Location Intelligence – Big Data und Geodaten Analysen mit Raumbezug verbessern Prozesse
Ob es um die Echtzeitverfolgung von Schiffscontainern geht oder um die Tarifierung einer Versicherung in einem Überflutungsgebiet – überall ist der Raumbezug mit im Spiel. Die Verbindung von Geodaten mit Unternehmensdaten und Big Data liefert nicht nur historische und Echtzeit-Einblicke, sondern ermöglicht auch Vorhersagen. Eine Cloud-Lösung reicht bereits, um zu starten.
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Location Intelligence (LI) ist die breiter aufgestellte Form des spezialisierten Geomarketings, ist also im Grunde nichts Neues. Unternehmen haben jedoch den Vorteil, mit LI nicht auf Experten des Geomarketings angewiesen zu sein. Stattdessen lässt sich das Konzept mit jedem Data Warehouse und mit entsprechenden Cloud-Lösungen umsetzen.
- 1. Location Discovery konzentriert sich in erster Linie auf die Geocodierung und das Anreichern von beliebigen Informationen mit Geo- und Marktdaten. Mit dieser Geocodierung entdeckt das Unternehmen etwa, wer seine Kunden sind und wo sie sich befinden. Arthen nennt das die Discovery-Phase. Das Berliner Start-up Aeria Games entdeckte auf diese Weise, dass es viele Nutzer in Singapur hat, von denen es bis dato nichts wusste.
- 2. Dispositive LI unterstützt die Entscheidungsfindung, unter anderem durch ein Data Warehouse. Das ist die Analytics-Phase und generiert erhebliche zusätzliche Werte für ein Unternehmen. Bei Location Analytics geht es um die funktionale Erweiterung der BI-Lösungen um raumbezogene Anwendungen. Erst in diesem Schritt geht es um „Tools“, also um Werkzeuge, die datenbankseitig oder am BI-Frontend Geofunktionalitäten bereitstellen. Eine weiterführende Form des dipositiven LI ist die Vorhersage (Predictive Analytics).
- 3. Die dritte Phase besteht in Optimization: Die in Stufe 1 und 2 gewonnenen Informationen können eingesetzt werden, um Geschäftsprozesse – also operative Dinge – zu verbessern.
Man denke nur an die Tarifierung von Versicherungsprämien in einem Hochwassergebiet: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt – aber wann und bis wohin wird es reichen? Die Wahrscheinlichkeit wird aufgrund historischer Geodaten berechnet. Durch die Integration von Wetterdaten lässt sich nachprüfen, ob ein gemeldeter Hagelschaden tatsächlich plausibel ist. Hat das Ereignis tatsächlich die als Schadenort angegebene Adresse betroffen?
Weitere Einspareffekte
In der Abwicklung der Schäden im Rahmen der Begutachtung lassen sich ebenfalls Einspareffekte durch LI erzielen, indem man per Einzugsgebietsanalyse einen geeigneten Standort zur Begutachtung der Schäden ermitteln lässt und die Versicherungsnehmer zu dieser zentralen Stelle bestellt. „Die Menge an Begutachtungen macht es, und hier können Versicherungen rasch hohe Beträge einsparen“, führt Arthen aus.
Nach Golombeks Ansicht wird operationales LI vornehmlich im Rahmen von CRM-Maßnahmen, im Handel oder in der Transport- und Logistikbranche eingesetzt. „Hier tragen die Geodaten zum Beispiel dazu bei, die Lieferkette nachhaltig zu optimieren, Leerfahrten zu reduzieren oder Pakete in Echtzeit nachverfolgen zu können“, so Golombek. Aber auch bei Pannen- und Rettungsdiensten könne LI zum Einsatz kommen.
Bedeutung der Datenqualität
Der Knackpunkt ist allerdings die Qualität der Geodaten. Es reicht nicht in allen Fällen, sich auf die Daten aus Google Maps oder Google Earth zu verlassen. Wer beispielsweise die Immobilienpreise in der Nähe von S-Bahnstationen kalkulieren möchte, findet zwar die Bahnhöfe, weiß aber noch nichts über die Kaufkraft der Immobilienbesitzer in deren Umgebung.
