Nachbericht SAS Explore Las Vegas SAS setzt auf Branchenlösungen mit KI
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Auf der Technologiekonferenz SAS Explore präsentierte SAS Mitte September die ersten der im Frühjahr angekündigten Branchenlösungen mit KI-Integration. Außerdem gab es einen Ausblick auf weitere neue Produkte.

Auf der Technologiekonferenz SAS Explore in Las Vegas ging es vor allem darum, wie die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI oder AI) in die Unternehmens-IT und die SAS-eigenen Produkte eingebracht werden könnten. So hatte SAS angekündigt, eine Milliarde US-Dollar in KI-gestützte Branchenlösungen auf Basis von SAS Viya investieren zu wollen. Nun sind die ersten Ergebnisse dieser Initiative sichtbar.
Zwei Lösungen, für die Branchen Gesundheitswesen und Energie, präsentierte SAS auf der SAS Explore in Las Vegas. SAS Health ist eine KI- und Analytics-Plattform für Gesundheitsdienstleister, staatliche Gesundheitsakteure und Krankenversicherungen. Sie soll zum Beispiel helfen, Personalengpässe rechtzeitig zu erkennen und die Qualität jeder einzelnen Interaktion mit Patienten zu messen. Auch die Pflege von chronisch Kranken mit komplexen Krankheitsbildern soll wirksam verbessert werden.
Der Cloud-native-Lösung liegt ein gemeinsames Gesundheitsdatenmodell zugrunde. Es integriert Gesundheits-, klinische, Finanz- und Betriebsinformationen und ist an verbreitete Standards der Industrie angepasst. Inwieweit das auch auf europäische Standards zutrifft, ist unklar.
Genaue Energiebedarfsprognosen durch KI
Die zweite Branchenlösung, SAS Energy Forecasting Cloud, richtet sich an Energiedienstleister. Sie soll helfen, Erzeugung und Bedarf durch sehr genaue Prognosen auch in Netzen mit fluktuierender Erzeugung auszubalancieren. In das System fließen Daten aus Infrastruktur, Nachfrage, Erzeugung und Wetter ein. Das ist zum Beispiel in den USA mit seinem veralteten, größtenteils oberirdisch verlegten Stromnetz eine große Herausforderung. Vom Los Angeles Department of Water and Power wird der Softwareservice bereits eingesetzt.
Beide Lösungen haben den Anspruch, dass die Antworten ihrer Systeme möglichst 100 Prozent zuverlässig, nachverfolgbar und in der Entscheidungsbegründung transparent sind. Für die dritte der Branchen, auf die sich SAS zurzeit fokussiert, die Finanzbranche, gibt es noch keine Lösung. Das dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein.
Zielgenau: KI-gestütztes digitales Marketing
Auch für das digitale Marketing, insbesondere für die Kundendatenplattform SAS Customer Intelligence 360, schafft SAS Integrationsmöglichkeiten für Generative AI. Die Plattform kann mit einem vom Kunden selbst gewählten KI-Provider verbunden werden. Die Art der Einbindung von Generative AI ist weitgehend vom Kunden konfigurierbar und hilft bei der Zielgruppendefinition, bei der Texterzeugung, bei Ergebnismessungen und Reports.
Mark Chaves, bei SAS Director Digital Marketing Solutions, betonte, dass hier wie überall, wo SAS KI einsetzt, Datenschutz Priorität genieße. Außerdem habe der Mensch die letzte Entscheidung und der Output müsse interpretierbar und transparent sein. Das heißt, das System muss seine Entscheidungsgründe mitliefern.
Zusammenspiel zwischen Digital Twins und synthetischen Daten
Grundsätzlich will sich SAS im Bereich Generative AI besonders drei Themen widmen, kündigte Bryan Harris, Chief Technology Officer bei SAS, an: synthetische Datenerzeugung, Digital Twins und LLM (Large Language Models). „Bei synthetischen Daten haben wir in den vergangenen drei bis vier Jahren experimentiert“, sagte Harris.
Nun habe man es geschafft, zwei GANs (Generative Adversarial Networks) für strukturierte und unstrukturierte Daten zu koppeln. Bei dieser Methode des nicht-überwachten Lernens kontrollieren sich zwei neuronale Netze gewissermaßen gegenseitig, um am Ende realitätsnähere Modellierungsergebnisse zu erzeugen. Das hilft beispielsweise, vorurteilsbeladene algorithmische Entscheidungen zu vermeiden.
Wie Harris weiter erklärte, sind synthetische Daten ein entscheidendes Element beim Aufbau von Digital Twins. Denn wenn sie über einzelne Entitäten eines Digital Twins hinweg miteinander interagieren, können sie helfen, mögliche Zustände des Digital Twins zu simulieren. In einer zunehmend unsicheren Welt helfe dies zu erkennen, „welche Disruptionsrisiken es gibt“.
LLMs: Feinanpassung gefragt
Im Bereich LLMs gehe es vor allem um die Feinanpassung an spezifische Herausforderungen von Branchen und Unternehmen. Dabei, so Harris, fokussiere SAS sowohl die KI-Entwickler als auch die Konsumenten von KI-Lösungen. Erstere will SAS mit Software und Services beliefern, damit sie entsprechende Lösungen selbst bauen können. Wer LLM-basierte SAS-Lösungen für Anwender einsetzt, bekommt sie branchenspezifisch angepasst.
Dafür vertieft SAS die Zusammenarbeit mit Microsoft OpenAI. Entstehen sollen KI-Systeme, mit denen menschenähnliche Dialoge möglich sind (Conversational AI). „Microsoft OpenAI passt sehr gut zu SAS Viya. Wir wollen diese Lösungen in unser gesamtes Portfolio integrieren“, sagte Harris.
Neue Softwareservices für Entwickler
Zwei weitere neue Softwareservices für SAS Viya sollen die schnelle Erzeugung von KI-gestützter Software und die Arbeit mit KI weiter erleichtern. Der eine, Workbench, ist eine schlanke Entwicklungsumgebung, die Code schnell lädt und Cloud-nativ und sicher ausführt. Dabei wird die Software je nach Wunsch in einer der drei Sprachen Python, R oder SAS realisiert. Unterstützt werden Jupyter Notebook, Visual Studio Code und SAS Enterprise Guide.
SAS App Factory ist eine Umgebung für die schnelle Erstellung einsatzfertiger, KI-gestützter Anwendungen. Das Tool automatisiert das Setup und die Integration eines Cloud-nativen Technologie-Stacks. Er basiert auf React, TypeScript und Postgres. Beide Produkte sollen in der ersten Jahreshälfte 2024 verfügbar sein. In SAS Energy Forecasting Cloud wird die SAS App Factory bereits eingesetzt.
KI-gestützter Datenschutz
Greg Henderson, Senior Director Fraud & Security Intelligence bei SAS, wies darauf hin, dass Generative AI in Zukunft wahrscheinlich sehr wichtig bei der Betrugsbekämpfung werden wird. Er referierte über eine aktuelle, von SAS durchgeführte Befragung mit 13.500 Teilnehmern aus 16 Ländern im Alter ab 18 Jahren. Von den Befragten wurden 70 Prozent mindestens einmal digital betrogen, 40 Prozent sogar mehrmals.
Die Hälfte der Befragten geht zudem davon aus, dass die Problematik sich verschärft. Neun von zehn wollen, dass die Organisationen sie besser schützen. Zwei Drittel würden dafür sogar den Provider wechseln.
Weniger Datenschutz für mehr Sicherheit
Datenschutz und Bequemlichkeit treten demgegenüber für viele etwas in den Hintergrund: So gaben acht von zehn Befragten an, sie würden es akzeptieren, wenn sich Prozesse für mehr Sicherheit etwas verlangsamen. Sieben von zehn würden mehr persönliche Daten für bessere Sicherheit teilen und acht von zehn Biometrie nutzen. Für 57 Prozent ist Biometrie bereits die bevorzugte Sicherheitslösung. Das bedeute, so Henderson, dass sich Provider einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen könnten, wenn sie die Sicherheit durch KI-Einsatz erhöhten.
SAS intensiviert auch seine Partnerschaften. Darüber berichtete Gavin Day, Enterprise Vice President beim Büro des CEO. So wurde mit TD Synnex zum ersten Mal ein globaler Distributor und mit Carahsoft ein auf den öffentlichen Sektor der USA spezialisierter Vertriebspartner gewonnen. SAS Viya AI ist jetzt in der Snowflake Data Cloud verfügbar. SAS Viya verwendet SingleStore, eine Transaktions-Datenbank, um in SAS Health (siehe oben) das Datenmanagement zu vereinfachen. Intel integriert Analytics von SAS in Intel-Xeon-4-Hardware und -Software, um die Leistung zu steigern und die Betriebskosten zu senken.
Greifbare Ergebnisse gewünscht
Insgesamt, so Harris, stehe Generative AI heute da, wo die Google-Suche vor ein paar Jahren stand: Es gehe nun darum, wie Unternehmen die Technologie tatsächlich erfolgreich kommerziell nutzen könnten. Wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage sei die Zeit für Experimente allerdings knapp bemessen. Stattdessen, so Day, komme es auf validierbare Ergebnisse an und darauf, die richtigen Daten in die Systeme einzuspeisen.
Für die Lösung komplexer Probleme wie die Detektion von entstehenden Sprüngen im Glas über einer Solarzelle brauche man entsprechende Programmierer und müsse hier auch auf unkonventionelle Ressourcen zurückgreifen. Harris: „In den nächsten zehn Jahren werden mehr Gaming-Entwickler in die Industrie gehen als in die Spieleentwicklung.“
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