufgaben ausfüllen können. Trainingspläne sollten zugeschnitten sein auf Fähigkeiten, Leistungsstand und Potenziale der Mitarbeiter. Vor-Ort-Schulungen können durch E-Learning-Module ergänzt oder sogar ersetzt werden.
8. Kommunikation als Erfolgsgrundlage
Maßgeblich entscheidend für die erfolgreiche Einführung neuer Technologie ist die Unterstützung aller Beteiligten für das Vorhaben. Dazu gehören neben Anwendern auch weitere interne Akteure – ebenso wie Kunden und Partnern, sofern sich für sie etwas ändert. Offene Kommunikation und eine geregelte Mitsprache sind von hoher Bedeutung, um möglicher Ablehnung entgegenzuwirken und stattdessen Vertrauen zu schaffen. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn gut vernetzte Ansprechpartner und Multiplikatoren unter Kollegen oder auf Kundenseite den Mehrwert des Projekts vermitteln.
Zusammenfassung
Für die erfolgreiche Einführung neuer Transport-Management-Lösungen ist ein interdisziplinärer und bereichsübergreifender Prozess mit einer klaren Struktur erforderlich. Auf diese Weise implementieren Transportunternehmen neue Softwarelösungen mit integrierten Big-Data-Analytics-Modulen in klar definierten Schritten. Unter dem Strich profitieren sie durch höhere Effizienz, bessere Performance und somit eine höhere Kundenzufriedenheit.
Um Problemen bei der Implementierung vorzubeugen und eine smarte Einführung zu garantieren, ist es notwendig, eine Reihe von Risiken zu beachten und ihnen entgegenzusteuern. Während des Betriebs sind Punkte wie die Servicefähigkeit der Lösung, eine intelligente Updatepolitik sowie die Erweiterbarkeit und Stabilität des Systems zu gewährleisten.
Projektkommunikation ist wichtig, um die Beteiligten von Anfang an vom Mehrwert der neuen Software zu überzeugen und auf deren Unterstützung zählen zu können. Ebenso gilt es, die User im Rahmen von Trainings auf den Einsatz der neuen Software vorzubereiten. Wenn Unternehmen diese Schritte konsequent durchlaufen, steht der erfolgreichen Einführung von neuen Lösungen nichts im Wege – und die Logistik profitiert von integrierten Big Data Tools.
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