Internet of Things Naturkatastrophen früher erkennen mit Wasserdaten
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Aufgrund der Klimakrise nehmen Wetterextreme zu – auch in Deutschland. Bei der Kontrolle von Wasser- und Pegelständen könnte das Internet of Things künftig eine entscheidende Rolle einnehmen. Eine digitale Lösung der Telekom und des Start-ups Divirod sammelt etwa kontinuierlich Wasserdaten an Küsten, Seen, Flüssen und auf Dächern – und soll so für mehr Sicherheit in Risikogebieten sorgen.

Verwüstete Straßen, eingestürzte Brücken, zerstörte Häuser, Dutzende Tote: Die Spuren der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli 2021 in Deutschland sind auch Monate später noch allgegenwärtig. In den besonders betroffenen Gebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stehen viele Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz. Die extremen Unwetter verursachten Schäden in Rekordhöhe von mehr als 29 Milliarden Euro, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf Regierungsangaben im November berichteten. Die dramatischen Folgen werfen die Frage auf: Wie lassen sich Flüsse und Stauseen in Deutschland besser überwachen, um auf extreme Wetterlagen schneller reagieren zu können?
Risikogebiete setzen auf Sensoren zur Vorsorge
Andere Risikogebiete der Erde, die regelmäßig von extremen Wetterereignissen heimgesucht werden, setzen bereits seit einigen Jahren auf digitale Lösungen. Im US-Bundesstaat Florida, wo die Hurrikan-Saison offiziell von Juni bis Ende November andauert, sammeln Sensoren beispielsweise Wasserdaten zur Vorsorge vor Stürmen. Auf die gleiche Weise erhält die norditalienische Lagunenstadt Venedig Warnungen vor Hochwasser. An anderen Standorten in den USA und Europa werden Daten von Trinkwasserspeichern und Stauseen digital erfasst.
Auch hierzulande sollen die Sensoren von Divirod nun zum Einsatz kommen: Die Deutsche Telekom hat die digitalen Lösungen des US-Start-ups in ihr Portfolio für Kommunen und Unternehmen aufgenommen. Die Sensoren messen vollautomatisiert Wasserstände in Stauseen oder Flüssen und überwachen Küsten oder Schneemengen auf Dächern. „Wie wir dieses Jahr auch in Deutschland sehr dramatisch gesehen haben, können Wasserkatastrophen uns alle betreffen“, sagt Dennis Nikles, Geschäftsführer Deutsche Telekom IoT GmbH. „Mit der digitalen Lösung von Divirod und Telekom lassen sich Wasserstände verfolgen und das kontinuierlich, genau und völlig automatisiert.“ Anhand der gewonnenen Daten könne man die langfristigen Effekte des Klimawandels sichtbar machen. „Die Technologie hilft, vorausschauend zu denken und zu handeln, um Katastrophen im besten Fall zu vermeiden oder die Folgen zu lindern“, sagt Nikles.
Studien: Weniger Opfer durch frühzeitige Warnungen
Prognosen zufolge werden Starkregenereignisse wie in NRW und Rheinland-Pfalz sowie auch Waldbrände oder Dürren künftig zunehmen. Eine Studie der Organisation „Save the Children“ kommt etwa zu dem Ergebnis, dass heute geborene Kinder aufgrund der Klimakrise weitaus mehr Wetterextremen ausgesetzt sein werden als ein 1960 geborener Mensch. Demnach könnten sie durchschnittlich doppelt so viele Waldbrände, dreimal so viele Überschwemmungen und Ernteausfälle sowie siebenmal so viele Hitzewellen erleben. Dabei handelt es sich um ein Szenario, in dem die Länder ihre derzeitigen Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasen beibehalten. Das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, könne einen großen Unterschied machen, erklärte das internationale Wissenschaftlerteam.
Die Weltwetterorganisation (WMO) berichtete indes im September 2021, dass die Zahl der wetter- oder klimabedingten Naturkatastrophen seit 1970 deutlich gestiegen ist. Zwischen 2000 und 2009 seien es fünfmal so viele Stürme, Überschwemmungen, Dürren und extreme Hitzeereignisse wie damals gewesen. Demnach ereigneten sich in den 1970er-Jahren weltweit durchschnittlich 711 Wetterkatastrophen pro Jahr, von 2000 bis 2009 stieg diese Zahl auf jährlich 3.536. Der WMO-Bericht zeigt aber auch: Heute kommen weniger Menschen durch Umweltkatastrophen ums Leben als in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Damals starben weltweit etwa 170 Menschen pro Tag, seit 2010 ist diese Zahl auf etwa 40 pro Tag gesunken. Hintergrund: Die Katastrophen fordern weniger Opfer, weil Menschen frühzeitig vor nahenden Unwettern gewarnt werden können.
Wasserdaten: Schlüssel für schnelle Reaktionen
Das Internet of Things (IoT) könnte die Sicherheit in gefährdeten Gebieten weiter erhöhen. Die Sensoren von Divirod sind dazu mit SIM-Karten der Telekom bestückt. So lassen sich die Daten über das weltweite Telekom-Netz (LTE-M) an die Cloud von Divirod übermitteln. Kommunen oder Unternehmen erhalten lokale, individuelle Wasserdaten, die sie jährlich und nach Verbrauch bezahlen. Investitionskosten fallen nicht an. Die Mobilfunktechnologie LTE-M ist speziell auf die Konnektivität für IoT-Anwendungen ausgelegt. Sie zeichnet sich durch geringe Latenzzeiten, niedrigen Energieverbrauch und eine hohe Verfügbarkeit in Innenräumen aus.
Herkömmliche Methoden, um Wasserpegel zu messen, sind mitunter zu ungenau, wartungs- und kostenintensiv sowie anfällig für Umgebungseinflüsse. „Bestehenden Modellen fehlt es an ausreichenden Wasserdaten für eine genaue Risikovorhersage“, sagt Javier Marti, Gründer und Geschäftsführer von Divirod. „Wir arbeiten daran, eine möglichst vollständige Datenbank von Wasserdaten aufzubauen. Unsere satellitengestützten Sensoren liefern genauste Daten in Echtzeit. Mit der Vergleichbarkeit und Detailtiefe der Werte lassen sich jederzeit aktuelle Lagebilder erstellen.“ Wasserdaten seien der Schlüssel für schnelle Reaktionen, mittelfristige Entscheidungen und langfristige Planungen.
Dächer von Immobilien schützen
Auch Unternehmen können von der Datenerfassung über Sensoren profitieren. Mithilfe von „Divirod RoofWatch“ lassen sich etwa Dächer von Gewerbeimmobilien oder großen Lagerhallen ständig überwachen – und so die Einsturzgefahr minimieren und die Gebäudesicherheit erhöhen. Bei zu viel Wasser, Schnee oder Eis auf dem Dach schlagen die Sensoren umgehend Alarm. Die Technologie erkennt überdies frühzeitig Staus in Abflüssen. Schäden innerhalb und außerhalb von Anlagen lassen sich auf diese Weise vermeiden und Betriebsrisiken mindern.
Die digitale Lösung lässt sich auch verwenden, um Küstengebiete zu überwachen. Hierzu werden Daten über Flutwellen, starke Wellenaktivitäten und mögliche Küstenerosionen erfasst. Sensoren an der Küste berechnen zum Beispiel, wann eine Flut auf das Land trifft. Mit den Daten können Grundstückseigentümer und Unternehmen Maßnahmen zum Schutz von Vermögenswerten umsetzen, belegen und bei Versicherungen, Finanzunternehmen und Kommunen nachweisen.
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