Kommentar von Bernd Groß, Software AG und Cumulocity Welche Rolle spielt KI in der Industrie 4.0?
Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt in Unternehmen, dem öffentlichen Sektor und im täglichen Leben der Konsumenten immer mehr an Bedeutung. Ob im E-Commerce, dem Online-Marketing, bei Sprachassistenten oder in der Medizin – das Thema findet sich in verschiedensten Branchen wieder.
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Während Data Scientists Daten analysieren, Algorithmen entwickeln und Modelle mit verschiedenen Open-Source-Tools offline anpassen, geht es den Unternehmen zunehmend darum, die entsprechenden KI-Modelle zu implementieren und anzuwenden, um intelligente Entscheidungen in Echtzeit zu treffen.
Zu den repräsentativen vertikalen Branchen, in denen bereits fortgeschrittene KI-Anwendungsfälle mit Kunden vorliegen, gehört neben dem Finanz- und Versicherungssektor sowie Marketingdienstleistungen vor allem auch die Industrie 4.0. Im industriellen Umfeld haben die potenziellen Anwender bereits erkannt, dass KI-Algorithmen vielversprechende Möglichkeiten bieten. Insbesondere in der „Smart Factory“ bietet die Technologie großes Potenzial, um Geschäftsprozesse langfristig effizienter und sicherer zu machen.
Mit einem neuen Verständnis für die Anforderungen der Produktion der Zukunft entstehen Anwendungsfelder, die über die heutigen, repetitiven und somit programmierbaren Roboterapplikationen hinausgehen und einen echten Mehrwert bieten.
Die Fabriken der Zukunft – wie verbessert KI die Automation?
Im Wesentlichen gibt es zwei Arten der KI. Beim maschinellen Lernen geht es einerseits um das Trainieren einer Software. Aus Mustern oder wiederkehrenden Zuständen ziehen smarte Technologien automatisiert und selbstständig Schlüsse, mit denen sich die weiteren Produktionsabläufe optimieren lassen. Aber auch die Effizienz ganzer Produktionsanlagen lässt sich damit planen. Eine Strategie auf Basis von KI kann zum Einsatz kommen, wenn fahrerlose Transportfahrzeuge, sogenannte Automated Guided Vehicles (AGVs), eigenständig Aufgaben übernehmen. Hier steht die optimale Planung im Fokus. Bei beiden Ansätzen wird der Programmieraufwand durch die KI auf Basis großer Datenmengen geringer und in manchen Fällen sogar erst mithilfe der KI handhabbar – Stichwort Big Data.
Künstliche Intelligenz birgt Möglichkeiten für Fabriken, von denen noch vor ein paar Jahren niemand zu träumen gewagt hätte: Produktionsanlagen lassen sich intelligent planen und steuern, Produktionsmittel und Bauelemente miteinander vernetzen. Die ermittelten Daten werden dann mithilfe von KI analysiert und Prozesse miteinander verknüpft. Maschinelles Lernen optimiert und automatisiert die Produktionsprozesse. IoT-Sensoren sorgen in vielen Fabriken bereits für eine Fülle von Daten und überwachen den reibungslosen Betrieb von Subsystemen, die es in Kombination mit KI- und Machine-Learning-Technologie ermöglichen, von einem Break-Fix-Modell auf ein Predictive-Analytics-Modell zu wechseln.
Richtig angewandt können mithilfe von Kunden-, Log- und Sensordaten sogar neue Lösungen gefunden werden. Integral wichtig – sowohl für die Prozessoptimierung als auch das Finden neuer Lösungen – ist eine potente IT-Infrastruktur, die auf die Anforderungen von KI- und Machine-Learning-Workloads vorbereitet ist. Ist dies gewährleistet, werden die Fabriken der Zukunft immer vernetzter, Abläufe weitgehend automatisiert und Mitarbeiter entlastet.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass KI innerhalb der Industrie 4.0 dabei hilft, die ermittelten Daten effektiv zu nutzen und so die verschiedenen Prozesse intelligent miteinander zu verzahnen, sodass sie autark ablaufen können. Die Anwendungen brauchen dafür aber nicht nur Unmengen von Daten, sondern vor allem die richtigen. So entwickelt sich aus Big Data Smart Data – denn Daten sind nur etwas wert, wenn man weiß, wie und wozu man sie verwenden kann.
