Lokale GPU-Hersteller im Aufwind Rückschlag für Chinas KI-Ambitionen, ohne Grafik-Chips von Nvidia

Von Henrik Bork

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Washingtons jüngste Breitseite im Technologie-Krieg mit China – ein Verbot von fortgeschrittenen GPU-Chips – könnte Chinas Ambitionen auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz bremsen, sagen Analysten. In China selbst gibt es allerdings auch Jubel unter heimischen GPU-Start-ups, die nun ihre große Stunde gekommen sehen.

Das NVIDIA Endeavor-Gebäude in Santa Clara, Kalifornien.
Das NVIDIA Endeavor-Gebäude in Santa Clara, Kalifornien.
(Bild: NVIDIA)

Die US-Regierung hatte am 26. August den Chiphersteller Nvidia darüber informiert, dass er ab sofort Lizenzen für den Export seines A100-Grafikchips und ähnlich leistungsstarker Modelle nach China, Hongkong und Russland beantragen müsse. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass solche Lizenzen dann nicht erteilt werden.

Nvidia hat dazu erklärt, dass es durch die neuen Regeln allein in China Chips im Wert von 400 Millionen US-Dollar weniger verkaufen wird. Inzwischen ist bekannt geworden, dass auch AMD eine ähnliche Benachrichtigung von der US-Regierung zugestellt worden ist.

Die USA zielten mit den Restriktionen, die auf ein Exportverbot für die leistungsstärksten Grafikchips hinauslaufen, die momentan auf dem Markt zu haben sind, „auf eine Behinderung der fortgeschrittenen Rechenfähigkeiten Chinas, inklusive des Supercomputing und Smart Computing, sagte Zhu Jing von der „Beijing Semiconductor Industry Association“ gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Jingji Guancha Bao.

Offiziell hat Washington den Schritt – eine von vielen Export-Restriktionen für Chips und verwandte Hard- und Software – mit dem möglichen Einsatz der GPU-Chips für Rüstungsprogramme der chinesischen Volksbefreiungsarmee begründet.

Zu den Zielen der neuen Exportverbote gehören sicherlich eine Reihe von militärischen und auch zivilen Forschungslaboren mit Regierungsnähe. Schwer getroffen werden aber auch eine Reihe von chinesischen Tech-Konzernen, die für ihre fortgeschrittenen KI-Programme, für ihre Forschung & Entwicklung und für ihre Datenzentren bislang mit Chips von Nvidia gearbeitet haben.

Keine Chips für Alibaba, Tencent und Co.

Zu den Kunden von Nvidia, die nun plötzlich von der neuesten Generation seiner Chips ausgeschlossen sind, gehören unter anderem die chinesischen Internet-Konzerne Alibaba, Tencent und Baidu. Aber auch weniger bekannte Cloud-Anbieter wie Inspur oder der Elektronikhersteller Lenovo, ferner E-Auto-Startups wie NIO oder Xpeng und ihre Entwicklungspläne von Algorithmen für das autonome Fahren sind betroffen.

Das chinesische Handelsministerium reagierte mit der Stellungnahme, dieser Schritt der USA „beschädige die Interessen sowohl chinesischer wie amerikanischer Unternehmen“. Die USA sollten die Unternehmen aller Länder fair behandeln, forderte das Ministerium.

Der A100-GPU-Chip von Nvidia, erstmals vor zwei Jahren vorgestellt, ist mit seiner Fähigkeit, viele Berechnungen parallel auszuführen, bei allen Anwendern beliebt, die extrem große Datenmengen verarbeiten müssen. Der Chip ist auch besonders gut für neuronale Netzwerke und ähnliche Rechenmodelle mit großen Datenvolumen geeignet.

Auch die gerade noch in Entwicklung befindliche neue H100-Serie von Grafikchips und -karten von Nvidia sind von dem Exportbann betroffen, ebenso wie alle Chips und Systeme mit ähnlicher Rechenleistung, wie etwa DGX und andere Systeme, die den A100, A100X oder H100 nutzen.

Sanktionen könnten chinesische Entwicklung beschleunigen

Chinas Regierung hat die Künstliche Intelligenz zu einer nationalen Priorität ernannt. Große heimische Konzerne errichten gerade viele große Datenzentren. Alibaba, einer der größten Cloud- und Plattformbetreiber in der Volksrepublik, setzte in seinen Datenzentren den A100-Chip von Nvidia unter anderem für das Training von KI-Algorithmen und andere Hochleistungs-Rechenaufgaben ein.

Viele neue KI-Anwendungen in Bereichen wie der medizinischen Forschung und dem medizinischen Gerätebau, dem Finanzsektor oder auch der Automatisierung von Prozessen in der Fertigungsindustrie könnten durch den A100-Chip in seinen Datenzentren beschleunigt werden, hatte Alibaba in früheren Presseerklärungen erklärt.

Tencent, der mit Computerspielen und Chat-Apps groß gewordene Internetkonzern, setzt den A100 nach Angaben von Nvidia zufolge für die Daten- und Videoanalyse ein und bot den Nutzern seiner Cloud-Lösungen ebenfalls dessen Rechenpower an, berichtet das Wall Street Journal. Es gebe derzeit noch keinen lokalen, also in China hergestellten Ersatz für diesen Nvidia-Chip, zitierte die Zeitung einen Analysten in Hongkong.

Auch erfolgreiche E-Auto-Hersteller in China wie etwa BYD nutzen Chips von Nvidia. Das E-Auto-Startup NIO setzt den GPU-Chip HGX-A100 von Nvidia in seinem neuen Datenzentrum ein, in dem es mithilfe von KI eigene Algorithmen für das autonome Fahren und ADAS-Fahrassistenz-Anwendungen in seinen E-Autos entwickelt, berichtet das chinesische Fachportal CNEVPOST.

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Um operativ zu bleiben, müssten die Kunden von Nvidia in China nun kurzfristig auf ältere Modelle der Halbleiter zurückgreifen, vermuten Beobachter. In manchen Szenarien könnten mehrere Chips hintereinandergeschaltet werden, um ähnliche Rechenleistungen wie mit dem A100 oder H100 zu erreichen, sagen sie.

Auch die Einschätzung, dass dieser Schritt der US-Regierung Chinas Ambitionen im KI-Wettrennen mit den USA kurzfristig zurückwerfen wird, ist in China weit verbreitet. Industrie-Insider in Peking und Shanghai äußern sich geschockt und verärgert.

Es gab jedoch auch Jubel bei chinesischen Start-ups, die GPU mit Fähigkeiten für KI-Algorithmen entwickeln. „Dies ist eine Chance für die heimische KI-Chip-Industrie“, zitiert das Technologie-Portal 36kr den Gründer eines chinesischen GPU-Startups.

Bisher hätten chinesische Großkonzerne eher US-Chips gekauft, als lokalen Herstellern eine Chance zu geben, sagte der Unternehmer. Das Exportverbot aus Washington sei aber jetzt ein „ein Meilenstein für die Promotion der GPU-Lokalisierung“ in China.

Auf der „World Artificial Conference” in Shanghai, drängten sich Anfang September die Besucher an den Ständen von chinesischen KI-Chip-Produzenten wie Huawei. Die Firma wurde auf der Messe für ihr großvolumiges Rechenmodell “Zidong Taichu“ auf der Basis ihrer “Ascend AI Chips“ mit einem Preis ausgezeichnet.

Auch die Stände anderer chinesischer KI-Chip-Hersteller wie Iluvatar, Biren Technology, Enflame Technology, Intellif, Kunlun Xin und Denglin AI durften sich über großes Interesse unter den Messebesuchern freuen.

Dieser Artikel stammt von unserem Partnerportal ElektronikPraxis..

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