Kommentar von Ibrahim Mazari, Dimedis So beflügelt Big Data das Messegeschäft
Die digitale Transformation macht auch vor Messen und Ausstellern nicht halt. Die Messen reagieren und nutzen etwa in der Kommunikation bereits Technologien wie Blogs, Social Media, Apps, analoge und digitale Screens. Und sie haben das Besuchermanagement digitalisiert und sammeln so immens viele Daten.
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Daten auszuwerten und zu visualisieren, das ist die Aufgabe der sogenannten Business Intelligence (BI), um so Erkenntnisse zu gewinnen, die Unternehmen bei operativen und strategischen Entscheidungen unterstützen sollen. Mit BI sind Messen in der Lage, wirtschaftliche und messespezifische Fragen zu beantworten, indem sie Messedaten systematisch verknüpfen, auswerten und darstellen. Kennzahlen und Auswertungen zu spezifischen Zeitpunkten vor, während und nach einer Messe unterstützen in Kombination mit Soll-Ist-Vergleichen das Management dabei, bessere operative oder strategische Entscheidungen zu treffen.
Messen sammeln bereits Millionen Daten
Messen besitzen unglaublich viele Daten, die man als kaum gehobenen Schatz betrachten kann. Daher sind Messen prädestiniert für Big-Data-Analysen und können davon profitieren, um ihr Geschäft besser zu planen. Die Daten kommen etwa aus der Registrierung der Besucher, aus Shopdaten, Zutritten und Austritten, No-Show-Rate, soziodemografischen Strukturfragen (Position, Unternehmensgröße, Branchenbezug, Interessen), Ticketumsätzen, Supportanfragen.
Auf der Messe selbst generieren die Besucher Daten. Bewegungsdaten liegen anonymisiert und datenschutzkonform vor, nicht nur durch die akkurate Zählung je Eingang und Zutritt, sondern auch durch Heatmaps im Gelände. Darüber hinaus erfassen Messen auch Daten von Ausstellern und können so Matchmaking zwischen Ausstellern und Besuchern anbieten.
Diese Daten kann man umfassender nutzen, etwa indem man als Messegesellschaft nach Korrelationen sucht. So ließe sich anhand der anonymisierten Besucherbewegungen analysieren, wie wahrscheinlich welche Aussteller noch besucht werden. Ticket- und Besucherdaten lassen sich verknüpfen und für Prognosen nutzen. Zukünftig ließen sich mit Predictive Analytics mögliche Branchenentwicklungen antizipieren.
Spannende Fragestellungen
Daraus ergeben sich spannende Fragestellungen. Etwa danach, wie Messen Besucherprofile über einzelne Messeveranstaltungen und über diverse Messestandorte hinaus erstellen können. Dazu müsste der Datenpool über mehrere Messekunden zusammengeführt werden. So könnten Messen viel besser neue und unerwartete Zielgruppen für einzelne Veranstaltungen identifizieren und ein besseres Crossmarketing machen. Man muss dafür das Besuchermuster des einzelnen Profils datenschutzgerecht erfassen – wie regelmäßig besucht eine Person eine Messe im Laufe der Jahre? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Besuch einer Messe und einer anderen völlig branchenfremden? Gibt es eine Verknüpfung zwischen dem Zeitpunkt des Ticketkaufs oder dem Herkunftsland und der Wahrscheinlichkeit, dass Messebesucher nicht erscheinen? Alle diese Daten lassen sich auf Dashboards mit Reportings zusammentragen, im Umfeld von Business Intelligence spricht man von den zentralen KPIs.
Welche Vorteile bietet Big Data für Messen?
Das Messegeschäft befindet sich im Wandel. Der Verkauf von Fläche an Ausstellern als zentrales Geschäftsmodell wird erweitert und durch veränderte Ansprüche der Aussteller herausgefordert. Es geht den Ausstellern um Matchmaking, die Messe ist Dank der Digitalisierung und der verfügbaren Daten in Zukunft Vermittler von Kontakten und Trends und unterstützt das Marketing der Aussteller.
