Traut euch! Coopetition ist Trumpf IoT-Daten als Währung für digitale Ökosysteme in Deutschland

Von Marcel Möstel* |

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Ein digitales Ökosystem ist mehr als eine Plattform – es ist eine wechselseitig profitable Kooperation unabhängiger Akteure: Organisationen, Unternehmen, Menschen. Es entsteht durch Anreizstrukturen, die diese Akteure auf einer Plattform interagieren lassen. Und darin liegt ein wahnsinniges Potenzial. Wo genau? Das erläutert erläutert Marcel Möstel, Head of Solutions bei Tresmo.

Das neue Handelsgut, die Währung, sollten auch für deutsche Unternehmen Daten des Internet of Things sein.
Das neue Handelsgut, die Währung, sollten auch für deutsche Unternehmen Daten des Internet of Things sein.
(Bild: ©jamesteohart - stock.adobe.com)

Allein der Apple App Store ermöglichte 2020 rund 643 Milliarden Dollar, wovon über 90 Prozent an dritte, von Apple unabhängige Unternehmen gingen. Auch deutsche Unternehmen können davon profitieren. Unser traditionelles Ökosystem ist die Automobilindustrie, doch digitale Ökosysteme sind bisher eher rar gesät.

Um das zu ändern, brauchen wir ein Umdenken in Sachen Datensensibilität, Geschäftsmodelle und Plattform-Fragen. Wenn deutsche Unternehmen IoT-Daten als Währung – als Austauschformat – zur Gründung digitaler Ökosysteme sehen, entstehen völlig neue Perspektiven.

Wir sind das „Country of Things“

Nicht jedes Ökosystem kann so erfolgreich sein wie das von Apple, so viel steht fest. Doch es gibt sie in jeder Branche, überall auf dem Markt, in unterschiedlichen Größen und Ausprägungen. In Deutschland kennen wir beispielsweise überwiegend traditionelle und dennoch einflussreiche Ökosysteme, wie beispielsweise die Automobilindustrie.

Hier profitieren Hersteller, Zulieferer, Händler und Dienstleister voneinander und kooperieren mit Banken, Versicherern und Service-Organisationen wie dem ADAC, der wiederum bei Millionen Deutschen den Autowunsch manifestiert. Eine funktionierende Symbiose von unterschiedlichen Akteuren und damit ein ideales Ökosystem.

Im digitalen Umfeld haben wir hierzulande trotz der guten ökonomischen Voraussetzungen allerdings nichts Ähnliches vorzuweisen. Dabei schreien unsere Konsumgesellschaft, unsere Wirtschaft und die unzähligen, global verteilten Geräte und Maschinen unserer Industrien nahezu nach echter Digitalisierung. Wir sind das Country of Things und könnten mit etwas Mut und Tatendrang durch die Nutzung des Internet of Things echte Schätze bergen.

Angst und Zweifel sind keine guten Berater

Digitale Ökosysteme sind für Deutschland eher neu und deren Entwicklung mittels IoT ebenso. Daher braucht es vor allem eine andere Herangehensweise und die Bereitschaft, neu zu denken. Mit Blick auf die disruptiven Geschäftsmodelle von Airbnb, Uber und Co. haben viele Unternehmen bereits darüber nachgedacht, eigene zentrale Plattformen zu schaffen, um ähnliche Erfolge zu erreichen.

Doch ein solches Projekt ist für die meisten Betriebe kaum zu stemmen – und oft auch überhaupt nicht zielführend. Denn die Maschinenbauer und Elektrotechniker hierzulande kämpfen ohnehin mit Ressourcenmangel und sind noch dazu zwar Experten ihres Fachs, verstehen jedoch zu wenig von der Kommerzialisierung digitaler Modelle.

* Über den Autor

(Bild: Tresmo)

Als Head of Solutions von Tresmo ist Marcel Möstel verantwortlich für das Lösungsportfolio und dessen stetige Weiterentwicklung sowie die Kundenberatung rund um innovative IoT-, Cloud- und App-Lösungen. In den vergangenen fünf Jahren entwickelte er sich bei seinem Arbeitgeber vom Engineer über Product Owner bis hin zur aktuellen Leitungsfunktion. Heute blickt er insbesondere auf die strategischen Themen und treibt diese aktiv voran. Vor Tresmo wirkte Marcel Möstel im Design bei Territory Webguerillas. Sein Studium im Bereich Interaktive Medien absolvierte er an der Hochschule Augsburg.

