Industrie 4.0 ALPLA setzt auf IoT-Datenverarbeitung im Discrete Manufacturing

Von Christian Lutz *

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Wer in den Kühlschrank oder die Dusche schaut, findet auf den ersten Blick vermutlich gleich mehrere Produkte des Plastikflaschenherstellers ALPLA aus dem österreichischen Vorarlberg – von der Milchverpackung bis zur Shampooflasche. Manchmal unterscheiden sie sich nur in winzigen Details voneinander. Doch bis diese Produkte in ihren sorgsam überlegten Plastikverpackungen bei uns in den Haushalten ankommen, legen sie einen weiten Weg zurück – auch schon lange, ehe sie einen Supermarkt oder eine Drogerie erreichen.

Der Verpackungshersteller ALPLA nutzt ein industriefähiges Zeitreihenmanagement von Crate.io.
Der Verpackungshersteller ALPLA nutzt ein industriefähiges Zeitreihenmanagement von Crate.io.
(Bild: ALPLA)

Der Prozess der Herstellung ist dabei sehr komplex – für ein scheinbar so einfaches Produkt am Ende. Doch es geht neben der Sicherheit des Produktes, sowohl was die Lebensmittelechtheit als auch Verletzungsgefahr angeht, vor allem auch um die Optimierung der Materialnutzung. Oder anders gesagt: Wie optimal kann die Plastikkonstruktion sein, um allen Ansprüchen Genüge zu tun und gleichzeitig so viel Material und Aufwand in der Fertigung zu sparen, wie möglich. Das Stichwort lautet daher Gesamteffizienz.

Um die Gesamteffizienz der Betriebsanlage (Overall Equipment Efficiency, OEE) zu optimieren, müssen Daten von Zehntausenden von Sensoren mit 900 unterschiedlichen fabrikspezifischen Typen geladen werden. Da es daher für einen Menschen unmöglich ist, diese Daten in Echtzeit zu überblicken und schnell zu handeln, wenn an einem Ende der Kette etwas Unvorhergesehenes passiert, startete ALPLA 2014 daher ein Pilotprojekt, das sich auf die datengesteuerte Fertigung konzentrierte. Dabei ging es darum, dass die Maschinendaten in Echtzeit analysiert werden, um die richtigen Informationen an die entsprechenden Mitarbeiter in der Fertigung zu senden, um auf Fehler zu reagieren und Probleme zu verhindern.

Nach der Verbindung einiger Linien mit mehreren Maschinen und dem Hinzufügen der ersten anderen Anlagen stellte das Team von ALPLA fest, dass die verwendete Datenbank mit der hohen Schreib- und gleichzeitigen Leselast nicht mithalten konnte und das System verlangsamte. Zusätzlich wollte das Unternehmen, dass die genutzte Datenverwaltungsplattform langfristig auf die 181 Produktionsstandorte des Unternehmens in 46 Ländern ausgeweitet wird. Das überstieg jedoch die Größenordnungen der sich im Einsatz befindlichen Datenbank bei Weitem.

Ans Aufhören dachte aber niemand. Weder die Reduktion der Datenmenge noch ein Abweichen von dem Ziel, alles in Echtzeit überblicken zu wollen, waren eine Option. Stattdessen wurden Alternativen geprüft. Die Lösung war schließlich ganz nah: Ebenfalls in Vorarlberg saß zu dieser Zeit das noch junge Unternehmen Crate.io mit einem interessanten Produkt: Einer Datenbank mit starkem Fokus auf Industriedaten, Skalierbarkeit, Effizienz, Preis und schnelle Reaktionszeiten. Nach einigen Gesprächen entschied sich ALPLA für die CrateDB. Später sollte sich herausstellen, dass das eine Win-win-Situation für beide Unternehmen sein würde: Während ALPLA seine Fertigung optimieren konnte, konnte die CrateDB durch diesen Praxiseinsatz noch stärker an die Wünsche der industriellen Fertigung angepasst und weiterentwickelt werden.

Eine Datenbank für das IoT

Optimierung des Produktionsprozesses mit Notes und Reports in Echtzeit
Optimierung des Produktionsprozesses mit Notes und Reports in Echtzeit
(Bild: Crate.io)

Die CrateDB ist eine verteilte SQL-Datenbank, die auf einer NoSQL-Architektur aufsetzt und dadurch SQL für das Processing sowohl strukturierter als auch unstrukturierter Datentypen nutzen kann. Die Architektur erlaubt außerdem eine horizontale Skalierung durch das Zusammenschalten von Servern zur Erfassung von Millionen von Daten pro Sekunde und Hunderte von Terabyte Clustergröße. Verteilte Verarbeitung, Datenpartitionierung sowie die In-Memory-Indizes liefern Antworten auf Zeitreihenanfragen in Millisekunden.

Während die meisten Unternehmen nach Möglichkeiten suchen, die eigenen Datensätze zu nutzen – wie Kundendaten etc. – steht der Industriesektor vor ganz eigenen Herausforderungen. Herkömmliche Datenbanken sind nicht für Industrial-IoT-Umgebungen und eine Flut von Daten aus unterschiedlichen Quellen wie Maschinensensoren, Workflow-Automatisierung, ERP-Systemen und anderen branchenspezifischen Anwendungen ausgelegt. Begrenzte Flexibilität, Skalierbarkeit und der Mangel an Echtzeit-Informationen können zu Engpässen für Industrieunternehmen werden, die ihre Produktionsprozesse „on-the-fly“ verbessern wollen.

