Konnektivität Das Internet der Dinge endlich ohne Funkloch?

Ein Gastbeitrag von Dr. Sebastian Heger* Lesedauer: 5 min |

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Kein Funkmast in der Nähe oder tief unter Beton? Häufig treffen wir bei der Entwicklung vernetzter Lösungen auf Konnektivitätsprobleme. Low Power Wide Area Networks wie LoRaWAN lassen auf grenzenlose Freiheit hoffen. Aber halten die Technologien, was sie versprechen?

Viele Anwendungsfälle im Internet der Dinge erfordern hohe Reichweiten zur Übertragung von Sensorwerten und Steuerungssignalen.
Viele Anwendungsfälle im Internet der Dinge erfordern hohe Reichweiten zur Übertragung von Sensorwerten und Steuerungssignalen.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Viele Anwendungsfälle im Internet der Dinge erfordern hohe Reichweiten zur Übertragung von Sensorwerten und Steuerungssignalen. In weitläufigen Arealen oder großflächigen Gebäuden ist nicht immer ein WLAN-Router um die Ecke oder ein Mobilfunkmast in der Nähe. Im Zweifel ist sogar die Stromversorgung eine Herausforderung.

Sogenannte Low Power Wide Area Networks (kurz: LPWAN) erfreuen sich deshalb zunehmender Beliebtheit. Aufgrund geringer Bandbreiten sollen Geräte im Feld ihre Daten über viele Kilometer senden und empfangen können. Gleichzeitig sollen Akkulaufzeiten von mehreren Jahren möglich sein.

Das bekannteste LPWAN ist das Long Range Wide Area Network (kurz: LoRaWAN), welches auf dem proprietären Übertragungsverfahren LoRa, also Long Range, basiert. Die Nachrichtengröße variiert bei der Technologie im Bereich weniger Kilobyte. Das ist ausreichend für Sensorwerte und Steuerungsbefehle, die je nach Anwendungsfall meist in einer Frequenz von fünf bis zehn Minuten gesendet werden.

Die Reichweite in der Theorie und Praxis

In der Theorie ist LoRaWAN unschlagbar. Die Leistungsübertragungsbilanz – auch Link Budget genannt – beschreibt die Sendeleistung und Empfängerempfindlichkeit. Die Bilanz wird in Dezibel ausgedrückt und beschreibt das logarithmische Verhältnis der Leistung und Dämpfung. Das Link Budget von LoRaWAN beträgt 154 db. Das ist im Vergleich zu LTE mit 130 db und WLAN mit 98 db extrem hoch. Unter optimalen Bedingungen lassen sich Distanzen von etwa 1.300 km überbrücken. Der LTE-Empfang würde bereits nach 80 km, das WLAN Signal nach knapp einem Kilometer abbrechen.

In der Praxis werden diese Werte jedoch nie erreicht. Anekdotisch wissen wir, dass ein Funkmast in der Nähe sein muss, um mit dem Smartphone surfen oder störungsfrei telefonieren zu können. Das eigene WLAN-Netz zu Hause ist wenige Meter vom Router entfernt schon nicht mehr so gut. Mehrere hundert Meter Reichweite werden ohne Hilfsmittel wie Repeater nie erreicht.

So ist es auch bei LoRaWAN. Jeder Baum, jeder Hügel und jedes Haus kosten einige Kilometer Reichweite. Bereits ein zehn Meter langes Kabel zwischen Sender und Antenne bedeutet 8 db Verlust des Link Budgets. Das entspricht einem Reichweitenverlust von Sage und Schreibe 800 km.

Ein wichtiger Aspekt ist, auf die richtige Positionierung der Antenne zu achten. Bei Outdoor-Applikationen empfiehlt sich Sichtkontakt und eine möglichst hohe Positionierung der Antenne. Die Stadtwerke Augsburg erreichen beispielsweise eine Abdeckung des kompletten Stadtgebiets von 150 Quadratkilometern mit neun Gateways. Die Stadt nutzt LoRaWAN unter anderem zur Überwachung öffentlicher Flächen. So können etwa die Füllstände von Mülleimern transparent gemacht und die Mitarbeiter im Außeneinsatz zielgerichtet ausgesteuert werden. Auch das Monitoring von Grundwasserständen, leer stehenden Gebäuden oder der Gas- und Wasserinfrastruktur bietet Mehrwerte.