Und dann wäre da noch das Thema Datenschutz und der Umgang mit sensiblen Informationen: Eine heikle Angelegenheit, die viele Verantwortliche dazu bringt, eher zurückhaltend zu sein. Sie haben eine gewisse Angst vor der Investition in Innovationen. Doch diese Angst ist unbegründet, wenn man das Gesamtbild betrachtet und die Möglichkeiten objektiv bewertet.

IoT-Daten als Währung digitaler Ökosysteme

Deutsche Unternehmen, insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau, sind gut beraten, die eigenen Daten nicht als geheimen und behüteten Schatz zu behandeln. Vielmehr sollten sie Informationen als Währung und damit als Austauschformat zur Gründung potentieller Ökosysteme begreifen.

Jeder Akteur wirft seine Daten in die gemeinsame Waagschale und profitiert von den Informationen der Mitbewerber. So wachsen alle Beteiligten stärker als sie es alleine könnten. Das ist das Prinzip der Coopetition: Zusammenarbeit unter Wettbewerbern.

Diese Herangehensweise schafft Möglichkeiten, die sich zu Beginn noch niemand vorstellen kann. So war es auch mit der Entwicklung von Amazon Web Services (AWS): Amazon arbeitete jahrelang intensiv an Innovationen, bis irgendwann dritte Integratoren begannen, sich einzubringen. Wenig später schufen unabhängige Entwickler-Teams völlig neue Dinge mit den Technologien und begründeten damit die heutige Bedeutung von AWS.

Gemeinsam erfolgreich statt im ständigen Wettbewerb

Von diesem Beispiel kann die deutsche Industrie viel lernen: Digitale Ökosysteme sind darauf angewiesen, dass Unternehmen die (Live-)Daten physischer Geräte, Anlagen und Maschinen verfügbar machen. Heutige IIoT- und IoT-Technologien sind dafür ein idealer Hebel: Die Vernetzung von Geräte- und Maschinendaten in Echtzeit ist eine der wichtigsten technischen Voraussetzungen für die Ökosysteme der deutschen Industrie. Nur so können künftig die Kunden- und Stammdaten in den unzähligen CRM- und ERP-Systemen irgendwann mit den IoT-Daten zusammengeführt werden.

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Und mit den heutigen Cloud-Systemen und deren Möglichkeiten muss niemand befürchten, die Kontrolle über diese Daten zu verlieren. Allein Microsoft investiert eine Milliarde Dollar jährlich in Security-Maßnahmen. Abgesehen davon geht es heute weniger um die Frage nach der Datensicherheit als vielmehr um die der Datenhoheit. Unternehmen sollten sich damit beschäftigen, wie andere von den gemeinsamen Daten in einem Ökosystem profitieren können.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst

Eine geteilte Datenbasis kann insbesondere für Komponentenhersteller in vielschichtigen Umgebungen einen entscheidenden Unterschied machen. Denkt man beispielsweise an Baustellen, Häfen oder Produktionsanlagen wird schnell klar, dass Spezialisierung in Deutschland nach wie vor eine extrem wichtige Rolle ist.

Doch je spezialisierter eine Branche oder ein Anwendungsfall, desto schwieriger ist es, eigene digitale Produkte oder Services zu entwickeln und damit neue Geschäftsmodelle zu erschließen. Der Grund liegt auf der Hand: Der Mehrwert für den Endkunden liegt in der intelligenten Analyse der Anlage, nicht in zehn verschiedenen Services zu jeder einzelnen Hydraulikkomponente.

Wer also in seinem Ökosystem als First Mover auftritt und seine IoT-Daten für andere verfügbar macht, legt damit den Grundstein für gemeinsames Wachstum. Andere Hersteller werden nachziehen, sodass ein digitales Ökosystem entsteht, von dem am Ende alle profitieren können – wie im Beispiel von Apple. Oder unserer Automobilindustrie.

Über Tresmo

Tresmo ist als IoT-Dienstleister in der DACH-Region tätig. Die Augsburger Digitalagentur bietet Innovation und Entwicklung von digitalen Lösungen und Produkten rund um IoT, Cloud und App. Seit 2012 begleitet das Unternehmen Kunden unterschiedlichster Branchen und Unternehmensgrößen in engen Partnerschaften auf dem Weg zu eigenen digitalen Produkten und Services. Die Leistungen reichen von Innovations- und Lösungsberatung über Systemintegration bis hin zur Umsetzung komplexer digitaler Lösungen.

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