Definition Was ist Cognitive Computing?

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Stefan Luber / Nico Litzel

Cognitive Computing nutzt Technologien der Künstlichen Intelligenz, um menschliche Denkprozesse zu simulieren. Ziel ist es, auf Basis von Erfahrungen eigene Lösungen und Strategien zu entwickeln. Die Systeme interagieren in Echtzeit mit ihrem Umfeld und verarbeiten große Datenmengen.

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Eine eindeutige und allgemeingültige Definition für Cognitive Computing existiert nicht. In der Regel versteht man unter Cognitive Computing Computermodelle oder Computersysteme, die Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI) wie Deep Learning oder Data Mining nutzen, um menschliche Lern- und Denkprozesse zu simulieren. Kognitiv arbeitende Systeme sind im Vorfeld nicht auf konkrete Problemlösungen programmiert, sondern lernen selbstständig durch die gemachten Erfahrungen und gesammelten Daten. Sie entwickeln eigene Lösungen und Strategien durch die Analyse der Datenbasis. Die selbstlernenden IT-Systeme sind in der Lage, in Echtzeit mit Ihrem Umfeld zu interagieren und berücksichtigen die erhaltenen Informationen für ihre eigenständig entwickelten Erkenntnisse. Hierfür ist es erforderlich, große Datenmengen zu speichern und sie in hoher Geschwindigkeit zu verarbeiten und zu analysieren.

Da die Daten in vielen verschiedenen Formaten unstrukturiert vorliegen, kommen Techniken und Datenbanksysteme aus dem Big-Data-Umfeld zum Einsatz. Ziel des Cognitive Computing ist es, intelligente Computersysteme zu schaffen, die selbstständig, ohne menschliche Hilfe, Probleme lösen und Lösungsvorgänge automatisieren. Kernkomponenten des Cognitive Computing sind Algorithmen des maschinellen Lernens, die die vorliegenden Daten kontinuierlich nach Mustern untersuchen und ihre Analysemethoden ständig verfeinern.

Viele der Systeme nutzen die Spracherkennung für die direkte Kommunikation mit dem Menschen. Cognitive Computing kommt in verschiedenen Bereichen zum Einsatz und wird beispielsweise für die voraussehende Wartung (Predictive Maintenance) oder im E-Commerce-Umfeld für Produktempfehlungen verwendet. Weitere Anwendungsgebiete sind die Medizin, die Robotik oder die virtuelle Realität. Eine sehr bekannte Implementierung des Cognitive Computing ist das IBM-Computersystem „Watson“.

Die wichtigsten Voraussetzungen für kognitive Computersysteme

Wichtigste Voraussetzung für das Cognitive Computing ist die Fähigkeit, aus den gemachten Erfahrungen selbstständig zu lernen. Gleichzeitig sind die eigenen Lösungsansätze ständig zu reflektieren und zu hinterfragen. Damit die Systeme ähnlich dem menschlichen Gehirn arbeiten, sind weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Die Kommunikation mit Menschen und dem Umfeld muss interaktiv und in Echtzeit erfolgen. Die kognitiven Systeme müssen zudem anpassungsfähig sein und berücksichtigen, dass sich Informationen ändern oder nicht eindeutig sind. Hierfür ist es erforderlich, Daten nahezu in Echtzeit zu verarbeiten.

Wichtig ist, dass beim Cognitive Computing sämtliche Informationen in ihrem Kontext wahrgenommen werden. Dazu gehören kontextbezogene Merkmale wie Zeit, Ort und Personen, die die Bedeutung von Informationen beeinflussen. Als Eingabe-Methoden sind text-, sprach- oder gestenbezogene Eingaben zu unterstützen.

Cognitive Computing und Big-Data-Technologien

Ein wesentliches Merkmal des Cognitive Computing ist, dass riesige Datenmengen unterschiedlichster Art gespeichert und binnen kürzester Zeit verarbeitet werden müssen. Da die Daten in der Regel in unstrukturierter Form vorliegen, lassen sich herkömmliche relational arbeitende, SQL-basierte Datenbanksysteme für Cognitive Computing nicht effizient einsetzen. Es kommen Techniken und Datenbanksysteme aus dem Big-Data-Umfeld zum Einsatz, die No-SQL-Ansätze verfolgen und große Datenmengen in nahezu Echtzeit verarbeiten. Nur so ist es den kognitiv arbeitenden Systemen möglich, die Daten schnell aufzubereiten, anzureichern und zu verstehen.

Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele für Cognitive Computing

Für Cognitive Computing ergibt sich eine große Vielfalt verschiedener Anwendungsmöglichkeiten. Schon heute werden kognitive Systeme und Künstliche Intelligenz im Finanzwesen, in der Medizin, im Marketing oder in der Industrie und im Internet of Things (IoT) eingesetzt. Im E-Commerce ist Cognitive Computing in der Lage, auf Basis von analysiertem Kundenverhalten und Nutzerprofilen exakt passende Produktempfehlungen zu liefern. Sprachcomputer von Telefon-Hotlines erkennen mit kognitiven Methoden die Eingaben und Anliegen der Anrufer und liefern selbstständig geeignete Lösungen.

Suchmaschinenanbieter nutzen Cognitive Computing, um bessere Ergebnisse für unterschiedlichste Suchanfragen bereitzustellen. Es lassen sich komplexe, mehrstufige Suchanfragen besser verstehen und Ergebnisse mit höherer Relevanz liefern. In der Medizin ist es durch die Auswertung von Bildern und dem Vergleich mit anderen Aufnahmen möglich, Rückschlüsse auf Erkrankungen zu ziehen. Es existieren Systeme, die Radiologen bei ihrer Arbeit unterstützen und Röntgenbilder oder MRT-Befunde analysieren. Zweck dieser Systeme ist es, die Fehlerquote bei Diagnosen zu senken und das Übersehen von Krankheitsbildern zu verhindern.

Damit Cognitive Computing dies leisten kann, sind die Systeme mit einer Vielzahl an radiologischen Bildern auszustatten und mithilfe Künstlicher Intelligenz zu trainieren. Beim autonomen Fahren lernen kognitive Computersysteme mithilfe von Sensordaten, GPS-Informationen und den bereits gemachten Erfahrungen, Fahrzeuge selbstständig zu fahren und bei Eintritt bestimmter Ereignisse die richtigen Entscheidungen zu treffen. Weitere Anwendungsbereiche für Cognitive Computing sind die Gesichtserkennung oder das Kundenbeziehungsmanagement.

Cognitive Computing und das Computersystem Watson von IBM

Ein sehr bekanntes Beispiel für Cognitive Computing ist das von IBM entwickelte Computersystem Watson. Es ist eng mit dem Begriff Cognitive Computing verbunden und erlangte im Jahr 2011 weltweite Bekanntheit, als es in der englischen Quizshow „Jeopardy!“gegen Menschen antrat. Watson beantwortete Fragen selbstständig und sinnvoll. Selbst Dialekte und Zweideutigkeiten oder Wortwitze konnte das System erkennen. IBM sieht Watson als ein wichtiges Element seiner Strategie im Bereich KI und verfolgt das Ziel, Problemlösungsverfahren zu revolutionieren. Hierfür verwendet IBM evidenzbasiertes Lernen und die Deep-Content-Analyse.

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