Nachbericht Tibco Next Zukunft in der Cloud Software Group
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Seit Oktober 2022 gehört Tibco zusammen mit Citrix, NetScaler und einigen kleineren Business Units zur Cloud Software Group. Auf der Kunden- und Partnerveranstaltung Tibco Next gab es Ausblicke auf die Zukunftspläne in der neuen Konstellation.

Nomen est omen: Während die Kunden- und Partnerkongresse von Tibco zuletzt unter Tibco Now firmierten, stand die diesjährige Münchner Veranstaltung unter dem Titel „Tibco Next“. Damit, so David Rosen, Vice President Marketing, solle der disruptive Charakter der aktuellen Zeit charakterisiert werden: Technologische Durchbrüche bei KI und ML wie ChatGPT und die immer noch wachsende Bedeutung der Daten verlangten, so Rosen, von Firmen strategisches Vorausdenken statt dem Beharren auf Bewährtem.
Was das bedeuten kann, zeigten einige Kundenbeispiele. Der italienische Versicherer Sara Assecurazioni stellte sein Vertriebsmodell mithilfe von Tibco-Lösungen innerhalb von fünf Jahren von der klassischen Agenturmethode auf Omnichannel um und konnte damit seinen Profit erhöhen. Bei einer aktuellen Umfrage bewerteten Versicherungsagenten den Service des Unternehmens nun als Best in Class.
Der italienische Autobahnbetreiber Autostrada per l‘Italia realisierte mit Tibco eine Applikation, bei der mittels bildverarbeitender Applikationen und Tibco-Software die Verkehrssicherheit erhöht wurde. Der Versicherer ABN Amro automatisierte seine IT und wechselte auf ein Multichannel-Modell, und der Rückversicherer Swiss Re realisierte ein stärker datengetriebenes Risikomanagement.
Tibco geht in Cloud Software Group auf
Doch die rund 120 Gäste, davon rund 60 Kunden, konnten das Motto genauso gut auf das Unternehmensschicksal von Tibco beziehen. Denn das traditionsreiche Softwareunternehmen gehört nach diversen Private-Equity-Transaktionen nun zu der Holding Cloud Software Group.
Als CEO des neuen Unternehmens fungiert Tom Krause, der zuvor das Softwaregeschäft bei Broadcom verantwortete. Insgesamt hat die Cloud Software Group 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen Tibco 2.000 stellt.
Neben den großen Unternehmen Citrix (ca. 2,5 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz), Tibco (ca. eine Milliarde US-Dollar Jahresumsatz), NetScaler (ca. 500 Millionen US-Dollar Jahresumsatz) wurden auch ibi, Spotfire, XenServer, Jaspersoft und ShareFile (jeweils um die 100 Millionen Dollar Jahresumsatz) in die Gruppe integriert.
Hauptsächlich operative Vorteile angepeilt
Hector Lima, der von Citrix kommt und bei der Cloud Software Group für Field & Channel Sales und damit Partnerschaften zuständig ist, betont: „Die Vorteile dieser Struktur sind vor allem operativ und beim Kundenmanagement sowie bei der Partnerlandschaft.“ Das könnte sich für Tibco günstig auswirken, denn Partner fühlten sich bei Tibco, wie am Rand zu hören war, bislang eher vernachlässigt.
Tatsächlich macht Tibco bislang rund 90 Prozent seines Umsatzes direkt mit großen und sehr großen Kunden. Neues Wachstum sollen laut Tibco-General-Manager Ali Ahmed vor allem Partner generieren. Das Verhältnis direkt-indirekt soll sich dadurch in Richtung 80:20 verändern.
Tibco und alle anderen Firmen der Gruppe arbeiten als separate Business Units. Sie dürfen sogar eigene Akquisen tätigen. Diese können je nachdem, um was es sich handelt, entweder als neue Business Unit in die Cloud Software Group integriert werden oder aber in die sie erwerbende Geschäftseinheit.
Ein kleiner Teil der Tibco-Umsätze gehen an die Cloud-Software-Group-Zentrale für Funktionen wie IT, Finanzen, HR oder strategische Führungsaufgaben, etwa die Entscheidung darüber, welche Unternehmen wie in das Konglomerat integriert werden. Die Tochterfirmen sind im Führungsteam des Vorstands repräsentiert.
Vorläufig keine neuen Integrationen
Die Produkte der verschiedenen Business Units, die zuvor zu Citrix beziehungsweise Tibco gehörten und kombinierbar waren, sind dies weiterhin zusätzliche Integrationen sind aber nicht geplant. geplant. Das bietet sich auch nicht unbedingt an. Einige wie Tibco sind ausgesprochene Enterprise-Anbieter, andere adressieren auch den Konsumentenmarkt oder kleinere Unternehmen. Die Vertriebsstrukturen sind genauso divers.