Hier springt der Anbieter Insight Dimensions mit „granularsten Deutschland- und Europakarten“ ein. „Sie lassen sich in unterschiedliche Stufen variieren, damit der Nutzer seine Auswahl nach Postleitzahlen-, Kreis-, Verwaltungsgemeinschaften- oder Gemeindekarten gestalten kann“, erläutert Holger Richter, Geschäftsführer von Insight Dimensions. Die geografischen Übersichten lassen sich mit Marktdaten anreichern und erlauben so dem Nutzer, räumliche Trends, Muster und Risiken zu erkennen. Diese Verknüpfung macht Location Intelligence für Marketing, Vertrieb und Logistik interessant.
Einbindung von Sensoren und Mobilgeräten
Besondere Möglichkeiten bietet nach Ansicht Michael Arthens die Einbindung von Datenquellen aus Sensoren und Mobilgeräten. Wertvoll ist hier die Verknüpfung von historischen Daten mit Echtzeitdaten. „Beispielsweise kann ein Wartungstechniker für einen Energieversorger schneller ein defektes Teil finden, wenn er nicht nur die Geolocation aus einer Landkarte kennt, sondern das Gerät selbst per iBeacon aufspüren kann.“ Ist das erfolgt, kann der Techniker leicht auch das Depot finden, in dem sich das benötigte Ersatzteil befindet. Als Endgerät reicht ihm ein Internet-fähiges Endgerät, etwa ein Smartphone.
Logistik- und Zustelldienste erstellen mittlerweile mit GPS-Tracking eines Handys Fahrpläne, Routen und die Strecken, die ihre Außendienstler nutzen können. So lassen sich bei Ausfällen die entsprechenden Kenntnisse leicht an die Vertretung weiterreichen. Es werden weniger Irrtümer gemacht und die Einarbeitung geht schneller. Zudem lässt sich in Verbindung mit einem Fuhrpark die Nutzung von Fahrzeugen leichter planen.
Technische Nutzung
Die Einstiegshürden zum Einsatz von LI sind minimal. Alle Unternehmen, die durch den Mix ihrer Business-Daten mit räumlichen Bezugsdaten Mehrwerte schaffen wollen, sind potenzielle Anwender von Location-Intelligence-Lösungen. „Moderne LI-Lösungen integrieren sich nahtlos in bestehende BI-Anwendungen und übernehmen dabei die bereits etablierte BI-Architektur“, erläutert Arthen, „also die Datenstruktur, ETL, Berechtigungskonzepte und Arbeitsweise.“
„Die Nutzer sollten allerdings nicht nur die entsprechenden BI-Tools nutzen, sondern auch in eine hochperformante Data-Warehouse-Lösung investieren, die ad hoc Geodaten-Auswertungen erst möglich macht – sie ist der Motor, der auch bei komplexen Anfragen und großen Datenmengen die entsprechende Leistung garantiert und bei wachsenden Anforderungen skaliert“, ist sich Golombek sicher. Kein Wunder, denn ein solches Data Warehouse bietet Exasol an.
Es ist auch kein Zufall, dass sowohl Exasol als auch SAP eine In-memory-Datenbank entwickelt haben, die LI optimiert: Die Daten werden im RAM schneller verarbeitet. „SAP HANA kann in der aktuellen Version 10 bereits Geodatenanalysen umsetzen“, berichtet Michael Arthen. „Dafür sind sogenannte Spatial-Datentypen vorgesehen, mit denen zum Beispiel die Distanz zweier Objekte unter Berücksichtigung der Form der Erdkugel berechnet werden kann.“
Um LI zu nutzen, seien weder eine eigene IT-Infrastruktur noch ein eigenes Rechenzentrum nötig. Es reicht auch häufig, Webservices oder eine Cloud-basierte Lösung zu integrieren. Einen solchen Webservice namens EXACloud Service kann man beispielsweise von Exasol abonnieren: „So können komplexe Daten sehr schnell und unkompliziert in einen einfach zu verstehenden, räumlichen Kontext gesetzt werden“, sagt Golombek.
