Interview mit Chris Karagiannis, NICE „Häufig werden die falschen Prozesse ausgewählt“
Künstliche Intelligenz (KI) wurde 2018 in zahlreiche Produkte, Websites und Apps implementiert und hat damit stark an Boden gewonnen – Stichworte sind Amazon Alexa und Google Home. Gleichzeitig hat auch die Automatisierung viel Aufmerksamkeit erregt. Unternehmen haben neue Möglichkeiten, Aufgaben zu automatisieren und so die Effizienz zu erhöhen. BigData-Insider sprach darüber mit Chris Karagiannis, Solution Sales Executive Robotics & AI bei NICE.
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BigData-Insider: 2018 hat Forrester vorausgesagt, dass Unternehmen Schwierigkeiten mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz haben werden. Wie geht die Entwicklung 2019 weiter?
Karagiannis: Wenn man die Auffassung vertritt, dass Künstliche Intelligenz der nächste Schritt in der Entwicklung der robotergestützten Prozessautomatisierung, RPA, ist, könnte man durchaus argumentieren, dass Unternehmen bereits Formen der KI einsetzen. So unterstützen laut einer Studie von Deloitte 53 Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeiter bereits mit einer Form von RPA. Diese Zahl soll laut Schätzungen bis 2020 auf 72 Prozent steigen.
Diese Akzeptanz wird sicher weiter steigen, wenn Unternehmen das Potenzial von RPA zur Umstrukturierung von Geschäfts- und Arbeitsprozessen erst richtig realisieren. Sicher werden sie RPA dann auch für komplexere Szenarien in Betracht ziehen, als das im Moment der Fall ist. Wir befinden uns hier erst in der Anfangsphase. Viele Unternehmen wollen erst die Auswirkungen sehen, bevor sie investieren.
Es ist davon auszugehen, dass die Unternehmen, die eine umfassendere Perspektive der Automatisierung verfolgen, mit der Einführung einen deutlichen Fortschritt erzielen. Indem sie eine Funktionalität nutzen, die über „unbeaufsichtigte“ RPA hinausgeht und in den ganzen Betrieb hineinreicht, erhöhen sich die Möglichkeiten für eine Erweiterung enorm. Wenn man darüber hinaus „Human Augmentation“ integriert, können weitere vielversprechende Unternehmensbereiche adressiert werden, statt sich nur auf wenige Backoffice-Prozesse zu beschränken.
Was empfehlen Sie Unternehmen, die 2019 KI und Automatisierung einführen wollen?
Karagiannis: Die größte Frage, die sich Unternehmen bei RPA und KI stellen, ist die, wo sie beginnen sollen. Viele Automatisierungsprojekte scheitern schlicht und ergreifend daran, dass die falschen Prozesse – zu komplex, zu unbedeutend usw. – ausgewählt werden. Spezielle Tools wie der Automation Finder von NICE können hier sehr hilfreich sein bei der Entscheidung, welche Prozesse automatisiert werden sollen. Diese Tools geben anhand hochentwickelter Algorithmen des maschinellen Lernens Empfehlungen dafür ab, welche Prozesse den besten ROI erzielen.
Ich würde den Unternehmen auch empfehlen, mehr als nur die Effizienzvorteile zu berücksichtigen. KI und Automatisierung können auch hilfreich sein, um Mitarbeitererfahrungen zu optimieren. Was könnte zum Beispiel durch Echtzeit-Beratung, Entscheidungsunterstützung und Best Practices erreicht werden, die tatsächlich dann zur Verfügung stehen, wenn sie benötigt werden. Ein datenbasierter Ansatz kann auch dadurch hilfreich sein, dass er die Realität abbildet. So muss man nicht Wochen oder Monate damit verbringen, jeden Bereich eines Unternehmens zu analysieren.
Abschließend empfehle ich Unternehmen, Automatisierung und KI als eine Möglichkeit zu sehen, ihre Belegschaft neu zu strukturieren. Man muss sich nur die Zeit nehmen, die Prozesse in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens abzubilden. Dann kann man die Mitarbeiter auf die Bereiche konzentrieren, die menschlichen Input und menschliche Fähigkeiten erfordern, und die Roboterautomatisierung für die Prozesse einsetzen, die besser für die Automatisierung geeignet sind und einen größeren Einfluss auf die Geschäftsergebnisse haben.
Was hat Unternehmen Ihrer Einschätzung nach bei der Umsetzung von Automatisierungslösungen im Rahmen ihrer digitalen Transformation bislang zurückgehalten?
Karagiannis: Es gibt viele Gründe. Nicht zu wissen, wo man anfangen soll, darauf zu warten, dass Vorreiter erste Geschäftsergebnisse erzielen und die Vorstellung, dass die Automatisierung Menschen ersetzt, sind sicher alles Faktoren, die hier mit einfließen. Die Umsetzung der digitalen Transformation ist ein langer Weg mit vielen Komponenten und zweifellos ist die Automatisierung ein Teil davon. Bevor man jedoch mit der Automatisierung beginnen kann, müssen zunächst die aktuellen Prozesse überprüft und optimiert werden.
Unsicherheiten im Hinblick auf Skalierungsmöglichkeiten und den eigentlichen Umfang des Prozesses können ebenfalls ein Hindernis sein. Die Implementierung von KI ist oft ein End-to-End-Projekt für die digitale Transformation und erfordert ein umfassendes Change-Management-Programm.
Wie wirkt sich der Einsatz von KI-Lösungen im Unternehmen noch aus, etwa im Hinblick auf die Mitarbeiter?
Karagiannis: KI kann ein effektives Mittel für die Motivation der Mitarbeiter sein. Sie kann dazu beitragen, ihre Arbeitserfahrung persönlicher zu gestalten und ihnen das notwendige Maß an Unterstützung zu bieten. Indem sie ihnen hilft, ihre Aufgaben schneller zu erledigen, sorgt KI für langfristige Motivation.
KI-gesteuerte persönliche Assistenten können jeden Mitarbeiter dabei unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen und produktiver und effektiver zu arbeiten. Aktuell verbringt der durchschnittliche Mitarbeiter fast 80 Prozent seines Tages mit alltäglichen Routinearbeiten, die nicht unbedingt menschlichen Input erfordern. Erhebliches Potenzial bleibt daher oft ungenutzt. Durch die Integration von Automatisierung und KI in den Arbeitsalltag werden die Mitarbeiter von monotonen Aufgaben befreit und können sich auf spannendere und lohnendere Aufgaben konzentrieren, die einen echten Mehrwert schaffen. Dies geht einher mit einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, da die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Zeit besser geschätzt wird.
Welche weiteren Tipps haben Sie?
Karagiannis: Sowohl Automatisierung als auch KI sorgen derzeit für große Begeisterung im Markt. Die Herausforderung besteht jedoch darin, diese Dynamik beizubehalten. Wie bereits erwähnt, müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie über einen effektiven Change-Management-Plan verfügen, um diesen Prozess zu steuern. Dazu gehören die Bewältigung anstehender Herausforderungen, die Schulung der Mitarbeiter, die Überwachung der Fortschritte und die Bitte um Feedback, um Bereiche zu erkennen, die noch verbessert werden müssen.
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