Am ehesten, so war zu hören, eigne sich noch NetScaler als Netzwerk-Frontend für Tibco. Man sei aber offen dafür, wenn Kunden wegen vieler Produkte aus dem Portfolio der Cloud Software Group eine eher strategische Herangehensweise an den Einkauf dieser Produkte wünschten, betonte Lima.
Neben diesen strategischen Unternehmensneuigkeiten gab es auch Fortschritte und Visionen bei den Tibco-Produkten. So wurde das Messaging-Kernprodukt Rendezvous auf Cloud-native umgesetzt. Die Kubernetes-Variante läuft unter dem Namen Tibco Rendezvous Network Services. Sie erfordert keine Code-Veränderungen, ist kompatibel zu anderen Varianten und bringt Enterprise-Funktionen mit.
Vision einer integrierenden Tibco-Plattform
Weiter wurde die Vision einer Plattform vorgestellt, die das Management und die Überwachung aller Tibco-Produkte im Unternehmen über eine einzige Schnittstelle erlauben soll. Außerdem ist geplant, innovative Funktionen wie FinOps, also die Zurechnung der Betriebskosten zu Gewinnströmen, Geschäftseinheiten etc., oder CO2-Bilanzierung zu integrieren. Für die volle Realisierung der Plattform hat sich Tibco rund zwei Jahre Zeit eingeräumt.
Dabei soll sie Tibco-Implementierungen in der Public Cloud, der Private Cloud und on-premises sowie am Edge einbeziehen. Die darüber liegende Datenebene übernimmt die Aufgaben Integration, API-Management, Messaging, Eventverarbeitung, Datenvirtualisierung und Datenmanagement. Sie bildet damit das bisherige Produktportfolio von Tibco ab.
Entscheidend ist die alles integrierende Steuerungsebene, die als Cloud-Service realisiert wird – vor Ort oder bei einem Cloud Provider. Hier werden das übergreifende Management, Observability über alle Applikationen der Datenebene und alle Datenquellen hinweg mittels Open Telemetry, ein Developer-Portal, das FinOps- sowie unter Umständen weitere Module integriert, etwa die Kohlendioxid-Zurechnung.
Einheitliche Managementebene
Der Einbezug von On-Prem-Komponenten in eine übergreifende Datenarchitektur erfolgt über eine zentrale und lokale Managementebene für die gesamte lokale Tibco-Installation. Diese Aufgabe übernimmt Hawk. Hawk ist eine regel- und agentenbasierte Software zur Überwachung verteilter Anwendungen.
In Zusammenarbeit zwischen Hawk und einem sogenannten Control Tower können vorhandene lokale Tibco-Installationen in die übergeordnete Steuerungslandschaft der Plattform eingebunden werden. Dabei besteht Control Tower aus einer abhängigkeitsfreien Binärdatei. Sie sucht sich nach Installation die Tibco-Komponenten vor Ort selbsttätig zusammen und eröffnet einen sicheren Kommunikationstunnel zur Plattform.
Allerdings gilt dies nur für bereits bestehende Tibco-Instanzen. Neue müssen nach wie vor erst vor Ort installiert und Hawk unterstellt werden, bevor man sie über Control Tower in die Plattform einbinden kann. Das soll sich aber später ändern.
Die meisten Komponenten kommen später
Die zentrale lokale TIBCO-Kontrollinstanz Hawk ist nebenbei bemerkt die einzige Komponente der Plattform, die tatsächlich bereits fertiggestellt ist. Laut Ahmed steht die übergeordnete Steuerungsebene vor der Beta-reife. Sie soll Ende des Jahres erreicht sein.
Die Observability-Funktion der Plattform soll dabei alle Services erfassen, alle Traces, Logs und Metriken korrelieren und damit schnelleres Troubleshooting und schnellere Ursachenanalyse von Fehlern erlauben.
Für das Entwicklerportal sind Funktionen geplant, die die Implementierung neuer Anwendungen erheblich beschleunigen sollen. Es wird auf Basis von backstage.io betrieben und soll für getesteten, robusten Code sorgen. Template-Technologie und Low-Code-Programmierung sollen helfen, schnell Tibco-BusinessWorks-Code zu erzeugen, ohne die entsprechende Sprache zu sprechen.
Außerdem wird die Connectivity universalisiert. Die unterschiedlichen Konnektoren, insgesamt mehr als 300, verteilten sich bislang auf unterschiedliche Tibco-Produkte. In Zukunft steht jede definierte Verbindung sämtlichen Tibco-Produkten, die von der Plattform verwaltet werden, zur Verfügung.
Es bleibt abzuwarten, ob Tibco seine Ankündigungen mit Leben füllen kann. Noch spannender wird aber, ob die Cloud Software Group die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt oder sich als innovationsverschlingender Wasserkopf entpuppt.
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