Die verteilte SQL-Technologie von Crate.io, die für Industrie- und IoT-Umgebungen entwickelt wurde, macht intelligente Systeme und IoT-Plattformen einfacher und kostengünstiger in Aufbau, Skalierung und Betrieb. Dabei ist das grundsätzliche Ziel, dass der Einsatz Einsparungen ermöglicht, sowohl beim Material, als auch Betriebskosten und Reduktion von Qualitätskosten. Dazu kommt die Prozessoptimierung als sehr effizientes Werkzeug bei werksübergreifenden Optimierungen und die zeitliche Verkürzung zwischen Auftreten eines Problems und der Lösung des Problems. Die genaue Analyse der Ortung des Problems kann z. B. zu Tage fördern, dass zwar ein Produktionsstau an Maschine fünf entsteht, das Problem dafür aber bereits am Beginn der Kette vorliegt, da eine Flasche die falsche Größe hat.

Echtzeitdaten und globale Skalierbarkeit

Crate.io entwickelte eine IoT-Plattform für ALPLA auf der Grundlage seiner CrateDB Cloud for Azure und des CrateDB-Edge-Moduls. Die Lösung bietet eine vollständig verwaltete Datenbank-as-a-Service mit CrateDB und der Microsoft-Azure-IoT-Suite. Die größten Herausforderungen sind dabei das Verfügbarmachen der ganzen Maschinendaten, auch weil es regelmäßig neue Datentypen gibt, die kompatibel gemacht werden müssen und die Updates einzelner Maschinen, die miteinander funktionieren müssen, weiterhin miteinander kompatibel sein müssen. Dazu werden Neuerungen installiert, während der Betrieb weiterläuft. Die Lösung sind standardisierte Formate und klare Definitionen von Schnittstellen.

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CrateDB kombiniert die Einfachheit von Standard-SQL (mit Postgres-Treiber) mit den Vorteilen von NoSQL, um einen zentralen Datenspeicher für eine Vielzahl von strukturierten und unstrukturierten Informationen aus Quellen wie Sensoren, ERP-Systemen, Qualitätssicherungslösungen, Bildern und Videos bereitzustellen. Die Lösung sammelt kontinuierlich Prozess- und Produktionsinformationen, eine Datenverarbeitungsschicht reichert die Daten in Echtzeit an und analysiert sie, und dann sendet die Plattform eine Warnung mit Handlungsempfehlungen an die mobile App und das Headset eines Mitarbeiters.

Der Einsatz des Headsets ermöglicht es, den Mitarbeiter akustische Hinweise zu geben, sodass sie auch mitten in einer anderen Tätigkeit in Echtzeit erfahren, ob es an einer anderen Stelle gerade einen Produktionsstau gibt, Füllstände von Flaschen fehlerhaft sind, eine Maschine verstopft ist oder ein anderweitiges Eingreifen erforderlich ist. In zentralen Dashboards laufen gleichzeitig alle Informationen zusammen, sodass von dort aus die ganze Produktion im Überblick bleibt, mit weltweitem Zugriff.

CrateDB ist derzeit 15 Fabriken mit über 100 Produktionslinien in den Vereinigten Staaten in Betrieb, wobei ab 2021 der globale Rollout an die anderen Standorte in über 40 Ländern weitergeführt wird. Die Lösung wird letztendlich alle ALPLA-Standorte weltweit verbinden und um weitere Produktions- und Geschäftsprozesse erweitern. Die Sensoren haben dabei alle möglichen Größen und Aufgaben, einige sind relativ einfach, wie ein Sensor, der die durchlaufenden Produkte zählt. Darüber hinaus gibt es Sensoren zur Quality Ensurance, Bilderkennung für Messvorgänge, Metalldetektoren, die ausschließen, dass Metall in die Plastikflaschen gelangt, Sensoren zur Materialoptimierung und viele weitere.

Innovation fördern

Mit einem zentralen IoT Datenspeicher für praktisch alle vom Unternehmen gesammelten Produktionsdaten freut sich ALPLA auf den Anschluss tausender zusätzlicher Sensoren pro Werk. Durch das Sammeln weiterer Rohdaten kann das Unternehmen die Vorteile des maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz nutzen, um Probleme vorherzusagen, anstatt nur darauf zu reagieren. ALPLA plant außerdem, die Lösung auf weitere Unternehmensbereiche auszudehnen.

Dabei ist es ein wichtiger Schritt, auch die Mitarbeiter für die neue Technologie zu befähigen. ALPLA war entschlossen, sowohl seine Technologie als auch seine Unternehmenskultur zu transformieren, um eine stärker datengesteuerte Organisation zu schaffen. Die CrateDB-Plattform warnt die Mitarbeiter nicht nur vor einem Problem, sondern sendet auch Lösungsvorschläge, die Checklisten für bewährte Verfahren, Fotos und sogar Lehrvideos enthalten können. Dadurch bietet das System auch eine optimierte Einarbeitung neuer Mitarbeiter.

Crate.io und ALPLA glauben, dass die Lösung weitreichende Auswirkungen auf die Fertigungsindustrie hat, da sie zeigt, wie ein Unternehmen mit mehr als 180 Werken weltweit auf Echtzeit-Produktionsdaten und moderne Analysen zugreifen kann. In die Zukunft geblickt stehen dank KI und maschinellem Lernen den Mitarbeitern hilfreiche Werkzeuge und Informationen zur Verfügung, die sie benötigen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

* Christian Lutz ist Gründer und President of the Board bei Crate.io

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