Big Data und KI im Gesundheitswesen Die Mehrheit der Deutschen ist skeptisch

Autor Julia Mutzbauer |

Der Einsatz von Daten im Gesundheitswesen verspricht großes Potenzial. Gerade die medizinische Forschung setzt darauf, Patientendaten zu nutzen, um neue Erkenntnisse zu Krankheitsentstehung und -verläufen zu gewinnen und personalisierte Therapien zu entwickeln. Doch viele Bürger sorgen sich um den Schutz ihrer Gesundheitsdaten.

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Die KI-gestützte Nutzung von Gesundheitsdaten eröffnet große Chancen für die Diagnostik – doch die Zustimmung in der Bevölkerung ist eher gering
Die KI-gestützte Nutzung von Gesundheitsdaten eröffnet große Chancen für die Diagnostik – doch die Zustimmung in der Bevölkerung ist eher gering
(© greenbutterfly – stock.adobe.com)

Die Corona-Pandemie hat das Thema Datennutzung im Gesundheitswesen weiter in den Fokus gerückt. So wurden zahlreiche Projekte wie das „Nationale Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19“ gestartet, um Daten und Erkenntnisse auszutauschen.

Immer mehr Wissenschaftler wollen KI-Systeme nutzen, um verschiedene Behandlungsmöglichkeiten auf Basis von gesundheitsbezogenen Daten zu bewerten. Viele Patienten haben aber Bedenken, wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin geht. Laut einer aktuellen YouGov-Studie im Auftrag der SBK (Siemens-Betriebskrankenkasse) steht die Mehrheit der Deutschen der Nutzung von Algorithmen im Gesundheitswesen zurückhaltend bis kritisch gegenüber.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die negative Einstellung mit dem Alter zusammenhängt. Während bei den 18- bis 24-Jährigen noch 51 Prozent der Befragten der Entwicklung hin zu mehr Künstlicher Intelligenz etwas Positives abgewinnen können, sind es bei den über 55-Jährigen nur 38 Prozent.

„Viele Patienten haben Angst, dass sich der Arzt zu sehr auf die KI verlässt“, erklärt Claudia Neumann, Leiterin Neue Versorgungsangebote bei der SBK. Die meisten Patienten seien verunsichert, weil sie nicht genau wüssten, wie KI funktioniert. Deshalb sieht Christine Ott, Fachbereichsleiterin für Datenmanagement bei der SBK, die Krankenkassen in der Pflicht, die Patienten darüber aufzuklären. „Wir stehen für das solidarische Gesundheitssystem und tragen dafür Sorge, dass alle Versicherten von den Vorzügen datengestützter Beratung und KI jederzeit profitieren können.“

Der Experte für Künstliche Intelligenz und Open-Source-Innovationen in der Medizin, Bart de Witte, sieht in der KI-gestützten Datennutzung große Chancen für eine bessere Gesundheitsversorgung. Zugleich warnt er jedoch vor der Monopolisierung von gesundheitsbezogenen Daten und KI in den Händen einiger weniger Konzerne. „Wir müssen sehr stark aufpassen, auf welchem Geschäftsmodell wir die KI aufbauen.“

Erste Bemühungen der Politik um einheitliche Regularien für den Umgang mit gesundheitsbezogenen Daten erkennt Dr. Alexandra Jorzig, Fachanwältin für Medizinrecht und Professorin für Gesundheitsrecht an der IB Hochschule Berlin: „Ich sehe, dass die Politik in Deutschland und auch auf europäischer Ebene daran arbeitet, die Bedingungen so zu gestalten, dass hier ein Datenpool entsteht, der ein Gegengewicht zu den Datenmonopolen großer Konzerne werden kann. Dieser Prozess ist bisher aber viel zu langsam. KI wird schon in naher Zukunft Bestandteil in der Diagnostik sein.“

Eine mögliche Lösung für einen Zugang, der frei von finanziellen Interessen ist, sieht Jorzig in unterschiedlichen Modellen. So könnten zum Beispiel Treuhänder von Daten eingerichtet werden. Auch Krankenkassen könnten diese Rolle übernehmen, da sie ohnehin nahe an den Patienten – ihren Versicherten – sind. Dabei sollte die Mündigkeit im Vordergrund stehen, die Patienten müssten also die Autonomie über ihre Daten haben.

Datenaustausch muss verbessert werden

Claudia Neumann moniert, dass der Austausch von medizinischen Daten zwischen den Beteiligten „nicht rund läuft“. Als Krebspatientin habe sie das selbst erlebt. „Ich muss noch immer mit Papierstapeln von Arzt zu Arzt laufen“, klagt Neumann. Deshalb wünscht sie sich, dass es einen Zugriffspunkt für alle Daten gibt. Auch Christine Ott sieht sich täglich mit Hindernissen im Datenfluss konfrontiert. Ihr Ziel ist es, Versicherte auf Basis von gesundheitsbezogenen Daten optimal zu beraten und in schwierigen Situationen zu begleiten. „Viel zu langsame Datenflüsse innerhalb des Gesundheitssystems und eine schlechte Datenqualität erschweren diese Arbeit erheblich“, so Ott.

Zwar soll die elektronische Patientenakte (ePA) den Austausch von Gesundheitsdaten erleichtern, doch die Datenschutzfrage würde die Akzeptanz bei den Versicherten behindern, schließt Ott.

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