Visualisierung (Mapping)
Einen Service von Tableau Software – „Tableau Public“ – abonnieren nach Angaben von Tableau zunehmend auch Journalisten und Studenten an Hochschulen. Tableau ist seit 2003 Spezialist für Datenvisualisierung. Einer der größten Vorteile von Location Intelligence liegt nämlich in der visuellen Darstellung von Geodaten. Auf einen Blick zeigen sich in einer interaktiven Karte bestimmte Konzentrationen von Informationen, etwa in einer Heat Map. Indem der Nutzer in einer interaktiven Karte verschiedene Layer an Informationen zur Deckung bringt, erhält er je nach Fragestellung verschiedene, aussagekräftige Darstellungen.
Das macht sich beispielsweise die LI-Disziplin des Predictive Policing zunutze. „Aktuell sind einige Landeskriminalämter dabei, Pilotprojekte im Bereich des Predictive Policing durchzuführen, um Straftaten vorhersagen zu können“, berichtet Arthen. In Großstädten, aber auch in der Umgebung von Autobahnkreuzen werden rasch zunehmend Hauseinbrüche und Autoaufbrüche registriert und diese visuell in einer Landkarte dargestellt. Mithilfe von geeigneten statistischen Verfahren in Kombination mit geeigneten geo- oder soziodemografischen Daten lassen sich zukünftige Wohneinbrüche mit einer höheren Wahrscheinlichkeit vorhersagen und Polizei wie auch Anwohner können entsprechend präventiv vorbeugen.
Geofencing
Eine der umstritteneren Anwendungsmöglichkeiten der Location Intelligence ist Geofencing. Was beim Mobile Device Management die Einschränkung oder Abschaltung von Handyfunktionen bedeutet, wenn der Nutzer ein bestimmtes Areal wie etwa eine Forschungsabteilung betritt, nimmt in größeren Arealen eine Bedeutung an, die den gläsernen Bürger Realität werden lässt. Unternehmen schränken per Geofencing den Einsatzbereich von firmeneigenen Mobilgeräten ihrer Mitarbeiter ein. Wo sich die Mitarbeiter und das Gerät befinden, wird per GPS-Tracker überwacht. Für Tracker gibt es eine ganze Reihe von Anbietern. „Im Bereich des Handels aber auch bei der öffentlichen Sicherheit besteht großes Interesse an Location-based Services und Geofencing“, so Arthen.
Unternehmen möchten zudem gerne erfahren, was die Nutzer über ihren Service oder ihr Produkt denken und als „Sentiment“ an die Community weitergeben. Da praktisch jedes Mobilgerät seinen Standort an einen Social-Media-Betreiber wie Facebook (inklusive Whatsapp und Instagram) oder Foursquare meldet, lassen sich diese Daten auch räumlich auswerten. Im Hinblick auf Social Media Analysis und Sentiment Analysis „bestimmen letzten Endes die Nutzer, was erlaubt ist und was nicht“, so Arthen.
Fazit
„Viele Firmen wissen gar nicht, welches Potenzial in ihren Daten steckt, das gilt sowohl für Business Intelligence sowie auch speziell für Location Intelligence“, hat Holger Richter von Insight Dimensions erkannt. Aber es gibt Positives zu vermelden: „Das Interesse an LI wächst seit den letzten Jahren stetig, da es in nahezu allen Fachabteilungen wie Controlling, Vertriebssteuerung oder Marketing einsetzbar ist“, berichtet Mathias Golombek von Exasol. „Insbesondere die Telekommunikations- und Versicherungsbranche sowie der Handel profitieren von LI.“
Die Gründe lägen auf der Hand: Zum einen ermöglicht Location Intelligence bei der raschen Steigerung von Big-Data-Datenmengen eine detaillierte und zielsichere Analyse der Unternehmensaktivitäten. Zudem führt LI die strukturierten Firmendaten mit den unstrukturierten externen Daten zusammen. So sind Unternehmen in der Lage, mit ihren Kunden „crossmedial“ zu interagieren. Denn diese sind zunehmend zum „mobile customer“ geworden: „Location Information ist durch die Nutzung von Smartphones zum alltäglichen Begleiter geworden“, gibt Golombek zu bedenken.
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