Umfrage Der Chief Data Officer etabliert sich
Auf der obersten Unternehmensebene gibt es eine neue Verantwortlichkeit: Immer mehr Betriebe engagieren einen Daten- oder Analytikchef. Richtig so, findet das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner.
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Top-Manager, die sich explizit um die Unternehmensdaten kümmern – davon gibt es laut Gartner weltweit mindestens 3.700, inzwischen vermutlich eher mehr. Knapp ein Drittel davon arbeitet im Raum EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika). Sie nennen sich Chief Data Officers oder Chief Analytics Officers und sie zeichnen unter anderem verantwortlich für Datenqualität und Informationsstrategie sowie Master Data Management, Information Governance, Data Science und Business Analytics. Viele von ihnen haben sich auch schon eine organisatorische Struktur aufgebaut, die Gartner „Office of the CDO“ nennt (siehe Grafik).
Digitales Geschäft ist im Wesentlichen datenbasierend. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Unternehmen eine hochrangige Führungskraft leisten, die für den Umgang mit dem kostbaren Rohstoff den Kopf hinhalten muss. Der Chief Information Officer (CIO), dessen Rolle sich vor etwa zwei Jahrzehnten aus dem Chef der „Datenverarbeitung“ entwickelte, muss zu viel Anderes erledigen, als dass er sich intensiv genug mit dieser wichtigen Aufgabe befassen könnte.
Aber was genau ist diese Aufgabe? Laut einer Gartner-Umfrage unter 180 Chief Data Officers aus dem November 2016 sehen sich die Betroffenen vor allem in zweierlei Hinsicht gefordert: Sie müssen die Daten- und Analytik-Initiativen im Unternehmen koordinieren und überwachen, aber auch neue Lösungen entwickeln, die vorhandene oder neu zu schaffender Datenvorkommen ausbeuten und dem Unternehmen dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Definition und Weiterentwicklung von Prozessen
Daneben sollen und wollen die CDOs (nicht zu verwechseln mit den identisch abgekürzten Chief Digital Officers) auch die mit der Datenauswertung verbundenen Prozesse definieren und weiterentwickeln. Dazu gehört auch, dass sie ein Team von Analytikern, Data Scientists und Technikern zusammenstellen und koordinieren. Nicht zu vergessen ist die Definition von Metriken, mit denen das Unternehmen seine Fortschritte in Sachen Analytik misst.
Aber wozu das alles? Die Befragten nannten als ihre Hauptziele „mehr Vertrautheit mit den Kunden“ sowie ganz allgemein „mehr Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens“. Ebenfalls ganz oben auf der Prioritätenliste steht „höhere Effizienz“. Auf den weiteren Plätzen folgen „besseres Risiko-Management“, „Produktinnovationen“, „schnellere Time-to-market“ und „Kostenoptimierung“.
Keine neuen Silos!
Wie Debra Logan, eine der vier Autorinnen der Gartner-Studie, erläutert, bekleidet der CDO eine eigenständige Position im Unternehmen. Per definitionem könne diese Aufgabe nicht von einem anderen Manager, beispielsweise dem CIO, „mitverwaltet“ werden.
In einigen Betrieben gibt es diese Rolle zwar auch auf Abteilungsebene, aber dann gehört der Inhaber nicht zur oberen Führungsebene („C-Level“). Zudem bezeichnet Logan diese Konstellation als „nicht empfehlenswert“, denn sie führe nur wieder zu funktionalen Silos. Die Analystin sagt: „Ein CDO muss Leute, Prozesse und Technik über Funktions- und Data-Set-Grenzen hinweg managen.“
Den Studienergebnissen zufolge berichten deshalb auch drei von zehn CDOs direkt an den Chief Executive Officer (CEO), also den Geschäftsführer oder Vorstand. Damit sind sie dem CIO gleichgestellt, was unter Umständen ein gespanntes Verhältnis zwischen den beiden mit sich bringt. In 16 Prozent der von Gartner untersuchten Fälle ist hingegen der CIO dem CDO gegenüber weisungsbefugt. Auch keine einfache Beziehung – jedenfalls dann, wenn sich der Informationschef allzu stark in die Arbeit des Datenchefs einmischt.
In elf Prozent der Unternehmen ist der CDO einem anderen (Senior) Vice President unterstellt. Jeder zehnte CDO hat den Chief Operations Officer (COO) als Boss. Und jeweils fünf von hundert CDOs müssen sich dem Finanz- oder Technikchef gegenüber verantworten. Nur zwei Prozent haben als direkten Ansprechpartner den Chief Digital Officer über sich.
Sieben Stolpersteine
Nach Logans Einschätzung wartet auf den Chief Data Officer eine ganze Reihe von Fallstricken und Stolpersteinen. Will er im Unternehmen erfolgreich operieren, sollte er deshalb die folgenden sieben Punkte berücksichtigen:
- Er konzentriert sich weitgehend auf den Wert, der sich aus den Daten generieren lässt. Governance ist wohl wichtig, aber nicht die primäre und lange nicht die einzige Aufgabe des Chief Data Officer.
- Er darf sich nicht auf die Technik beschränken. Vor allem sollte er keine parallele IT-Welt aufbauen. Das wäre das Gegenteil von Datenintegration.
- Er muss eine gute Arbeitsbeziehung zum Chief Information Officer aufbauen. Wollen sich CIO und Datenchef nicht gegenseitig unterstützen, wird das Unternehmen darunter leiden.
- Das bedeutet allerdings keineswegs, dass sich der Chief Data Officer dem CIO unterordnet. Eine solche Partnerschaft funktioniert nur auf Augenhöhe.
- Der CDO muss sich in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen auskennen. Marketing, Finanzen, Vertrieb, Forschung & Entwicklung – sie alle haben Bedarf für Datenauswertung, und der Datenchef muss wissen, wo er ihnen helfen kann.
- Wichtig ist ein realistisches Erwartungs-Management. Wo keine sauberen Daten zur Verfügung stehen, muss Basisarbeit geleistet werden. Wunder dauern etwas länger.
- Daten und Analytik stehen für einen Prozess, nicht für ein einmaliges Ergebnis. Anders ausgedrückt: Es gibt kein „genug“, nur ein „was noch?“
„Wie unsere Daten ausweisen, ist es der Idealfall, wenn CIO und CDO miteinander arbeiten und sich als Partner begreifen,“ fasst Logan die Ergebnisse zusammen: „Wenn diese Beziehung problematisch oder schlicht nicht vorhanden ist, wird die Kooperation auch auf der organisatorischen Ebene nur mit Müh und Not funktionieren.“
Aus Sicht der Analystin sollte sich der CIO auch nicht darauf verlassen, dass er am längeren Hebel sitzt. Im Gegenteil: „Wir haben durchaus einige Fälle gesehen, in denen der CDO den Löwenanteil an Verantwortung, Personal und Budget für sich reklamieren konnte.“
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