Mit Predictive Analytics in die Zukunft blicken
Predictive Analytics ermöglicht es, zukünftige Ereignisse wie Ausfälle oder Fehler genau vorherzusehen und rechtzeitig zu vermeiden. Dadurch wird die Zukunft steuerbar. Damit alle Branchen und Anwendungsbereiche davon profitieren, braucht es jedoch auch einen standardisierten Rahmen, über den intelligente Lösungen bereitgestellt werden können. Lange war dies aufgrund der großen Datenmengen schwierig umzusetzen. Mittels Künstlicher Intelligenz können nun weit mehr Daten in einem viel kürzeren Zeitraum als bisher analysiert und ausgewertet werden. Durch Predictive Analytics können Unternehmen das gesamte Potenzial ihrer Daten nutzen, um einen schnellen Einblick zu gewinnen. Firmen können beispielsweise Echtzeit-Daten, periodisch auftretende Peaks und andere Ergebnisse aus ihren Daten ablesen und Robotersysteme für eine flexible Fertigung fit machen.
Fehler vermeiden dank Echtzeit-Analyse
Die Komplexität mehrstufiger Produktionsprozesse spiegelt sich oftmals in der Fehlerquote, die während eines bestimmten oder mehrerer Prozesse aufkommt, wider. Eine hohe Komplexität mit hoher Fehlerquote kann im schlimmsten Fall fatale Folgen haben. Beispielsweise, wenn vernetzte Maschinen und Roboter ihre Daten an eine Software oder Cloud-Anwendung weiterleiten identifiziert eine KI aus diesen Daten Muster und Auffälligkeiten und gewinnt relevante Informationen über den Produktionsprozess.
Interessante Daten sind beispielsweise die Abläufe in der Fertigung, bevorstehende Wartungsarbeiten oder Stillstandszeiten. Mit diesem Wissen lässt sich auch eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) implementieren. Potenzielle Störungen können im Vorfeld erkannt und behoben werden, bevor sie überhaupt entstehen und Schaden anrichten. In der Produktion sind Abläufe effizient aufeinander abgestimmt.
Diesem Risiko beugt auch das Krefelder Unternehmen Certuss, das geräuscharme Dampferzeuger produziert, proaktiv vor. Die Geräte, die oft an mehrstufigen Produktionsprozessen beteiligt sind, werden unter anderem auch zur Reinigung und Sterilisation von chirurgischen Instrumenten eingesetzt. Um eine exzellente Qualität sicherzustellen, hat Certuss über die Cumulocity-IoT-Plattform einen prädikativen Echtzeit-Analytik-Wartungsservice eingerichtet. Die Lösung ermöglicht es, für jeden Dampferzeuger etwa 60 unterschiedliche Parameter wie Druck, Temperatur oder Wasserstand in Echtzeit zu analysieren. Mit den gewonnenen Daten lassen sich Vorhersagen darüber treffen, wann und an welchem Punkt in der Produktionskette Fehler auftreten können – die dann vorab ausgemerzt werden.
Maschinelles Lernen hat das Potenzial, Produktivität und Verfügbarkeit bei laufender Produktion zu optimieren. Doch nicht nur das: Weitere Verbesserungen ergeben sich bei der Prozessqualität, der Taktzeit, dem Energieverbrauch und den Wartungsintervallen.
Insgesamt betrachtet, haben selbst kurze Störungen oder Stillstandszeiten enorme wirtschaftliche Auswirkungen und sollten deshalb vermieden werden. Bereits heute werden mehr und mehr repetitive Aufgaben in der Industrie von KI-basierten Maschinen übernommen. Die zu verrichtende Arbeit wird perspektivisch also dank Künstlicher Intelligenz für uns Menschen qualitativ hochwertiger und weniger mühsam.
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