TUM entwickelt Machine-Learning-Verfahren Algorithmen helfen bei molekularer Unterscheidung von Krankheiten
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Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben eine neue Methode entwickelt, um Subtypen von Krankheiten aus molekularen Daten zu extrahieren. Dabei kommt maschinelles Lernen zum Einsatz.

Anhand der Symptomatik definieren und diagnostizieren Ärzte Krankheiten. Ähnliche Symptome müssen aber nicht immer auch die gleiche Krankheitsursache oder dieselben molekularen Veränderungen bedeuten. Die molekularen Mechanismen einer Krankheit umfassen zum Beispiel die Regulationen von Genen, Proteinen oder Stoffwechselwegen im Zuge der Erkrankung. Stratifizierte Medizin hat sich zum Ziel gesetzt, Erkrankte auf molekularer Ebene in unterschiedliche Subtypen einzuteilen, um eine gezieltere Behandlung zu ermöglichen.
Um diese Subtypen aus großen Mengen an Patientendaten zu identifizieren, können Algorithmen aus dem maschinellen Lernen helfen. Sie sollen selbstständig Muster und Zusammenhänge innerhalb umfangreicher klinischer Messungen erkennen. Einen solchen Algorithmus hat nun die Nachwuchsforschungsgruppe LipiTUM um Gruppenleiter Dr. Josch Konstantin Pauling vom Lehrstuhl für Experimentelle Bioinformatik entwickelt.
Komplexe Analysen per Web-Anwendung
Die Methode der Forscher vereint die Resultate bestehender Algorithmen, um genauere und robustere Vorhersagen zu klinischen Subtypen machen zu können. Dadurch werden die Vorzüge und Eigenschaften mehrerer Ansätze kombiniert, eine aufwendige Anpassung entfällt. Um den Einsatz in der klinischen Forschung zusätzlich zu vereinfachen, haben die Wissenschaftler eine Web-basierte Anwendung erstellt. Sie ermöglicht die Analyse molekularer Daten ohne dazu bioinformatisches Vorwissen zu benötigen.
Über die Seite können Forscher eigene Forschungsdaten automatisiert analysieren lassen und die Ergebnisse zur Interpretation ihrer Studien nutzen. Auch die Visualisierung genießt dabei hohe Priorität: „Bisherige Ansätze waren nicht in der Lage, Zusammenhänge zwischen Patientengruppen, klinischen Faktoren und molekularen Signaturen intuitiv zu visualisieren. Das ändert sich mit der netzwerkbasierten Darstellung mit unserem Web-Tool MoSBi“, erklärt Tim Rose, Wissenschaftler an der TUM School of Life Sciences. MoSBi steht dabei für „Molecular Signatures using Biclustering“ und steht sowohl für das neue Verfahren als auch die Technologie („Biclustering“), auf die der Algorithmus aufbaut.
Potenzial bewiesen
Im Rahmen einer groß angelegten klinischen Studie konnten die Wissenschaftler das Potenzial ihrer Methode bereits unter Beweis stellen. In Kooperation mit dem Max-Planck-Institut Dresden, der Technischen Universität Dresden und dem Klinikum Kiel wurde die Veränderung des Lipid-Stoffwechsels in der Leber von Patienten mit Nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) untersucht. Dabei handelt es sich um eine weitverbreitete Krankheit, die in Zusammenhang mit Übergewicht und Diabetes steht und bis hin zu Leberzirrhose und Tumorbildung führen kann. Da die Erkrankung durch die Ansammlung unterschiedlicher Fette in der Leber charakterisiert und diagnostiziert wird, ist das Verständnis ihrer molekularen Zusammensetzung wichtig.
Mithilfe ihrer MoSBi-Methode konnten die Wissenschaftler zeigen, wie heterogen die Lebern von NAFLD-Patienten auf molekularer Ebene sind. Ihre Vorhersagen wurden anschließend klinisch bestätigt. Zudem gelang die Identifizierung zweier potenzieller Lipid-Biomarker für den Krankheitsfortschritt. Mit ihrer Hilfe kann die Krankheit und deren Entwicklung frühzeitig erkannt und gezielt behandelt werden. Die Forschungsgruppe arbeitet bereits an weiteren Anwendungen, um auch andere Krankheiten besser verstehen zu können.
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