Kommentar von Dr. Andreas Wierse, Sicos BW, und Dr. Till Riedel, TECO KIT Wie Unternehmen Innovationen schneller vorantreiben

Von Dr. Andreas Wierse & Dr. Till Riedel Lesedauer: 5 min |

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Innovative Ideen, um daten- und KI-getriebene Projekte durchzuführen und dadurch Innovationen schneller voranzutreiben, haben viele Unternehmen. Umsetzen können das längst nicht alle. Vielen mangelt es kurzfristig an den notwendigen Ressourcen. Der neue Service-Katalog des Smart Data Innovation Labs (SDIL) erleichtert nun den Zugang; aufgrund einer BMBF-geförderten Ausschreibung in der Erprobungsphase sogar kostenfrei.

Die Autoren: Dr. Till Riedel (links) ist Lab-Leiter TECO KIT. Dr. Andreas Wierse ist Geschäftsführer der Sicos BW GmbH.
Die Autoren: Dr. Till Riedel (links) ist Lab-Leiter TECO KIT. Dr. Andreas Wierse ist Geschäftsführer der Sicos BW GmbH.
(Bild: Dr. Andreas Wierse)

Im Weinanbau mithilfe der Smartphone-Kamera und Künstlicher Intelligenz (KI) Rebkrankheiten, Mangelerscheinungen und Schädlinge frühzeitig erkennen und differenzieren? Mit speziell entwickelten Modellen generierte Texte auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen? Den saisonalen Reifefortschritt von Mangos weltweit anhand von Satellitenbildern des Anbaugebiets vorhersagen? Was futuristisch klingt, ist im Rahmen der neuen Smart Data Innovation Services (SDI-S) des Smart Data Innovation Lab (SDIL) möglich und bereits Gegenstand kostenloser Mikroprojekte – gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Rund um KI: Service-Katalog für Unternehmen

Doch der Reihe nach: Daten- und KI-getriebene Innovationen bergen viel Potenzial – nicht zuletzt in puncto Wettbewerbsfähigkeit. An Unternehmen, die dieses Potenzial für sich erschließen möchten, mangelt es daher nicht; ihnen fehlt es oft aber an der erforderlichen Infrastruktur oder dem nötigen tiefen Technologieverständnis. Um den Technologietransfer in diesen Bereichen zu erleichtern und den Zugriff auf die KI-Kompetenz von Forschungsinstituten für Unternehmen zu vereinfachen, ist das Transferdienstleistungsangebot des SDIL nun in Form eines Service-Katalogs nutzbar.

2014 wurde das SDIL als „Datenreinraum“ für die Forschung auf industriellen Daten am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gegründet. Innerhalb dessen können auf Hochleistungsrechnern beschleunigte Co-Innovationen zwischen KI-Anwendern und Forschern vorangetrieben werden. Hierzu betreibt das Steinbuch Centre for Computing (SCC) am KIT für die Forschung auf industriellen Daten einen GPU-Cluster und bietet modernste Software und Hardware. Ergänzt wird das Ganze durch aktuelle Cloud-Angebote der beteiligten Softwarepartner, die niedrigschwellig im vorwettbewerblichen Bereich genutzt werden können. Bisher richtete sich das SDIL mit diesem Angebot eher an Forscher, die mit industriellen Daten in einer sicheren und leistungsfähigen Infrastruktur arbeiten wollen.

Einfacher Zugriff auf Leistungen und Kompetenzen

Indem sich das SDIL nun im Rahmen der Smart Data Innovation Services auch direkt an interessierte Unternehmen wendet, profitieren diese doppelt.

  • 1. Sie können aus dem Service-Katalog von Transferdienstleistungen rund um aktuelle KI-Methoden und -Infrastrukturen auswählen und damit eigene Innovationen vorantreiben.
  • 2. Sie profitieren von der Expertise aller im SDIL zusammengeschlossenen Partner, die ihnen mit ihrer Kompetenz als Sparringspartner bei ihren Projekten zur Seite stehen.

Zu den KI-Experten im SDIL gehören derzeit das KIT, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS und das Forschungszentrum Jülich. Hinzu kommen IBM Deutschland, SAP und die Software AG als Anbieter sowie – als neuer Partner – die Sicos BW GmbH als Bindeglied zwischen Forschung und Industrie. Sie alle haben sich im SDIL zusammengeschlossen.

Gut zu wissen: Aktuell kostenfreier Zugriff möglich

In der laufenden, durch das BMBF geförderten Erprobungsphase der Smart Data Innovation Services haben Unternehmen noch die Möglichkeit, neue Services kostenfrei für eigene Innovationen zu erproben. Dazu können sie sich im Rahmen von insgesamt drei Projektausschreibungsrunden mit innovativen Projektideen bewerben. Voraussetzung ist, dass sie die jeweils neu angebotenen Services in eigenen Produkten oder Prozessen verwerten können. Zu den SDI-S, die gerade neu in den Katalog aufgenommen wurden, gehören:

  • Aktives Lernen mit Benutzerinteraktion: Skalierbare Systeme für interaktive Modellverbesserung
  • Anpassung großer Sprachmodelle mit Unternehmensdaten
  • Deep Learning auf Wissensgraphen für den Aufbau kognitiver Unternehmensdienste
  • Few Shot Learning in der Medizin – Lernen mit kleinen Datenmengen
  • Hyperparameter Tuning und KI-Anwendungen insbesondere im medizinischen Bereich
  • LWM – Large Whatever Models – mehr als nur ChatGPT
  • Nicht-invasive Bewertung von Fitness/Gesundheitsparametern
  • Parallelisiertes Lernen von Merkmalsräumen für große Log- und Zeitreihendatensätze
  • Physical Intelligence: Kopplung von physikalischen und KI-basierten Modellen für Regression, Interpolation und Optimierung

Die ausgewählten Leuchtturm-Projekte können Transferleistungen im Wert von maximal 50.000 EUR beziehungsweise maximal sechs Personenmonaten pro Mikroprojekt in Anspruch nehmen. Hinzu kommt für diese Projekte die Nutzung von GPU-Stunden auf einem Hochleistungs-GPU-Cluster für maximal 10.000 Euro.

Für geförderte Projekte, aber auch interessierte Unternehmen, steht hierfür am SDIL eine eigene Rechenpartition innerhalb des bwUniCluster2.0 mit 76 Nvidia-A100-KI–Beschleunigern (40 GB und 15 TFlop/s pro GPU) und 912 Intel-Xeon-Gold-6248R-Prozessoren zur Verfügung; insgesamt bietet diese Partition 7,3 TB Hauptspeicher auf 19 mittels InfiniBand-HDR (100 Gbit/s) vernetzten Knoten. Diese Partition des sonst für die universitäre Forschung genutzten Supercomputers ist exklusiv für die Forschung auf industriellen Daten reserviert. Es können kurzfristig zusätzliche Ressourcen im gesamten Cluster hinzugemietet werden, der momentan über insgesamt 1.776 CPU-Kerne und über 1,5 Millionen cuda Cores auf Nvidia V100, A100 und H100 Beschleunigern verfügt. Hinzu kommen speziell im SDIL für vorwettbewerbliche Projekte nutzbare, modernste Cloud-Angebote der Industriepartner IBM, SAP und Software AG:

  • IBM Cloud – Data Fabric Implementation
  • Software AG Cumulocity IOT Plattform und Streaming Analytics
  • SAP Edge AI Research Workbench und Cloud Services

Für die Nutzung zusätzlich erforderliche Cloud-Ressourcen können in angemessenem Umfang ebenfalls gefördert werden.

Spannende Projekte

Aus den ersten beiden Ausschreibungsrunden sind bereits spannende Projekte entstanden: Sie fördern beispielsweise die Arbeit des KIT für die Aleph Alpha GmbH zur Sicherstellung von Wahrheit in großen Sprachmodellen. Denn: Der rasante technische Fortschritt im Bereich neuartiger generativer Sprachmodelle hat zum stark zunehmenden Interesse an der Nutzung konversationeller KI-Systeme geführt. Ein Risikofaktor aktueller Sprachmodelle ist die Halluzination von Informationen, bei der das Modell Texte generiert, welche plausibel erscheinen, jedoch faktisch inkorrekt sind. Für Rechercheanwendungen ist das problematisch, in kritischen Anwendungen eine elementare Bedrohung. Drei der innerhalb der zweiten Ausschreibungsrunde neu geförderten Projekte beschäftigen sich nun ebenfalls mit der Anwendung und dem Finetuning von großen Sprachmodellen für den produktiven Einsatz.

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Ein anderes Beispiel liefert eine Gruppe von Gründern, die mithilfe des Forschungszentrums Jülich sowie der bereitgestellten KI-Beschleuniger und Cloudsysteme die Erkennung von Weinblattkrankheiten verbessern wollen. Die Analyse durch die entwickelte Anwendung soll Winzer künftig dabei unterstützen, schneller und exakter Entscheidungen hinsichtlich benötigter Pflanzenschutzmaßnahmen zu treffen.

Eine vollständige Liste an Beispielen findet sich auf der Projektwebseite, die mehr als 70 erfolgreiche Beispiele für KI-Kooperationen von Forschung und Industrie rund um SDIL zeigt; darunter auch die aktuell geförderten Ausschreibungsprojekte. Neben den sechsmonatigen Mikroprojekten können sich Unternehmen jederzeit für einmonatige Transfersprints bewerben, um die Dienste und Infrastruktur zu testen und gegebenenfalls ein eigenes Mikroprojekt vorzubereiten.

Smart Data Innovation Day 2023

Die dritte Ausschreibungsrunde wird auf dem diesjährigen Smart Data Innovation Day bekannt gegeben. Dieser liefert außerdem Auskünfte zu spannenden Projektergebnissen und aktuellen Entwicklungen rund um KI und Data Analytics. Das SDIL richtet ihn gemeinsam mit dem KI-Servicezentrum WestAI am 16. November 2023 ganztägig in St. Augustin bei Bonn aus. Neben spannenden Präsentationen führender Experten aus Forschung und Industrie sowie Einblicken in interessante Mikroprojekte bietet der Tag Diskussionsrunden, Informationen zur Nutzung von Forschungsinfrastruktur sowie Networking-Möglichkeiten mit Wissenschaftlern und Unternehmensvertretern. Genauere Infos folgen in Kürze auf der SDIL-Website unter „Aktuelles“.

SDIL-Website

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