Kommentar von Dr. Matthias Glowatzki, IBM Union Investment – Datenanalyse im Finanzsektor
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Die eigenen Kunden kennen, deren Wünsche antizipieren und daraufhin passende, attraktive Produkte entwickeln, sind eine selbstverständliche Übung für jedes Unternehmen – so möchte man meinen. Denn schwieriger wird es, wenn ein Unternehmen gar keine direkten Kunden hat. Union Investment, die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland, ist genau mit dieser Situation konfrontiert, und zwar nicht erst seit jüngerer Zeit.

Traditionell agiert Union Investment im Hintergrund und ohne eigenen Direktvertrieb. Diesen übernehmen die knapp 800 Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland. Sie verfügen über die Kundenkontakte, ihre Beraterinnen und Berater informieren zu den Vorsorgeprodukten und Finanzanlagen, sie wissen, was Kunden wollen und auch, was nicht. Wie aber kommt Union Investment an diese Informationen?
Mannigfaltige Use Cases
Die – naheliegende – Antwort: Daten. Genauer gesagt: Die Analyse der vorliegenden Daten in anonymisierter Form aus dem Beratungs- und Verkaufsprozess, aus allgemeinen Marktanalysen, aus eigenen und aus Drittquellen. Auf der Grundlage dieser Daten, gepaart mit den richtigen KI-Modellen auf Basis von IBM-Daten und KI-Technologien, zum Beispiel mit der Software SPSS Modeler und SPSS Statistics, aber auch Python und R hat Union Investment ein Data-Analytics-as-a-Service-Angebot entwickelt, das sie den Volks- und Raiffeisenbanken zur Verfügung stellt.
Mithilfe dieses Angebots können die Banken ihren Kunden individuelle Lösungen zur Geldanlage anbieten – von der persönlichen Altersvorsorge über Ansparlösungen bis zum Vermögensaufbau. Die vielfältigen Möglichkeiten von Data-Analytics-as-a-Service ermöglichen detaillierte Erkenntnisse zur Kundensegmentierung, zum Potenzial der Kunden und komplexe Affinitätsanalysen, um die Finanzbedürfnisse der Kunden exakter einzuschätzen und vorherzusagen. Zudem lassen sich individuelle Bewertungen zu regionalen Besonderheiten (zum Beispiel städtische versus ländliche Regionen) erstellen, um die damit einhergehenden unterschiedlichen Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen.
Datenschutz und Sicherheit sind der Schlüssel zu Daten- und KI-Projekten
Für Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor ist die Sicherstellung, dass Daten und KI-Modelle einer geordneten Governance unterliegen und erklärbar sind, der Schlüssel, um mehr Vertrauen und Transparenz in geschäftliche Vorhersagen und Ergebnisse zu erreichen.
Thomas Fender, Leiter des Bereichs bei Union Investment und „Mitarbeiter der ersten Stunde“, lenkt die Aufmerksamkeit diesen Aspekt: „Um Vertrauen in die Ergebnisse zu erreichen, ist es entscheidend zu verstehen, wie ein KI-Modell zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist auf Basis welcher Faktoren. Die Qualität der Daten und auch die Qualität des Analysemodells können die Belastbarkeit der Aussagen erheblich beeinflussen.“
In diesem Kontext hat sich besonders eine bereits sehr frühzeitig getroffene Weichenstellung als richtig erwiesen: Die Entscheidung, die Einheit Data Analytics direkt im Fachbereich anzusiedeln. So kann fachlich geprüft werden, welche Daten welche Variablen inhärent mitbringen und welche Aussagekraft sich ableiten lässt. Eine weitere wichtige Abgrenzung ergibt sich aus ethischen Fragen, wie mit verfügbaren Daten nach Ansicht des genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbundes umzugehen ist, etwa der Nicht-Einbeziehung von Social-Media-Analysen.
„Nicht alles, was auswertbar ist, muss auch zwingend ausgewertet werden – wir orientieren uns dabei ganz klar an unserem Verständnis eines fairen Umgangs mit unseren Kunden“, unterstreicht Fender. „Daten- und KI-Systeme müssen unter Berücksichtigung des Datenschutzes entwickelt werden und die Daten über den gesamten Lebenszyklus hinweg schützen, vom Training über die Produktion bis hin zur Governance.“
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