Big Data bietet den Messen weitere praktische Vorteile:
- Bessere Planung der Kassenkräfte vor Ort (indem man die Gerätestatistiken live auswertet).
- Auslastung der Hallen durch live Daten der Ein- und Austritte.
- Anonymisierte und datenschutzkonforme Bewegungsprofile
So können Messen agiler vorgehen und ihre Ressourcen besser planen. Mithilfe der Daten lassen sich aber auch Prognosen ableiten:
- Frühzeitiges Erkennen von Veränderungen in der Besucherstruktur.
- Entdeckung neuer Muster und Zusammenhänge in Daten (Data Mining). Zum Beispiel: Welche Aussteller müssen auf der Messe sein, um mehr Besucher zu bekommen? Welche Marktteilnehmer sollten identifiziert werden, die besonders viele Interessenten anlocken? Damit lassen sich Netzwerkeffekte erzielen, indem man die richtige Kombination an diversen Ausstellern bietet.
- Welche Zielgruppen kommen vermehrt? An welchen Tagen? So kann die Messe ihr Rahmenprogramm (Konferenzen, spezielle Rundgänge, Meetings mit VIP-Einkäufern) viel besser ausrichten.
- Voraussagen über Ticketeinnahmen.
- Prognosen über das Ausstellerverhalten.
- Besseres Matchmaking zwischen Angebot (Aussteller) und Nachfrage (Besucher).
- Zukunftsvision: Besserer Überblick, wie sich der Markt in einer Branche entwickelt (Vorhersagen auf der Grundlage der bisherigen Daten).
Wie umsetzen?
Wie in jeder anderen Branche stehen auch Messen bei der Nutzung von Daten und ihre Auswertung vor typischen Herausforderungen. Zunächst stammen die Daten aus unterschiedlichen Quellen und müssen zusammengeführt werden. Es gibt Daten vom Einlass, aus den Ticketshops, Zutritte, Supportanfragen, Telefonate, Reaktionen auf Newsletter, Aktivität auf Messewebseiten und vom Leadtracking. Alle diese Daten benötigen einen gemeinsamen Schlüssel (ID-Bezug des Tickets zum Beispiel und entsprechender Profilbezug), um die unterschiedlichen Daten zu verknüpfen und beinahe in Echtzeit zu korrelieren.
Bevor man als Messegesellschaft seine Daten auswertet, sollte man sich beraten lassen, um sinnvolle Fragestellungen zu erarbeiten. Es sollten Experten der Datenanalyse mit einem tiefen Verständnis der Branche an Bord geholt werden.
Um die umfassenden und unterschiedlichen Daten zu analysieren, ist es technisch erforderlich, Schnittstellen zu Analysewerkzeugen wie Google Analytics zu bauen, in denen Daten erfasst werden, wie die Reaktionen auf Newsletter und Besuche der Webseiten. Diese Daten werden verknüpft mit dem Gesamtsystem für das Ticketing und das Besuchermanagement und ggf. ergänzt um Daten aus Supportanfragen.
Fazit
Messen besitzen einen großartigen Datenschatz, den es zu nutzen gilt. So lassen sich nicht nur einzelne Messeveranstaltungen optimieren, sondern viele neue Erkenntnisse gewinnen:
- Branchenbarometer zu sein.
- Das Geschäftsmodell datenbasiert zu erweitern.
- Die zentrale Plattform für ein datengetriebenes Matchmaking zwischen Angebot und Nachfrage zu werden
* Ibrahim Mazari ist Soziologe und Psychologe und ist als PR-Berater mit Schwerpunkt Digitales für das Kölner Unternehmen Dimedis tätig. Das 1996 in Köln gegründete Software-Unternehmen entwickelt webbasierte Softwarelösungen. Schwerpunkte sind Digital Signage, digitale Wegeleitung sowie Besucher- und Einlassmanagement von Messen und Events.
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