Kommentar von Sebastian Becker, Nagarro Datasphere – ein neues Analytics Model für Datenanalysten

Von Sebastian Becker Lesedauer: 5 min |

Anbieter zum Thema

Im März 2023 veröffentlichte der Walldorfer Softwarekonzern den designierten Nachfolger der Data Warehouse Cloud (DWC): SAP Datasphere. Damit sollen Datenanalysten künftig noch einfacher dezentral verwaltete, geschäftskritische Datenbestände aufbereiten und dadurch ihrem Unternehmen wertvolle Informationen zur Verfügung stellen können.

Der Autor: Sebastian Becker ist Managing Consultant bei Nagarro
Der Autor: Sebastian Becker ist Managing Consultant bei Nagarro
(Bild: Nagarro)

Technisch ist Datasphere eng an die SAP Technology Plattform (SAP BTP) angebunden und folgt somit der von SAP vor einiger Zeit ausgegebenen „Cloud-first-Strategie“. Damit ist es auch ein Gegenmodell zu den derzeit verfügbaren „On-premises“-Lösungen SAP BW on HANA sowie SAP BW/4HANA.

Der Funktionsumfang von Datasphere ist derzeit noch eingeschränkt, wächst jedoch stetig an. Für immer mehr Unternehmen wird es somit zu einer attraktiven Option. Verstärkt wird das noch dadurch, dass SAP den Support für BW/4HANA bis spätestens 2040 einstellen möchte – und alle Kunden bis dahin auf die Cloud-basierte Lösung migrieren sollen. Ob es tatsächlich so kommt, bleibt indes abzuwarten.

Ein neues Analysemodell für Datenspezialisten

Die Objekte von SAP Datasphere
Die Objekte von SAP Datasphere
(Bild: SAP)

Zu den Herzstücken von Datasphere gehört ein neues Analysemodell, dass Unternehmen wesentlich komplexere Auswertungen als bisher ermöglicht – so zumindest der Plan des Herstellers. Dieses sogenannte „Analytic Model“ wird im Data Builder angelegt und kann dort dessen Objekte zusammenführen. SAP plant ferner, dass Datenanalysten künftig auch Objekte des Business Builders – vor allem Analytische Datensets (ADS) und Dimensionen – als Quelle für das Analysemodell verwenden können.

Sollte SAP diese Idee umsetzen, würde die bisherige Architektur, die den Business Builder oberhalb des Data Builders ansiedelt, indirekt aufgehoben – denn dann könnten die Analysten Objekte des Business Builders unmittelbar in den Data Builder überführen. Die bisherige Hierarchie bliebe in diesem Fall nur noch formal bestehen, Datenflüsse wären faktisch in beide Richtungen möglich.

Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich dieses Szenario konkret auf die Arbeit der Fachbereichsanwender auswirkt. Sollte jede Änderung, die diese im Business Builder vornehmen, eine Anpassung im entsprechenden Analysemodell erfordern, würde dies Agilität und Self-Service erheblich einschränken und zu deutlicher Mehrarbeit führen. Somit dürfen wir gespannt darauf sein, wie SAP die Idee praktisch umsetzen wird.

Funktionen des Analytic-Models

Im Kern bietet das neue Analysemodell vier neue Funktionalitäten:

  • Definition von eingeschränkten und berechneten Kennzahlen: Häufig arbeiten Datenanalysten mit berechneten Spalten als Modellierungsoption – diese sind grafisch aufbereitet sowie als SQL-View verfügbar. Im Gegensatz zu den Views im Data Builder erfolgt die Berechnung im Analytic Model aber auf Basis aggregierter Daten, nicht auf Einzelsatzebene. Dadurch besteht nun zum Beispiel die Option, relative Abweichungen auf Basis der Summen anzugeben. Die Möglichkeit, eingeschränkte Kennzahlen zu definieren, ist im Data Builder sogar gänzlich neu. Bisher bestand diese Option lediglich im Business Builder.
  • Analytische Datenvorschau: Eine Datenvorschau war zwar auch schon im Data Builder möglich, diese war jedoch auf Einzelsätze beschränkt – eine Aggregation mehrerer Datensätze war nicht vorgesehen. Die Datenvorschau im Analytic Model basiert dagegen auf dem – aus der SAC bekannten – Data Analyzer, der auch eine Vorschau für aggregierte Datensätze sowie Drilldowns bis zur Einzelsatzebene ermöglicht. Der Business Builder bot auch hier eine ähnliche Option, die Vorschau aggregierter Daten war im Vergleich zur neuen Lösung aber nur eingeschränkt möglich. Erleichtert wird die Analyse zudem durch ein deutlich verbessertes „Look and Feel“. Das Analytic Model bietet hier somit einen echten Mehrwert.
  • Joins mit Texten und Attributen, auch über mehrere Ebenen hinweg: Über sogenannte Assoziationen lassen sich Bewegungsdaten mit Stammdatenobjekten verknüpfen – etwa Umsätze zu Produktkategorien – und für diese Attribute und Texte zur Analyse bereitstellen. Im Kern war das schon bisher in SAP BW sowie im Data und Business Builder möglich. Neu ist jedoch, dass nun auch Assoziationen für Felder einer assoziierten Dimension als Attribute verfügbar sind. Dies ist sogar über mehrere Stufen möglich. Bisher beschränkte es sich auf maximal zwei Stufen in SAP BW. Produkte könnten so beispielsweise künftig nicht nur mit der zugehörigen Kategorie, sondern gleichzeitig noch mit dem jeweilig Verantwortlichen und so weiter verbunden werden. Texte und Attribute lassen sich zudem zeitabhängig mit entsprechenden Gültigkeitsintervallen anlegen.
  • Data Prunning assoziierter Dimensionen: Auch diese Option ist aus dem Business Builder bereits bekannt, war aber für den Data Builder bisher nicht verfügbar. Unabhängig davon, welche Dimensionen über wie viele Stufe hinweg im Datenmodell assoziiert sind, liest Datasphere nur diejenigen Tabellen aus und verknüpft sie zu den im Vorfeld zugeordneten Bewegungsdaten, die für die jeweilige Abfrage erforderlich sind. Damit möchte SAP vermeiden, dass die häufig vorliegende große Anzahl assoziierter Dimensionen im Data Builder zu Perfomance-Problemen führt – was in der Vergangenheit insbesondere bei größeren Datenmengen oft der Fall war. Durch das Laden aller Dimensionen, auch, wenn diese für die spezifische Abfrage nicht nötig war, wurde bisher dabei in großem Umfang Rechenkapazitäten gebunden, was nun vermieden wird. Über den in Datasphere integrierten Data Integration Monitor lässt sich die Performance zudem jederzeit überwachen.

Eine kurze Bestandaufnahme des Status quo

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass das mit Datasphere eingeführte Analysemodell einige erweiterte oder sogar neue Funktionen für den Data Builder bereitstellt. Bisher sind diese Vorteile im Vergleich zum Business Builder allerdings noch sehr begrenzt, und das Fehlen bestimmter Funktion wie etwa

  • die Möglichkeit, mehrere Quellen für Bewegungsdaten einzubinden,
  • das Analysemodell als Quelle für weitere Analytic Models zu verwenden sowie
  • dass Analytics Model mit anderen Spaces zu teilen

als elementare Nachteile anzusehen. Dessen ist sich SAP aber sehr bewusst und arbeitet daher derzeit intensiv daran, den Funktionsumfang sukzessive auszubauen. Spätestens, wenn dann das Analytic Model alle Funktionen der Business-Layer-Objekte abbildet, wird es das zentrale Tool für Reportings sein. Um Migrationsaufwände so gering wie möglich zu halten, sollten Unternehmen daher bereits jetzt überlegen, neue Datenmodelle mittels des Analytic Models umzusetzen.

Die Zukunft des Business Builders

Während der Business Builder bisher vor allem Anwendern aus den Fachbereichen ansprach, lag die Zuständigkeit für den Data Builder üblicherweise bei der unternehmenseigenen IT. Hier stellt sich aber die eingangs schon angedeuteter Frage, welche Vorteile diese Trennung der Nutzenden bringt, wenn die IT-Abteilung Anpassungen auf Businessebene künftig jedes Mal erneut ins Analytic Model übernehmen muss. Ein Aufbrechen der bisherigen Hierarchie ist daher praktisch kaum mit einer strikten Trennung der Zuständigkeiten vereinbar.

Eher vorstellbar ist somit ein separater Space für Fachanwender auf Ebene des Data-Builders, in dem diese zum Beispiel ihre fachspezifische Semantik hinterlegen können. Die Unternehmens-IT würde dabei diese Spaces vorbereiten und mit den Fachanwendern teilen. Das Ende des Business Builders scheint somit in absehbare Nähe zu rücken.

Artikelfiles und Artikellinks

(ID:49545024)

Jetzt Newsletter abonnieren

Täglich die wichtigsten Infos zu Big Data, Analytics & AI

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung