Kommentar von Ellen Förster, SAP Maschinelles Lernen transformiert die Geschäftswelt

Von Ellen Förster

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Ob Handelsembargos, Wirbelstürme oder Rohstoffengpässe: Die Anfälligkeit globaler Lieferketten kann die Wertschöpfung von Unternehmen stark beeinträchtigen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben viele die kurzfristige Explosion der Beschaffungskosten oder sogar den vorübergehenden Stillstand der Geschäftsprozesse erlebt.

Die Autorin: Ellen Förster ist General Manager, SAP Intelligent Spend & Business Network Middle & Eastern Europe
Die Autorin: Ellen Förster ist General Manager, SAP Intelligent Spend & Business Network Middle & Eastern Europe
(Bild: SAP)

Wo werden die dringend benötigten Spezialschrauben zu den günstigsten Konditionen produziert? Wann ist der beste Zeitpunkt, um Stahl zu kaufen? Wie kann schnell ein neuer Anbieter gefunden werden, wenn der bisherige nicht liefern kann? Bei diesen und vielen anderen Fragen rund um den Einkauf von Rohstoffen oder Zwischenprodukten brauchen Beschaffungsverantwortliche mehr denn je Informationen auf Knopfdruck. Lösungen zur Datenanalyse können in Sekundenschnelle riesige Mengen unstrukturierter Daten vergleichen, fehlerfreie Abfragen in der jeweiligen Landessprache formulieren und zukünftige Marktentwicklungen in ihre Ergebnisvorschläge einbeziehen – willkommen in der digitalen und automatisierten Welt des Einkaufs.

Erkenntnisse durch Datenmuster

Die zugrundeliegende Technologie entstammt einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz: Machine Learning steht für selbstlernende Algorithmen, die in vorhandenen Daten Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen und damit mögliche Lösungen generieren. Im Rahmen von Predictive Analytics ist es außerdem möglich, durch die Untersuchung vorhandener Daten aus der Gegenwart und der Vergangenheit Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Da ständig neue Daten gesammelt werden, verbessert sich ein solches System kontinuierlich.

In Echtzeit gewonnene Erkenntnisse über dynamische Preisentwicklungen und Prognosen über Engpässe in der Lieferkette verschaffen Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil. Wie die aktuelle globale Studie „Agile Procurement Insights Research“ von SAP und Oxford Economics zeigt, ist dieses Bewusstsein weit verbreitet – nur an der Umsetzung hapert es vielerorts noch. Führende Unternehmen berichten, dass sie ihre Beschaffungsdaten bereits mit Machine-Learning-Technologien analysieren und ihre Aktivitäten entsprechend anpassen. Erfreulicherweise ermöglichen Cloud-Technologien es mittlerweile fast jedem Unternehmen, Methoden der Künstlichen Intelligenz und der Advanced Analytics zu nutzen.

Moderne Softwarelösungen für die Beschaffung wie SAP Ariba integrieren alle Beschaffungsdaten auf einer einheitlichen Cloud-Plattform. Die Analyse berücksichtigt sogar Drittdaten, da externe Ereignisse wie Umweltkatastrophen, Jahreszeiten, Wetterphänomene, Markttrends oder weltpolitische Ereignisse eine wichtige Rolle für die Stabilität von Lieferketten spielen. Eine solche algorithmenbasierte Datenanalyse eröffnet zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten. Einige Beispiele:

Frühzeitige Erkennung von Risiken in Lieferantenbeziehungen

Durch die Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Lieferkette und die Implementierung von lernenden Algorithmen sind Unternehmen endlich in der Lage, ein proaktives statt reaktives Risikomanagement zu erreichen. Die Software hat Zugriff auf ein globales Lieferantennetzwerk, vergleicht Preise und Konditionen in Echtzeit miteinander und holt Angebote ein. Um potenziell unvorhersehbare Risiken in der Lieferkette frühzeitig zu erkennen, ist eine kontinuierliche Risikoüberwachung vom Onboarding über die Qualifizierung bis hin zum Performance Management von zentraler Bedeutung.

Der Einsatz von Machine Learning ermöglicht und optimiert den strategischen Beschaffungsprozess, indem Lieferantenbeziehungen qualifiziert und alternative Quellen direkt in die Planung einbezogen werden können. Änderungen werden in Echtzeit an das System gemeldet. Auf diese Weise können Unternehmen traditionellen Risiken in der Beschaffung – wie der Unübersichtlichkeit von Lieferantenbeziehungen oder der Abhängigkeit von wenigen Lieferanten – die Stirn bieten.

Automatische Anpassung der Lagerbestände an den tatsächlichen Bedarf

Nicht jede Lieferkette ist transparent. Laut der Studie hatte nicht einmal die Hälfte der Teilnehmer einen genauen Einblick in die aktuellen Lagerbestände ihrer Lieferanten, was die Planungsmöglichkeiten der Unternehmen bei der Beschaffung negativ beeinflusst. So kann beispielsweise der unerwartete Ausfall eines Kleinteils wie einer Schraubenmutter die gesamte Produktion blockieren und hohe Kosten verursachen. Mit einer digitalisierten Prozesskette und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz können Unternehmen zur weiteren Optimierung absolute Transparenz über die Bestände erreichen. Unternehmen haben einen ständigen Überblick über die aktuelle Bestandssituation – sowohl die eigene als auch die ihrer Lieferanten – und können proaktiv Maßnahmen ergreifen, um Probleme im Zusammenhang mit Engpässen, Auftragsspitzen etc. zu lösen.

Das maschinelle Lernen und die darauf basierenden fortschrittlichen Analysemethoden können auch dazu genutzt werden, die Lagerbestände entsprechend der Nachfrage zu reduzieren oder zu erhöhen. Die Analyse vergangener und aktueller Daten liefert Prognosen über zukünftige Bedarfstrends und fügt dem Procure-to-Pay-Prozess eine neue Dimension hinzu – Source-to-Pay ermöglicht einen ganzheitlichen, transparenten Beschaffungsansatz.

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Identifizierung von überflüssigen Kosten mittels lernender Algorithmen

Datenanalysen können auch wertvolle Einblicke in die Ausgaben für die Beschaffung liefern. Durch die Verknüpfung der Kategorien Dienstleistungen, indirekte Materialien und direkte Materialien und die Abbildung der Beschaffungsaktivitäten aller Geschäftsbereiche auf einer einzigen Plattform werden redundante Kosten sichtbar und Anpassungen können in Echtzeit vorgenommen werden. Dabei berücksichtigt das System auch Compliance-Anforderungen und andere Vorgaben.

Die Machine-Learning-Algorithmen lösen einen Prozesszyklus aus, der die Ausgaben mit den Anforderungen, Genehmigungen und Beschaffungsprozessen sowie der Zahlungsabwicklung und Buchhaltung in Beziehung setzt. Das Ziel ist die kontinuierliche Optimierung – um es zu erreichen, durchlaufen die Algorithmen iterative Zyklen, innerhalb derer sie kontinuierlich neue Erkenntnisse verarbeiten und mit den relevanten Daten in Beziehung setzen. Dabei spielen neben den Daten aus der Lieferkette auch externe Informationen aus dem Internet eine Rolle.

Datenintelligenz für jede Gelegenheit

Daten-Insights im Einkauf helfen, Aktivitäten wie Vertragsmanagement und Verhandlungen zu beschleunigen und gleichzeitig die Fehlerquote zu senken. Mithilfe von maschinellem Lernen können Millionen von Verträgen innerhalb kürzester Zeit analysiert und verglichen werden. Das System schlägt passende Vorlagen und Standardklauseln vor und durchsucht die Dokumente sogar nach einzelnen Formulierungen – egal, ob sie in digitaler Form, als Foto oder als Scan vorliegen. Auf diese Weise kann die Software beispielsweise eine Erinnerung verschicken, wenn eine Vertragsverlängerung ansteht.

Aber nicht nur für das Vertragsmanagement sind die Einblicke in die Daten nützlich, auch in Bereichen wie der Rechnungsbearbeitung oder der Betrugsprävention sind sie für den Einkauf von Vorteil – etwa durch strenge Regeln zum Datenabgleich und zur Prüfung, die sogar von den Anwendern angepasst werden können.

Was sind die Voraussetzungen für KI-gestützte Beschaffung?

Die Implementierung von Machine-Learning-Methoden im Unternehmen erfordert neben der vollständigen Digitalisierung der Supply Chain und der Anschaffung entsprechender Technologien auch das notwendige Spezialwissen. Da der Fachkräftemangel schon heute schwer zu überbrücken ist, dürfte es in Zukunft noch schwieriger werden, hochqualifizierte Spezialisten zu finden, zumal das Thema Big Data so rasant an Bedeutung gewinnt. Aus diesem Grund gehören bei vielen führenden Unternehmen die Nachwuchsförderung und die Weiterbildung der Mitarbeiter bereits zur Strategie, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Nicht zuletzt spielt auch das Mindset eine wichtige Rolle für den Erfolg von KI-gestützten Beschaffungsprozessen: Das Vertrauen in die Daten erfordert absolutes Commitment und den Abschied von Vermutungen und Bauchgefühl. Im Gegenzug profitiert das Beschaffungsmanagement von mehr Effizienz, Kontrolle und Agilität, was gerade in disruptiven Zeiten wie diesen für jedes Unternehmen unverzichtbar ist.

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