In Unternehmen werden LoRaWAN-Anwendungen häufig zur Vernetzung in Gebäuden genutzt – beispielsweise um Automatisierungslösungen ohne Verlegung von Kabeln nachzurüsten. LoRa-fähige Endgeräte können nicht nur Daten senden, sondern auch empfangen. So lassen sich kleinste Bauteile und Komponenten überwachen und regeln. Ein maßgeblicher Vorteil und die Grundlage für viele innovative Geschäftsmodelle zahlreicher Zulieferer und hoch spezialisierter Hersteller von Geräten und Anlagen. Bei Indoor-Applikationen kann eine Positionierung in der Gebäudemitte sinnvoll sein. Stahlbeton, Wasser – dazu zählen vor allem menschliche Körper – und Störungen durch andere Funkquellen beeinträchtigen die Reichweiten jedoch extrem. Da häufig kein direkter Sichtkontakt zwischen Sender und Empfänger möglich ist, erreichen die Funksignale den Empfänger als Echo. Mehrere Stockwerke zu durchdringen ist kein Problem. Um großflächige Gebäudekomplexe abzudecken, werden oft Signalverstärker eingesetzt oder zusätzliche Gateways über das Areal verteilt.

Gefunkt wird auf unterschiedlichen Frequenzen, die sich je nach Kontinent unterscheiden. Europäische LoRa-Lösungen senden auf der Frequenz 868 MHz, Nordamerika nutzt 915 MHz und Asien 433 MHz. Es ist also bereits bei der Auswahl der Komponenten darauf zu achten, dass die entsprechenden Frequenzen verwendet werden können.

Ein großer Vorteil: Die Frequenzen sind kostenfrei und können bedingungsfrei genutzt werden. Vergleichbare Technologien wie Narrow-Band-IoT (kurz: NB-IoT) sind kostenpflichtig. Allerdings muss dann keine eigene Infrastruktur betrieben werden.

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So gelingt die Umsetzung

Grundsätzlich ist ein LoRaWAN-Setup immer gleich aufgebaut. LoRaWAN Gateways dienen als Empfänger für LoRaWAN-Sensoren, sogenannten Nodes. Daten können in beide Richtungen übertragen werden. Nodes können also entweder ausschließlich Daten senden oder zusätzlich Befehle empfangen.

Die internetfähigen Gateways nutzen LTE, Ethernet oder WLAN, um die Nachrichten der Nodes an eine zentrale Plattform weiterzuleiten. Die Plattformen können unterschiedlich aufgebaut sein. Am häufigsten anzutreffen sind das The-Things-Network, Helium und individuelle eigene Lösungen.

Die bekannteste Variante ist das The-Things-Network (kurz: TTN). Dabei handelt es sich um eine globale, kooperative Community. In der Theorie muss kein eigenes Gateway betrieben werden. Die Node kann mit jedem registrierten Gateway kommunizieren, das durch die Community betrieben wird. Die Plattform orchestriert die Übersetzung und Zuteilung von LoRa-Nachrichten zu den entsprechenden Anwendungen. In der Praxis hat das einen entscheidenden Nachteil: Wird das Gateway in der Nähe außer Betrieb genommen, ist das eigene Gerät schnell offline.

Diesen Nachteil versucht die zweite Variante, Helium, durch finanzielle Anreize auszugleichen. Betreiber eines Gateways werden durch das Netzwerk in Form einer Kryptowährung für die Bereitstellung und die genutzte Bandbreite bezahlt. Um mit einer Node Daten zu senden oder empfangen, muss für das benötigte Datenvolumen an Helium ein kleiner Betrag entrichtet werden. Die Abdeckung durch Gateways ist heute aber noch sehr überschaubar. Das liegt auch an extremen Preisen für die wenigen lizenzierten Gateways am Markt.

Insbesondere Unternehmen setzen deshalb in der Regel auf private LoRaWANs. Individuelle Lösungen bieten hohe Verfügbarkeit, Sicherheit und verfügbare Bandbreite. Darüber hinaus lassen sich individuelle Funktionalitäten, Edge-Logik oder lokale Steuerungen integrieren. Mit einem klaren Nachteil: Die komplette Infrastruktur von den Nodes über die Gateways bis hin zur Applikation müssen selbst bereitgestellt und betrieben werden. Der damit verbundene Aufwand sollte nicht unterschätzt werden.

Dieser Artikel stammt von unserem Partnerportal Industry of Things.

* Sebastian Heger ist Solution Specialists bei Tresmo.

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